Eine getanzte englisch-französische Kulturbegegnung

Die Gala de l’Entente Cordiale im Palais Garnier

Paris, 08/10/2004

Eine Gala wie die, die am 29. September im Palais Garnier zur Feier des hundertjährigen Jubiläums der Entente Cordiale zwischen England und Frankreich stattfand, hat selbst die prächtige alte Oper von Paris schon länger nicht mehr gesehen. Die Ausnahmestimmung verbreitete sich bis auf die Straße hinaus, wo Massen von Neugierigen hinter Polizeibarrieren auf die Ankunft der berühmten Gäste warteten, unter ihnen Bernadette Chirac und Prinz Charles von England. Auch innen unterschied sich die Atmosphäre deutlich von der anderer Abende: man sah ausgefallene Kleider und Schmuckstücke, riesige Blumenarrangements dekorierten die Treppe, auf der sich die Garde Républicaine in Uniform und mit Säbel postiert hatte. Zu Beginn wurden die Nationalhymnen beider Länder angestimmt.

Auf dem Programm standen einige kurze Stücke oder Ausschnitte von Balletten von Sir Frederick Ashton, gerahmt von den zwei längeren Balletten „Etudes“ von Harald Lander und „Marguérite et Armand“ von Ashton. Um die englisch-französische Kooperation auch tänzerisch zu verwirklichen, waren die ersten Solisten des Royal Ballet in London gekommen, um zusammen mit den Pariser Etoiles zu tanzen. Der Abend wurde mit Harald Landers „Etudes“ eröffnet, das zur Zeit fast jeden Abend als Teil eines Ballettabends im Palais Garnier getanzt wird. Die Galabesetzung bestand aus Agnès Letestu, José Martinez und Mathieu Ganio, zwei bereits etablierten und einem neuen, jungen Danseur étoile, der kurzfristig für den verletzten Jean-Guillaume Bart einspringen musste. Letestu und Martinez begeisterten sowohl durch ihre brillante Technik als auch durch ihre Ausstrahlung. Mathieu Ganio bewies, wenn er auch noch nicht die unfehlbare Technik und Sicherheit eines Martinez vorweisen konnte, von neuem sein außergewöhnliches Talent.

Nach der Pause ging es mit kurzen Stücken von Ashton weiter, die als „Divertissements“ betitelt waren. Dieser Teil wurde von zwei Publikumslieblingen des Royal Ballet eröffnet, Alina Cojocaru, die bereits im Februar als Giselle auf der Bühne des Palais Garnier stand, und Johann Kobborg - sie erfreuten mit einem sehr reizvollen und lebendigen Pas de Deux aus Ashtons „The Dream“. Es folgte ein Ausschnitt aus „Thais“ mit Leanne Benjamin und einem strahlenden Manuel Legris sowie „Monotones II“ mit Marie-Agnès Gillot, Federico Bonelli und Edward Watson. Tamara Rojo gab eine herausragende Vorstellung in „Five Brahms waltzes in the manner of Isadora Duncan“ und wirbelte mit roter Perücke, Tuch und Blütenblättern über die Bühne. Danach begegneten sich Aurélie Dupont und Jonathan Cope in einem Ausschnitt aus „Cinderella“ so leicht und harmonisch, als seien sie bereits langjährige Partner. Den Abschluss dieses Teils bildeten drei weitere kürzere Pas de Deux , „The two pigeons“ mit Roberta Marquez und Ivan Putrov, ein als „Awakening Pas de Deux“ betitelter Ausschnitt aus „Dornröschen“ mit Darcey Bussell und Laurent Hilaire und „Voices of spring“ mit Mara Galeazzi und Carlos Acosta. Als letztes Stück des Abends wurde schließlich Ashtons „Marguérite et Armand“ aufgeführt, das Ashton 1963 für Margot Fonteyn und Rudolf Nurejew choreografiert hatte . Die Erben ihrer Rollen waren nun Sylvie Guillem und Nicolas Le Riche. Wenn es dem Stück auch – vor allem im Vergleich mit John Neumeiers „Kameliendame“ – an manchen Stellen an psychologischer Tiefe mangelt, so war es doch der Höhepunkt des Abends, was vor allem dem rührenden und authentischen Paar Guillem – Le Riche zu verdanken war. Insgesamt also ein sehr amüsanter Abend, den die, die zugegen waren, bestimmt nicht so schnell vergessen werden – wenn auch nicht nur wegen des Tanzes.

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