4 x Spoerli mit den „Zürich Juniors“

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Ludwigsburg, 23/01/2004

Die zweite Vorstellung der „Zürich Juniors“ im Ludwigsburger Forum am Schlosspark vor sehr gut besuchtem Haus – die Publikumszustimmung freundlich, ohne doch die Hitzegrade zu erreichen, deren die Ludwigsburger durchaus fähig sind. Auf dem Programm viermal Spoerli – durchaus kontrastreich, aber wie wär's denn, wenn er für die Junioren zur Abwechslung auch mal einen Jungchoreografen einladen würde? Es fehlt mir ein Ballett, das ganz auf den jugendlichen Überschwang der Fünfzehn von der Limmat abgestellt wäre – sagen wir etwas à la Bernsteins „West Side Story“.

Relativ neuen Datums und speziell für die Kompanie choreografiert sind „L‘Estro armonico“ (Vivaldi) und „La Milonga“ (Sexteto Mayor – klingt sehr nach Astor Piazzolla) – aus dem Repertoire der großen Kompanie übernommen sind „Patently Unclear“ (Philip Glass, Basel 1988) und „Approaching Clouds“ (Schnittke, Zürich 2000). Der Vivaldi am Beginn mutet in der unmittelbaren Nachbarschaft zu Balanchines hundertstem Geburtstag wie eine Huldigung an den großen russisch-amerikanischen Maestro an („Allegro swizzera“) – mit zwei sehr frisch und linienklar von vier Paaren getanzten Rahmensätzen und einem herzlich langweiligen Pas de deux als Mittelsatz.

Danach folgen die „Approaching Clouds“ – modern verquälte Beziehungskisten, nicht unbedingt das, was man sich von so jungen Tänzern wünscht. Nach der Pause geht's dann mit einem argentinischen Tango-Verschnitt weiter, der sich aus wallenden Nebelschwaden kristallisiert, Paartänze, erotisch aufgeladen, mit den typischen Stop-and-Go-Motionen nebst den so schön sinnlich wirkenden Schleifschritten. Das macht ausgesprochen Spaß, den Tänzern und auch dem Publikum (und kann sich durchaus neben van Manens „Fünf Tangos“ behaupten), so dass ich schon der Meinung war, dass das eigentlich ein ideales Schlussballett sei, das als Finale kaum noch zu übertreffen sei.

Wurde es dann aber doch noch durch das ausgesprochen kesse Oldie von 1988: „Patently Unclear“, dessen Titel mir so unklar blieb wie angekündigt – von Spoerli wie ein Sport-Match hingebrettert, mit lauter Überraschungs-Coups und zwei formidabel gehechteten Horizontal-Sprüngen seitwärts in die Kulisse (quasi als Antwort auf Nijinskys legendären Fenstersprung in „Geist der Rose“). Auffallend die zahlreichen Diagonal-Formationen in den wechselnden Lichtschneisen. Das Ganze ein getanztes Kaleidoskop in jenem beschleunigten Zeitraffer-Tempo, das so ideal dem emsigen Glass'schen Melodiegewusel entspricht. Ein Perpetuum-Mobile-Ballett als idealer Rausschmeißer.

Übrigens noch eine Nachbemerkung zu Krefeld: aus Wien – und von wem anderen als unserer Autorität in allen historischen Ballett-Fragen alias Alfred Oberzaucher – werde ich darauf aufmerksam gemacht, dass es doch nicht schon ein halbes Jahrhundert sondern erst dreißig Jahre her ist, dass wir dort zuletzt hingefahren sind, als Gise Furtwängler in den frühen siebziger Jahren Ballettchefin war.

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