Irina Pauls' „Mozart für Beine, Arme und andere Körperteile"

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Heidelberg, 23/10/2003

Mozart-Ballette sind ihrer vermeintlichen Leichtigkeit zum Trotz verdammt schwierig! Das Mozart-Jahr 1991 hat uns eine ganze Schwemme gebracht und viele Choreografen haben sich damals bemüßigt gefühlt, das „Requiem“ zu vertanzen. Doch wie viele haben sich daran verhoben? Erinnert sich heute noch jemand an Bienerts Zyklus der Mozart-Klavierkonzerte, der schon befürchten ließ, dass er alle 27 auf die Bühne wuchten würde? Es sind wenige, die im Gedächtnis haften geblieben sind! Balanchines „Divertimento Nr. 15“ sicher, Neumeiers „Fenster zu Mozart“ (alias „Wie es euch gefällt“), unbedingt auch Kyliáns „Petite mort“, vielleicht ja auch noch Béjarts „Variations ‚Don Giovanni‘“ und Teile aus Spoerlis „Eine lichte, helle, schöne Ferne“ – aber schon Crankos „Konzert für Flöte und Harfe“ würde ich nicht dazu rechnen – es ist mir zu preziös und verspielt.

Und Irina Pauls‘ „Mozart für Beine, Arme und andere Körperteile“, das jetzt in Heidelberg Premiere hatte? Eine hübsche Petitesse, würde ich sagen. Die sechste Vorstellung und ein gut besuchtes Haus. Was mich besonders freute: dass so viele Leute so herrliche Musik zu hören bekamen – deren sich der Heidelberger Chef Thomas Kalb sogar persönlich angenommen hatte, inklusive seines Philharmonischen Orchesters und der Sopranistin Maraile Lichdi, die nicht weniger als drei große Konzertarien zu singen hatte (und dabei auch noch von den Tänzern als sozusagen singendes Objekt auf der Bühne herumtransportiert wurde).

Und so ging es rund anderthalb Stunden lang durch eine Auswahl von Kammermusik, Serenaden, Sinfonien und eben Arien (live und vom Band) quer durch Mozarts Oeuvre – eine Art tänzerisches Quodlibet (Riemann: „Die Verbindung vorgegebener vollständiger oder fragmentarischer Melodien und Texte in einer meist humoristisch gemeinten Komposition oder improvisatorischen Darbietung“) für vier plus vier Tänzerinnen und Tänzer, barfuß, in einem gesofteten Modern-Dance-Stil, mal verliebt, mal todtraurig, einander umwerbend und abweisend, hübsch abwechslungsreich, nie die Musik verletzend, mal beschwipst und zum Schluss, sehr zur Gaudi des Publikums, schuhplattelnd in Lederhosen zu „Reich mir die Hand mein Leben“ – na ja! Sicher nichts Großes, doch ein Tanzabend, der unweigerlich gute Laune stiftet – und von dem Heidelberger Tänzer-Oktett so animierend ausgeführt, dass man am liebsten mitgemacht hätte.

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