5. „Cinderella“, „Manon“ und Historische Ballette

Mariinsky-Festival 2003

München, 26/07/2003

Einziger russischer Beitrag zum modernen Tanz blieb also am 22. Februar die Wiederholung (vgl. Kritik vom 09.03.2002) der „Cinderella“ des St. Petersburger Choreografen Alexej Ratmansky, der mittlerweile der neue Direktor des Moskauer Bolschoi ist. Am 28. Februar wurde auch „Manon“ von Kenneth MacMillan wiederholt (vgl. Kritiken vom 13. und 17.03.2002). In der offenbar kurzfristig reaktivierten Inszenierung mit Swetlana Sacharowa in der Titelrolle konnte man sehen, dass eine Schwalbe allein keinen Frühling macht, zumal Vladimir Malakhov als ihr geplanter Partner ausblieb.

Am 24.02.2003 traten in der „Giselle“ von Coralli/Perrot/Petipa als Gäste vom Londoner Royal Ballet die junge Alina Cojocaru und Johan Kobborg auf, die das Publikum als eines der schönsten Paare des Festivals liebte. Cojocaru, sehr früh berühmt, kehrte ihre Technik nie zum Publikum heraus, zeigte sich aber so virtuos wie Vishneva oder Sacharowa. Kobborg zeigte sich eindrucksvoll als Vertreter der starken dänischen Schule (vgl. Kritik am Aufführungstag).

An seinen Auftritt knüpfte sich zwei Tage später eine große Überraschung: Als unter dem Titel „Themes and Variations from the Classical Repertory“ der Pas de deux aus dem „Blumenfest in Genzano“ von August Bournonville gezeigt wurde, glaubte man erst, den vorzeitig zur Abschluss-Gala zurückgekehrten Principal Dancers aus London zu sehen. Doch allmählich wurde klar, dass da kein Stargast, sondern ein junger Russe tanzte, der die Bournonville-Technik souverän beherrschte und sie als Partner der spielfreudigen Jewgenia Obraszowa so überaus präzise und charmant darbot, dass er in diesem achtteiligen Programm zum ersten Mal das für das Mariinsky-Theater charakteristische Synchron-Klatschen auslöste.

Für mich wie viele andere war das die Entdeckung von Leonid Sarafanow. Er ist seitdem auf vielen Galas und Tourneen als außerordentlicher Tänzer gefragt. –Bis auf Fanny Elsslers „Cachucha“, getanzt von Julia Machalina, glänzte in dieser Ausstellung von Perlen historischer Ballette aus dem 19. Jahrhundert jedes einzelne und verriet, was für einen reichen Bestand das Schatzkästlein des Mariinsky-Theaters zu bieten hat und wie lebendig man es nach wie vor tanzen kann. Am Ende geriet der Grand Pas aus „Paquita“ im strahlenden Bühnen- und Kostümglanz zum Triumph, als an der Spitze aller russischen Tänzerinnen, unter ihnen in der 2. Variation Daria Pawlenko als klar vorausdenkende Adagio-Tänzerin, das große Paar Agnes Letestu und Jean-Guillaume Bart, Étoiles der Pariser Oper, den französischen Charme präsentierten.

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