Luka-Teater Mandiri

Spagat zwischen Tradition und Moderne

Hamburg, 22/08/2002

Das aus Indonesien stammende Teater Mandiri eröffnete am 22.August mit seiner Produktion „Luka“ das diesjährige „Laokoon-Festival“ auf Kampnagel/Hamburg. „Unabhängig, selbstgenügsam, fähig auf eigenen Beinen zu stehen, von anderen nicht abhängig und gleichzeitig in der Lage zu sein, im Team zu arbeiten“ lautet die Übersetzung von Mandiri.

Ein großes Ziel, das der Gründer der Truppe, Putu Wijaka, seit dem Jahre 1971 verfolgt, begleitet von seinen Darstellern die allesamt unbequeme Lebensläufe haben. Welche Theaterkompanie kann schon von sich behaupten Arbeiter, Studenten, Angestellte, ehemalige Diebe, Behinderte, Analphabeten und indonesische Filmstars zu ihren Mitgliedern zu zählen? „Luka“ handelt von einer Familie die, entgegen den gesetzlichen Normen, ihren Großvater in einem viel zu großen Sarg beerdigen will. Es entspinnt sich ein groteske Geschichte, welche die Absurdität der Bürokratie in eindringlichen Bildern beschreibt und offen legt.

Teater Mandiri nutzen traditionelle Theaterformen wie z.B. die des Schattentheaters und des javanischen Maskentheaters. So ist das überdimensionale Leintuch, das in der Mitte der Bühne gespannt ist, ein nicht wirklich erstaunliches Bühnenbild. Schnell ist klar, dass die traditionelle Form zwar perfekt beherrscht wird, jedoch keinesfalls zum Selbstzweck verkommt. Man ruht sich nicht auf ihr aus. Perfekte Schattenspiele werden dargeboten, jedoch brechen die Akteure immer wieder aus, tummeln sich lautstark vor dem Tuch und entfliehen der scheinbar vorhandenen Schablone.

Eine sich entkleidende Schattentänzerin wird von einem riesigen Ungeheuer gefressen und, es entstehen unglaublich erotische Stimmungen, die nicht nur durch das rote Farbenspiel erzeugt werden. Sie bleibt eine Schattenfigur und ist doch gleichzeitig so nah, so reell? Fressen und gefressen werden – schließlich geht es um das Durchsetzen von Bedürfnissen und das nicht akzeptieren wollen einer vermeintlichen Logik! Die gelebte Realität der Akteure scheint sich mit dem Bühnengeschehen zu verbinden. Beeindruckend auch die unbekümmerte, starke Präsenz aller Darsteller, nicht um jeden Preis gefallen zu wollen, sondern laut und oft auch hässlich zu agieren innerhalb dieses visuellen Gesamtwerkes, das mehr und mehr das Gefühl einer Ausstellung vermittelt, in der die Bilder urplötzlich mobil werden, sich auf das Publikum zu bewegen, sich Farben und Formen spontan verändern und der Zuschauer Teil der Geschichte wird.

Untermalt wurden diese Stimmungen von meist sehr lauten und eindringlichen zeitgenössischen Klangcollagen, die sicher die Geduld manches Zuschauers auf die Probe stellten, sich jedoch hervorragend in ein oft bedrohliches und auch trotziges Gesamtbild fügten. Das erklärte Ziel des Teater Mandiri, eines mentalen Terrors, erfüllte sich jedoch nicht völlig, Steigerungen wären durchaus noch möglich gewesen, aber auch die ruhigeren und poetischeren Momente hätten einen Ausbau verdient. In jedem Falle aber eine sehr eigene Welt, die auf die weiteren Vorstellungen des „Laokoon-Festivals“ machten.

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