Jörg Bofinger in Berlin gestorben

oe
Stuttgart, 10/05/2002

Er war sicher eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Stuttgarter Theater- und besonders der Ballettszene: Jörg Bofinger, Rechtsanwalt und Justitiar des Bühnenvereins Baden-Württemberg, bis Anfang der neunziger Jahre in Stuttgart und Paris tätig und seither in Berlin. Von dort erreicht uns jetzt die Nachricht, dass er, neunundfünfzigjährig, seinem Leben ein Ende gesetzt hat. Seit seiner Freundschaft mit Hans Werner Henze während dessen Stuttgarter Jahre – das war die Zeit der Stuttgarter Operndirektion von Wolfram Schwinger, als sich Stuttgart anschickte, für Henze die Opernstadt zu werden, die Dresden einmal für Richard Strauss war – ließ er kaum eine hiesige Premiere aus und engagierte sich insbesondere für das Ballett und seine Künstler.

Im Zeichen der Wende ging er dann nach Berlin, wo er in eine Anwaltskanzlei eintrat und große internationale Verträge über die Erdölförderung in Asien und deren Pipelines nach Westeuropa aushandelte. Vom Theater und vom Ballett mochte er indessen auch in Berlin nicht lassen und erwarb sich so das Vertrauen zahlreicher Ballettleute. Unter dem Niedergang des Berliner Ballettlebens hat er ganz persönlich gelitten, und als wir einander zuletzt begegneten, hatte er jede Hoffnung auf eine Besserung der chaotischen Berliner Situation aufgegeben.

Nachdem auch seine beruflichen Hoffnungen in Nichts zerronnen waren und seine juristischen Aktivitäten ihn an den Rand des Existenzminimums geführt hatten, scheint er keinen anderen Ausweg mehr gesehen zu haben. Marguerite Donlon, die ihn aus ihrer Berliner Zeit kannte, hat ihm ihr heute Abend in Stuttgart zur Uraufführung anstehendes Ballett „Somewhere Between Remembering and Forgetting“ gewidmet.

Kommentare

Noch keine Beiträge