Frankfurter Fall Forsythe - Fortsetzung II

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Stuttgart, 10/06/2002

Tickt da eine Zeitbombe? Aus München macht mich Karl-Peter Fürst auf den auch im Tanznetz veröffentlichten Artikel „William Forsythe: Ich nehme das nicht persönlich“ aus der Welt vom 7. Juni aufmerksam. Den hatte ich zwar auch gelesen – ohne indessen zu realisieren, welch eine Zeitbombe da offenbar tickt. Da hatte nämlich Manuel Brug gefragt: „Gibt es bei 6,5 Millionen Euro Zuschuss und einer Million Euro Einnahmen bei einer Company von 32 Tänzern überhaupt Einsparpotenzial?“ Darauf hatte Forsythe geantwortet: „Das weiß ich selbst noch nicht. Zumal wir weniger aus Gastspielen einnehmen, weil wir unsere Präsenz in Frankfurt gesteigert haben.“

Dazu bemerkt Fürst: „Das ist der gleiche Etat wie der von unserem Bayerischen Staatsballett.“ Anschließend wundert er sich: „Mir kommt das gewaltig viel vor bei nur der Hälfte der Tänzer. Zumal Forsythe bei seinen Produktionen ja nicht einmal so hohe Ausgaben für Bühnenbild, Kostüme etc. hat wie die Münchner mit ihren vielfältigen Produktionen, für die ja auch noch hohe Choreografen-Gagen anfallen. Was in aller Welt wird denn da in Frankfurt alles bezahlt?“ Ja was, in der Tat?

Ich habe in der Dokumentation der Spielzeit im Jahrbuch 2001 von „Europe´s Leading Dance Magazine“ nachgeschlagen. Demnach zählte das Ballett Frankfurt in der Spielzeit 2000/01 20 Tänzerinnen und 18 Tänzer, die in 36 Vorstellungen in Frankfurt und 35 auf Tourneen auftraten. Das Bayerische Staatsballett nennt für den gleichen Zeitraum: 13 Solistinnen plus 12 Solisten (dazu 4 Gäste), weiter 25 plus 14 Corps-de-ballet-Tänzerinnen und -Tänzer, 2 Volontärinnen und 3 Charaktertänzer. Im Nationaltheater trat die Kompanie 58mal auf sowie dreimal im Prinzregententheater, dazu kamen vier Vorstellungen in der Off-Szene, 3 Tage der Offenen Tür und zehn auf Gastspielen.

Das sind Zahlen, die nach der Spielzeit 2001/02 sicher zu korrigieren sein werden. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich da eine wesentliche Veränderung der Proportionen sowohl in der Personal- wie in der Vorstellungszahl ergibt. Dabei wäre zusätzlich interessant zu erfahren, von wie vielen Besuchern diese Vorstellungen in Frankfurt/München und auf den Tourneen gesehen wurden (und man könnte weiter fragen, wie viele davon ihre Karten bezahlt haben und wie viele auf Freikarten ins Theater kamen).
Und dann wüsste ich auch noch gern, wie die entsprechenden Zahlen, inklusive der Budgets, bei den vergleichbaren Kompanien in Hamburg, Düsseldorf, Stuttgart, Berlin, Dresden und Leipzig lauten. Wie wär‘s denn, wenn unsere Ballettchefs sich einmal ganz konkret dazu äußern würden? Das Tanznetz würde ihnen sicher gern als Diskussionsforum zur Verfügung stehen!

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