Finale des 6. Internationalen Solo-Tanz-Theater Festivals

oe
Stuttgart, 17/03/2002

Ein voller, die Darbietungen mit engagierter Aufmerksamkeit verfolgender Bosch-Saal im Rotebühltreff am Schlussabend des Solo-Tanz-Theater Wettbewerbs. Sieben Arbeiten kamen in die Endausscheidung, bewarben sich um sieben Preise – ausnahmslos alle vom Publikum mit freundlichem Applaus bedacht. Alle stammten von Choreografinnen, die in den meisten Fällen auch die Interpretinnen ihrer eigenen Stücke waren. Auch das mit dem ersten Choreografie-Preis ausgezeichnete „Jól“ stammte von einer Frau, der Isländerin Lára Stefánsdottir – war aber für einen Tänzer bestimmt, ihren isländischen Landsmann Jóhan Freyr Björgvinsson.

Die Männer sind – wohl nicht nur auf diesem tänzerischen Sektor – also auf dem Rückzug begriffen (übrigens ja auch was die Tanzkritik betrifft – siehe die Situation in Hamburg, Berlin, Stuttgart, München – und vielleicht am ausgeprägtesten in Wien). Die Jury hatte sich um eine möglichst gerechte Verteilung der Preise bemüht, begründete auch ihre Entscheidungen, die nicht leichtgefallen sein dürften – unter den sieben Stücken war auch meiner Meinung nach keins, das nicht dem Qualitätsanspruch dieses Finales entsprochen hätte. Umso mehr fällt auf, dass eine einzige Arbeit leer ausging – also weder einen Preis für Choreographie noch einen für die tänzerische Ausführung erhielt.

Dafür heimste der Tanz „Bizita“ der aus dem Baskenland stammenden Iratxe Ansa Santesteban gleich zwei Preise ein: den ersten Preis in der Kategorie Tanz und den Publikumspreis. Meine Favoritin war eindeutig die aus Halle stammende Annett Göhre (heute in München engagiert) mit ihrem „Duett“ für sie selbst und ein unsichtbares Gegenüber – das einen bemerkenswert weiten Emotionsradius, auch ein paar belustigende Clowns-Episoden aufwies, während es sonst eher stockernst und furchtbar tragisch zuging (rätselhaft sowieso).

Bemerkenswert fand ich übrigens das ausnahmslos hohe technische Niveau aller beteiligten Tänzerinnen und die reiche, bisweilen ausgesprochen skurrile Bewegungsfantasie der Choreografinnen, die hier in einem einzigen Tanz so viel Substanz boten, die viele ihrer Kollegen über ein ganzes Ballett verteilen.

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