Compagnie Philippe Saire

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Ludwigsburg, 17/06/2001

Im Rahmen der Ludwigsburger Schlossfestspiele gastierte die in Lausanne ansässige Compagnie Philippe Saire mit dem Stück „La haine de la musique“ in der Reithalle der Karlskaserne (das ist der Ort, der den avantgardistischen Produktionen vorbehalten ist – die repräsentativen Veranstaltungen finden im Theater im Forum beziehungsweise im Schlosstheater statt). Der deutsche Titel des 65-Minuten-Stücks lautet: „Hass auf die Musik“. Er wurde inspiriert durch die fortwährende Bombardierung mit Musik und Geräuschen, die der Schweizer Choreograf bei einem Aufenthalt in Brasilien mehr erlitt als erlebte.

Es ist ein interessantes Thema, beginnt mit zwei Karaoke-Performances eines Mannes und dann einer Frau und wechselt ständig zwischen ohrenbetäubender Musik und Geräuschen und absoluter Stille, auch ein Gitarrist ist live dabei, spielt zu vorfabrizierten Tonbändern. Faszinierend ist, wie die Tänzer selbst zu Musik werden – zu Musik, die aus dem eigenen Körper kommt: auf den Herzschlag hören, Atmen, Trommeln und Stampfen der Füße, rhythmisches Klatschen auf den nackten Bauch, Schreie... Das steigert sich enorm, wechselt aber immer wieder mit dem Rückfall in absolute Lautlosigkeit ab.

Choreografisch bedient sich Saire aller Bewegungsmöglichkeiten, die einem heute so zur Verfügung stehen, in einem abenteuerlichen Mix, mit tollkühnen Bodenbewegungen, atemberaubenden Sprüngen, gewagten Fangaktionen – abgewickelt in einem rasanten Tempo, dabei oft von mehreren Tänzern in perfekter Synchronität ausgeführt, mit Timings, bei denen es auf Bruchteile einer Sekunde ankommt, so dass Unfälle eigentlich vorprogrammiert sind, die sich aber nicht ereignen. Das ist auch nicht eine Minute langweilig, geht mir allerdings durch die dröhnende Laustärke arg auf die Nerven. Für die fünf plus fünf individuell höchst unterschiedlichen Tänzer, ihre Virtuosität, Intelligenz und Risikobereitschaft habe ich nichts als Bewunderung. Eine wahrlich aufregende Erstbegegnung!

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