Ballett extra

Veranstaltungsreihe im Probenhaus des Bayerischen Staatsballetts

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München, 11/10/2001

Debüt der neuen „Ballett extra“-Veranstaltungsreihe im Probenhaus des Bayerischen Staatsballetts, in der allerlei Ballettprominenz zu Worte kommen soll: Tänzer, Choreografen, Pädagogen, Choreologen – auch Kritiker, darunter an diesem Abend der Autor dieses Journals, befragt von Wolfgang Oberender über sein Leben, seine künstlerischen Erfahrungen, seine Urteilskriterien etcetera.

Es ging recht lebhaft zu, meine ich – aber mit der Beantwortung der Frage nach meinen künstlerischen „Kriterien“ und Maßstäben hatte und habe ich meine Schwierigkeiten. Über eine Liste der Pro und Contra, nach denen ich ein Ereignis abhaken kann, verfüge ich nicht. Und wie kommt dann so ein Urteil zustande? Sicher auf Grund der Jahre-, ja jahrzehntelangen Erfahrungen – wobei direkte Vergleiche kaum eine Rolle spielen (was hätte es auch für einen Sinn, einen Forsythe mit einem Kylián zu vergleichen, eine Haydée mit einer Illmann?). Sicher auch auf Grund der persönlichen Vorlieben und Abneigungen (die ja existieren, das ist nicht zu bestreiten).

Immer spielt auch eine Rolle, natürlich, die Relevanz der Aussage eines Werkes und seiner Übermittlung, sein Stellenwert im Rahmen des Gesamtprogramms und ob es gelungen ist, sie dem Publikum verständlich zu machen. Ganz wesentlich erscheint mir aber auch die Frage, für welch eine Leserschaft ich schreibe – und da ergeben sich ganz unterschiedliche Ansatzpunkte und Perspektiven. Ich gestehe, dass mich das gelegentlich in die größte Verlegenheit bringt – wenn ich sehe, wie beispielsweise das Stuttgarter Publikum auf eine Darbietung reagiert, ich mir aber vorstellen kann, dass die Reaktion meiner englischen oder amerikanischen Leser eine ganz andere wäre.

Das ist vielleicht meine größte Schwierigkeit überhaupt, dass ich mir immer bewusst bin, dass eine der meinen diametral entgegengesetzte Meinung durchaus möglich und auch begründbar ist. Aber dieses Meinungsspektrum kann mir persönlich gar nicht breit genug sein – weswegen ich denn auch weit davon entfernt bin, einen Alleinvertretungsanspruch zu erheben (und mir die Kollegen zutiefst suspekt sind, die mit fundamentalistischem Eifer darauf bestehen, die Wahrheit für sich gepachtet zu haben).

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