Joachim Schlömer mit „The Day I go to the Body“

oe
Essen, 31/08/2002

Spielzeitschluss also mit Joachim Schlömers „The Day I Go to the Body“ – was natürlich viel zeitgeistiger klingt als „Der Tag, an dem ich zum Körper ging“ – frisch importiert von den Salzburger Festspielen. Hier nun also zur Eröffnung der Saison beim PACT Zollverein in Essen.

Der Eindruck ist gemischt, sehr gemischt! 85 Minuten nonstop: der übliche Sound-Mix mit viel lautstarkem Gewummer und Rückkopplungs-Geräuschen und ab und zu ein paar Musikfloskeln aus den Lautsprechern, der übliche Text-Mix, deutsch-englisch (immerhin auch deutsch!) aus Wittgenstein, Michaux, Levis etc. – neun Darsteller, darunter zwei Schauspieler und drei Frauen. Der Raum von Jens Kilian: ein riesiges Rondell, darüber zwei bewegbare Scheinwerferschüsseln wie in einem Operationssaal, die Darsteller alle in strahlendem weiß: das addiert sich zu einem Klinikum in drei Teilen als Versuchsanordnungen über den Schmerz bis an die Grenze des Todes und darüber hinaus.

Schlömer geht hier also seinen Allround-Performern nicht nur an die Wäsche, sondern darunter an den, ja in den Körper. Viel schmerzverzerrtes Grimassieren und Agieren – relativ wenig Tanz, obgleich das Ganze noch unter der Kennmarke Tanztheater firmiert. Und das ist schade. Ein viertelstündiges hochvirtuoses Solo für einen Tänzer im Kampf mit seinem Körper macht klar, was wir für einen tollen Choreografen verlieren, wenn sich Schlömer weiter in seiner überintellektualisierten Gosse als Crossover-Mann verrennt. Ich bekenne totale Nichtbetroffenheit (und viele Blicke auf die Uhr) und meine, dass die Produktion über ein vortheatralisches Experimentierstadium nicht hinausgelangt.

Laboratorium ja – Theater nein! P.S. Über Mittag noch eine Stippvisite bei der Düsseldorfer Tanzmesse (warum öffnet die erst um 12 Uhr? Da ist ja der halbe Tag bereits gelaufen?). Großes Erstaunen darüber, wie viele Aussteller sie bereits angelockt hat – wem man hier alles begegnet (aber auch wen man unter den Ausstellern vermisst – die großen deutschen, österreichischen und Schweizer Kompanien beispielsweise). Wenn man an andere künstlerisch ambitionierte Messen denkt, kommt man sich bei den vielen Mini-Ausstellungsständen freilich eher wie in einem orientalischen Basar vor.

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