Joachim Schlömer inszeniert „Fit for Life“

oe
Köln, 11/04/2002

Eine Produktion der Kölner Bühnen in der Halle Kalk präsentiert Joachim Schlömer mit elf Tänzerschauspielern: „Fit for Life“, eine pausenlose, anderthalbstündige Bilder- und Szenenfolge über den globalen Körperkult, Gesundheits- und Leistungswahn. In der theatralisch zwangsverpflichteten ehemaligen Industriehalle hat Jens Kilian ein riesiges Trampolinquadrat platziert, auf dem die elf Darsteller im Lotussitz meditieren und unisono ihre Schreie ausstoßen: Sechs, Sieben, Acht! Wenn der Trampolindeckel in die Vertikale gekippt wird, gibt er den Blick auf eine Wanne frei, in der die Darsteller reihenweise von einem Rand zum anderen rennen – wie denn überhaupt in diesem Stück permanent gejoggt und gerannt wird – einzeln und im Kollektiv, im furios gesteigerten Accelerando. Dazu werden Texte gebetsmühlenmäßig psalmodiert, Selbstbezichtigungen vor laufender Kamera abgelegt, gibt es Duo-Sparringskämpfe und Massenexercises, Aerobic und Flamenco-Gestampfe, ohrenbetäubende Noise Music und eine chorische Rezitation der „Ursonate“ von Schwitters: eine theatralische Lifestyle-Revue aus der Tiefkühltruhe, von Schlömer brillant orchestriert, von den akrobatisch getrimmten Darstellern mit Uhrwerkspräzision abgespult – wie bei den Olympischen Spielen, beziehungsweise den Parteitagsaufmärschen unseligen Angedenkens. Leider fehlt eine Prise Ironie, von Satire ganz zu schweigen.

„Fit for Life“ ist offenbar ein Schlömer der Klasse B. Der Tanzmann, der augenblicklich dem Tanz wieder einmal abgeschworen hat und ein theatralischer Allrounder sein möchte, war in der Vergangenheit immer dann gut, wenn er mit großer Musik zu tun hatte – „Idomeneo“ in Ulm, Monteverdi in Basel, „Siegfried“ in Stuttgart (na ja, fast immer, denn mit Schuberts Streichquintett in C-Dur in Basel und „Hoffmanns Erzählungen“ in Stuttgart hat er sich gründlich verhoben). Als sein eigener Autor, Textcollageur, Musikarrangeur, Regisseur und Choreograf (einstweilen noch nicht auch als Designer, da verlässt er sich derzeit lieber auf Jens Kilian) steht er in der Gefahr, sich mehr und mehr in einer Sackgasse zu verrennen.

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