„Pineapple Poll“ von John Cranko
„Pineapple Poll“ von John Cranko

Nachgefeiert

Matinee der John Cranko Schule

oe
Stuttgart, 10/07/2011

Zum Abschluss der 50 Jahre Festivitäten noch eine Matinee der John Cranko Schule. Zuerst „Pineapple Poll“ als Rückblick auf den damals gerade 24-jährigen Cranko, anno 1951 im Londoner Sadler's Wells Theatre – und das ganz und gar nicht nostalgisch, sondern pausbäckig und knackig, seine Ballett-Operette frei nach Gilbert and Sullivan – die englische Antwort auf Jerome Robbins' sehr amerikanisches, knapp zehn Jahre älteres „Fancy Free“. Mit viel Music-Hall-Jokes und Massine'schen Matrosen-Schlenkern samt Hornpipe-Anleihen, wie aus einem tänzerischen Poesiealbum der Fünfziger. Von Sarah Abendroth liebevoll und detailpusselig einstudiert und von den Cranko-A&B-AkademikerInnnen wie aus dem Ei gepellt zu Oma Margaret Thatchers Geburtstag getanzt.

Danach dann Hilke Raths „Im Fluss“, das auch „Im Wind“ heißen könnte, so rank und schlank wanden sich die Körper der Cranko-Youngsters auf der von knatternden Windbahnen durchzogenen Szene. Als sei's eine Hommage an die erneuerbaren Energien. Es folgte ein „Pas de deux romantique“, stimmig choreografiert zur Musik von Meyerbeer vom estnischen Gast Enn Suve – quasi eine Vorstudie zu Victor Gsovskys späterem grandiosen „Grand Pas Classique“, picobello getanzt von Mai Aihara und Gustavo Echevarria als eine Art globales Meeting von Nippon und Mexiko beim Stuttgarter Gipfeltreffen.

Und dann also der Knüller, der „Karneval der Tiere“ des jüngsten Stuttgarter Senkrechtstarters Demis Volpi, gerade mal so alt wie Cranko, als er „Pineapple Poll“ schuf. Dem geht ja seit seiner Premiere im Dezember ein geradezu sagenhafter Ruf voraus, und ich muss gestehen, dass ich ihn nicht ganz so toll fand wie meine Informanten. Ich hätte mir eine noch stärker konturierte Charakter-Choreografie für die diversen Tiergattungen gewünscht – so, wie sie Katharina Schlipf in ihren Kostümentwürfen geliefert hat. Hübsch anzusehen und burschikos getanzt war's allemal, aber da war Fokine in seinem „Sterbenden Schwan“ doch schon sehr viel ‚animalischer‘ pointiert. Vielleicht sollte man dem hochbegabten Volpi noch ein Nachstudium in der Stuttgarter „Wilhelma“ empfehlen.

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