„Cloudland“ - Gastspiel des Queensland Ballet in Kiel
Prosecco statt Champagner
Bereits zum 14. Mal stellte das Ballett Kiel mit einem Galaabend im Opernhaus der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt sein Können unter Beweis. Dieser Abend sei „immer etwas Besonderes“, es gebe ihn nur einmal im Jahr, und er erhalte deshalb „eine spezielle Würze“, erklärte der Direktor des Ensembles, Yaroslav Ivanenko, zu Beginn des Abends. Hinter jedem Beitrag stehe eine kleine Geschichte, man wolle damit Höhepunkte aus der jetzigen Spielzeit zeigen und ebenso die nächste vorbereiten. Neben der eigenen 18-köpfigen Kompanie vervollkommneten illustre Gäste das vielfältige Programm, an dem erstmals auch die Ballettakademie beteiligt war.
Los ging’s mit einem Auftakt, der zeigen sollte, „wie Ballettkunst ist und sein soll“, wie Moderator Christian Bauer sagte, Schauspieler am Hamburger Ohnsorg-Theater und Ehemann eines mitwirkenden Tänzers. Das stellten Sasha Trusch und Madoka Sugai, die Noch-Ersten-Solisten des Hamburg Ballett, augenfällig unter Beweis. Mit der ihnen eigenen Brillanz tanzten sie den ersten Pas de Deux zwischen Sylvia und Aminta aus John Neumeiers „Sylvia“, und später am Abend den nicht minder berührenden Pas de Deux aus Neumeiers „Dritte Sinfonie von Gustav Mahler“.
Wie vielversprechend der Nachwuchs arbeitet, zeigte dann die Ballettakademie am Theater Kiel mit „Sonntagsschule“. Insgesamt 32 Mädchen und ein Junge wurden der anspruchsvollen Choreografie von Jean Marc Cordero aufs Feinste gerecht.
Eindrucksvoll auch ein Ausschnitt aus „Othello 2.0“ von Amilcar Moret Gonzales, der seit 2014 als Tänzer und Ballettmeister dem Ballett Kiel angehört (nach Stationen beim Bayerischen Staatsballett, bei Les Ballets de Monte Carlo, beim Ballett Zürich und beim Hamburg Ballett) und dort auch als Choreograf wirkt. „Othello 2.0“, das 2022 in Kiel uraufgeführt wurde, ist sein erstes abendfüllendes Ballett, und schon der kleine Ausschnitt, den Gonzales zusammen mit Virginia Tomarchio tanzte, zeigte das Talent des Kubaners für sensible Arrangements und eine feine, gut ausgearbeitete Bewegungssprache. Das Ballett Kiel bestritt damit vor kurzem auch seine erste Gastspielreise: Im April zeigte es eine Woche lang „Othello 2.0“ im Teatro Massimo Bellini in Italien und wurde dort gefeiert.
Humor und Emotionen
Aber neben dem Drama durfte auch der Humor nicht fehlen. Mit „Hell for Leather“ von M. Chiara de‘ Nobili und Alexander Miller kehrte Heiterkeit auf die Bühne ein, getanzt von Fabienne Deesker und Liam Meier aus Dresden als Gäste. Es sind Szenen eines Kennenlernens zwischen Mann und Frau, wie sie sich vorsichtig umschleichen, sich annähern und dann doch wieder voreinander zurückschrecken – das hatte viel Komik bis hin zum Slapstick und eine sehr eigene Bewegungssprache.
Mit „Following a Bird“ von Yaroslav Ivanenko zu Musik von Ezio Bosso kam dann das gesamte 18-köpfige Kieler Ensemble auf die Bühne. Hochemotionale Ensembles wechseln ab mit Soli und Pas de Deux – ein überzeugender Beweis für die exzellente Arbeit der Ersten Ballettmeisterin und stellvertretenden Direktorin Heather Jurgensen, die zwischen 1989 und 2007 als Erste Solistin beim Hamburg Ballett begeisterte und zusammen mit ihrem Mann Yaroslav Ivanenko das Kieler Ballett leitet.
Einen Vorgeschmack auf die nächste Spielzeit gaben die ab der kommenden Saison in Kiel engagierten Kanadierin Kiana Bell und der Brasilianer Vitor Vaz mit dem anspruchsvollen Pas de Deux aus „Le Corsaire“. Beide kommen von der Arles Youth Company in Frankreich. Kein Wunder, dass Vitor Vaz 2020 den Preis „Jeune Espoir“ der Fondation Caris gewonnen hat – er brilliert mit großer Sprungkraft, raffinierten Pirouetten und feiner Eleganz. Man darf gespannt sein, wie er sich in Kiel weiterentwickelt.
Eine zirzensische Mischung aus Tanz und anspruchsvoller Akrobatik boten Greta Salgado und Francesco Germini als Gäste mit „Blueprint“ von Tim Behren vom Overhead Project Köln, bei dem es wiederum um Zwischenmenschliches geht, um die Kraftprobe zwischen Mann und Frau, zwischen Macht und Unterwerfung, bei der am Schluss jedoch beide gewinnen.
Als Rausschmeißer aus dem gelungenen Abend diente „The Ability to Swing“ von Amilcar Moret Gonzales, bei dessen spannenden Arrangements für acht Paare das Kieler Ensemble zu Musik von u. a. Louis Armstrong, Ella Fitzgerald, Elvis Presley und Paul Anka noch einmal mit viel Schwung und Tanzfreude auftrumpfte.
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