„Die Mondprinzessin“ von Martin Chaix mit dem Leipziger Ballett

Wolkenverhangene Geisterstunde

„Die Mondprinzessin“ von Martin Chaix an der Oper Leipzig

Märchenzeit in der Leipziger Oper. Musikalisch schwelgend erzählt Martin Chaix das japanische Märchen vom Findelkind, das eigentlich auf den Mond gehört. Und lässt dabei sogar die Wolken tanzen.

Leipzig, 20/04/2025

Die Geschichte ist eine der ältesten der Menschheit: Ein kinderloses Paar zieht ein Findelkind groß. Es wächst zu einer wunderschönen jungen Frau heran, der alle Männer (inklusive dem Kaiser) zu Füßen liegen. Doch ihre wahre Herkunft als Mondprinzessin entrückt sie den irdischen Zwängen und sie steigt zum Mond herauf, um dort ihr Schicksal zu erfüllen. 

 Die Grundlage für „Die Mondprinzessin“, das jetzt in der Choreografie von Martin Chaix mit dem Leipziger Ballett als choreografische Uraufführung zu sehen ist, bildet ein japanisches Märchen, die verwendete Musik stammt von Henryk Mikołaj Górecki, Koyama Kiyoshige, Arvo Pärt und Sômei Satoh, dessen Teil als deutsche Erstaufführung zu hören ist. Chaix ist ein alter Bekannter in Leipzig. Der an der Pariser Ballettschule ausgebildete Tänzer war hier, nach seiner Zeit im Ballett der Pariser Oper, von 2006 bis 2009 Erster Solist und wechselte dann zum Ballett am Rhein. Seit 2006 ist er auch choreografisch tätig.

In zwei großen Teilen erzählt Chaix die Geschichte der Monprinzessin Kaguya-hime, getanzt von Madoka Ishikawa. Es beginnt mystisch mit einem Chor der Bambusstämme, die sich nach einer ersten Präsentation auf dem Rund der leeren Bühne mit großem Mond im Hintergrund und scherenschnittartigen Baumflächen (Bühne und Kostüme: Thomas Mika) im Winde wiegen und später dem Findelvater Okina (Flavio Salamanka) den Weg weisen, um das Kind als Licht-Ei zu finden. Schwarz gekleidet sind diese Tänzerinnen und Tänzer, quasi unsichtbar, aber zugleich als Geisterwesen mit Präsenz ausgestattet, ein Effekt, den Chaix noch mindestens zweimal nutzen wird: um die freienden Liebhaber ordentlich herumzuwirbeln und um die Wolken vor dem Mond zu illustrieren. 

Ballett ohne Firlefanz

Die Prinzessin wächst auf in der friedlichen Dorfumgebung, zwei Mädchen symbolisieren das Heranwachsen und dürfen sich als sechs und zwölfjährige in das große Corps de Ballett einreihen. Vor der Pause dann ein durchaus humorvolles Ablehnen der fünf freienden, die dafür mit Lampions in den Wald geschickt werden, um dort von den schwarzen Geistern durch die Luft gewirbelt zu werden, ja sogar Teil von ihnen werden. Nur der Kaiser Mikado (Carl van Godtsenhoven) schafft es der blank anblehnenden Kaguya-hime in einem großen Pas-De-Deux näher zu kommen. 

Madoka Ishikawa betont das naiv-jugendliche ihrer Prinzessin. Oft schaut sie befremdet-belustig, bleibt distanziert von dem munteren Treiben, steht eher still, während alles um sie herum was von ihr will. Auch die Annäherungsversuche mit dem Kaiser sind zunächst eher scheu, bis sie dann aber mit dem graugewandeten in produktiven Dialog kommt. Nach der Pause aber tritt Tsukoyomi (Vivian Wang) auf, die Gesandte des Monds. Zwischen umherwirbelnden getanzen Wolkenformationen, führt Wang gravitätisch die verlorene Mondprinzessin ihrer Bestimmung zu und all die Versuche des grau wirbelnden Kaisers, der ihr die Welt in Büchern auslegt, sind zum Scheitern verurteilt. Er bleibt zurück, verbrennt all seine Schriften, während die Protagonistin nach oben zum Mond fährt.

Martin Chaix erzählt all dies ohne großen Firlefanz, frei von der Ballettleber weg und lässt sich von der äußerst romantischen und sehr getragenen Musik (Musikalische Leitung: Yura Yang) inspirieren. Alles fließt erhaben und erwartbar seinen Weg, nur selten kommt es zu spritzigen, überraschenden Einlagen, auch auf große Ensembleformationen verzichtet er fast vollständig. Tänzerisch bleibt er meist stark in den Konventionen verhaftet, eine wahre Finesse möchte er aus den Tänzer*innen nicht herauskitzeln, so dass der Abend in der Gesamtschau sehr brav und gefällig daher kommt. Lediglich seine schwarzen Figuren können hier und da für etwas Spannung sorgen und sind wirklich hervorragend gearbeitet. Das Potential der Company wird aber nicht vollständig abgerufen.

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