Wie ein neues Apple Design

Julian Webers „Formen Formen“ im Brut in Wien

Im Brut verwickelte am Wochenende Julian Weber seine TänzerInnen (u.a. Meg Stuart und Nik Haffner) in ein Symbolspiel von menschlicher Körperlichkeit und abstrakter Gegenständlichkeit.

Wien, 08/12/2015

Im Brut verwickelte am Wochenende Julian Weber seine TänzerInnen (u.a. Meg Stuart und Nik Haffner) in ein Symbolspiel von menschlicher Körperlichkeit und abstrakter Gegenständlichkeit. Die ersten Erkennungsmarken dieser eineinhalbstündigen Performance erinnerten jedoch viel mehr an die Kreativstrategien von Lifestyle Konzernen wie Apple und Google. Angefangen bei den obligatorischen Pantoffeln und dem Willkommen heißenden Sekt sowie der Einladung des Choreografen sich frei im Raum zu bewegen, wollte hier ein gemütliches Spielfeld der ungezwungenen Freigeistigkeit geschaffen werden. Unterstützt wurde diese Atmosphäre von den Xylofonklangflächen der Musikerin Els Vandeweyer, welche mit Rollschuhen ausgestattet den Raum zwischen ihren Instrumenten durchquerte.

Die PerformerInnen, jeweils in engem Kontakt mit einer geometrischen Skulptur, versuchten durch das eigene Gliederformen den von Weber für sie personalisierten Formen zu begegnen und diese dermaßen zu sinnlichen wie körperlichen Bewegungen zu veranlassen. Das Diktat behielten hierbei jedoch die Skulpturen und das freie Sinnstiften und das Möglichkeitsdenken der Neupositionierung mündete in einem basal eurythmischen Ausdruckstanz und einem formbezogenen Auftürmen aller Objekte. Ein Narrenspiel bei dem die ersten platten Assoziationsketten zwar Humor bewiesen doch keine Fragen stellten.

So wollte hier im Geiste des Symbolon ein Stück unwillkürlich psychischer Tätigkeit gewagt sein und doch blieb es nur dieses brave Einmaleins des kreativen Assoziationsspieles. Die Bedeutungsträger, ob abstraktes Element oder menschlicher Organismus verweilten bei ihrer glatten Oberflächenbeschaffenheit, da keine notwendige Systemanalyse gewagt wurde. Die Zwischenräume von Körper und Gegenstand wurden nicht erkundet, sondern nur neu gemischt. Ein wenig wie ein unausgegorenes Apple Produkt, das sich mit seinem Design der geschliffenen Grundformen annimmt, diese neu anordnet und schließlich außer einer hippen Benutzeroberfläche keine Systemeinblicke zulässt.

Weber trat überdies selbst konsequenzlos in Erscheinung: Das tatsächliche Öffnen des Raumes auf den Musikvereinsplatz hin hatte einzig zur Folge, dass ein interessierter Passant wieder hinausgedrängt werden musste und die anfängliche Anweisung zur freien Publikumsbewegung wurde durch das zunehmend zentralisierende Bühnengeschehen unerheblich, so dass kein Besucher ein Eindringen wagte. Ebenso wie kein Einlassen möglich war.

Dieses Stück widmete sich kindlichem Inspirationstapsen und –tasten, überwand es jedoch nicht mit einer inhaltlich konsequenten Auseinandersetzung. So blieb es nur ein fancy Gang zurück zu den Basics von Körper- und Objektästhetik, gerahmt durch das gutbürgerliche Vernissagearrangement – die weiße Zelle und der Sekt.

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