Erkundung neuer Räume zur „Royal Winter Music“

Tanz beim Henze-Projekt von RUHR2010

Dortmund, 25/04/2010

Die Premiere des Balletts „element_x“ von Xin Peng Wang in Dortmund am Samstag Abend bildete den Auftakt der Tanzbeiträge des musikalischen Schwerpunktthemas von RUHR2010 „Henze-Projekt – Musik für eine Metropole“. Wang unternimmt mit dem Ballettensemble des Theaters „eine Tanzerkundung neuer Räume“ auf die Gitarrenklänge von Henzes „Royal Winter Music“, zart gezupft von Hans-Werner Huppertz, alternierend mit konservierten barocken und zeitgenössischen Kompositionen. In die außergewöhnliche Inszenierung im 18-stöckigen Verlagsgebäude des Harenberg City-Centers am Hauptbahnhof ziehen vier weiß geschminkte, bizarre „Platzanweiser“ das Publikum sogartig mit. Denn die Erkundung führt vom Foyer über Treppen und Brücken, per Lift und per Pedes durchs ganze gläserne Haus.

Die anderthalb stündige Performance verlangt den Zuschauern Schwindelfreiheit, Stehvermögen und Flexibilität ab. Aber jede neue Szene bietet reizvolle Arrangements – ob auf kleiner Tanzfläche im Foyer oder im steilen Halbrund des Amphisaales, auf den Brücken der Zwischengeschosse, zwischen den Skulpturen des Vestibüls oder im schummerigen Licht des Untergeschosses vor bunt beleuchteten Vitrinen, in denen die Tänzer sich schemenhaft bewegen. Raffinierte Bilder bieten sich im obersten Stockwerk, wo die Tänzer sich in den Fensterscheiben spiegeln und mit den unten fahrenden Zügen, den Gleisen und dem Verkehr entlang der Kastanienallee mischen. Auch während die Zuschauer von den Brücken auf die Tanzenden im Foyer hinunter blicken, spiegeln riesige Fensterscheiben und der verglaste Lift die Bewegungen der Gestalten wider.

Der besondere Reiz dieses Projekts aber liegt in dem hautnahen Kontakt der 18 Tänzer mit den Zuschauern. Die Ersten Solisten Mark Radjapov und Monica Fotescu-Uta hielten bei der Premiere dieser Auge-in-Auge-Begegnung auf ungewohntem Terrain souverän stand. Überaus vorteilhaft machten zwei junge Tänzerinnen auf sich aufmerksam: die zierliche Brasilianerin Barbara Melo Feire durch ihre temperamentvolle Ausstrahlung, elegante Geschmeidigkeit und stupende neo-klassische Technik sowie die Niederländerin Eveline Drummen durch ebenso sympathische wie sinnliche Präsenz und Vielseitigkeit. Tosender Beifall signalierte die Begeisterung der Premierenbesucher über das gelungene „element_x“.

Außer Wangs Henze-Ballett sind noch fünf Tanz-Produktionen während dieses Kulturhauptstadtjahres in NRW geplant: in Gelsenkirchen hat bereits am 8. Mai Bernd Schindowskis Choreografie „Voices“ auf Henzes gleichnamige Liedersammlung Premiere. Stijn Celis choreografiert mit dem „aalto ballett theater“ Essen das einzige der Henze-Ballette, „Undine“ (Premiere: 18. September 2010). In Hagen bereitet Ricardo Fernando „Molière“ auf Henzes Tanzschauspiel „Pulcinella“ und auf Teile von Rameaus Ballettmusik zu Molières „Bourgeois Gentilhomme“ vor (Oktober 2010). Mark Sieczkarek inszeniert mit Folkwang-Studierenden Szenen aus Dostojewskis „Der Idiot“ auf Henze-Musik (in Bochum, Dezember 2010).

Weitere Vorstellungen und Karten: www.theaterdo.de 

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