Spiel mit den Erwartungen der Zuschauer und dem Mobiliar

Christina Ciupke und Nik Haffner mit „Dealing with Life“

Berlin, 27/11/2009

Nicht alle Versprechen werden an diesem denkwürdigen Abend in der AULA der Ateliergemeinschaft Milchhof erfüllt. Bonnie und Clyde beispielsweise lassen lediglich grüßen, und Charles wie Diana sucht man vergebens. Romeo und Julia allerdings sterben wie angekündigt einen tragischen Tod, und wer genauer hinschaut, kann immerhin Rotkäppchen samt dem bösen Wolf erkennen.

Aber das neue Duo von Christina Ciupke und Nik Haffner spielt ja nicht bloß mit den Erwartungen seiner Zuschauer, sondern mehr noch mit dem Mobiliar, das sich die beiden aus dem Warenkatalog einer Verkaufskette zusammengesucht haben. Zwei, drei Schränke sind auf der ansonsten schmucklosen Bühne zu sehen, ein Tisch, eine Kommode. Dazu ein paar Polster und viele, viele bunte Kissen, die immer wieder aufs Neue arrangiert werden: Variable einer Versuchsanordnung eben, die nichts weniger verheißt als das Leben selbst. „Dealing with Life“ heißt denn auch das suggestive Stück, in dem sogar Möbel zu Mitspielern werden können – wie die Musik, die zwischendurch die zwei auf ihrem Laptop abrufen.

Programmatisch sind auf Packpapier Begriffe und Bezugspersonen notiert, die gut eine Stunde lang zur Sprache kommen. Doch anders als in „Subtitles“ vor drei Jahren bleiben Christina Ciupke und Nik Haffner diesmal stumm. Umso beredter ihre Blicke, desto vielsagender beider Körper. Sachte, fast zärtlich schiebt die Solistin aus dem Schwäbischen ihre Hände zwischen die aufgestapelten Kissen und erklärt das Ganze später als „Geheimnis“. Der ehemalige Interpret William Forsythes wiederum verrückt ein Polster und definiert damit das „Detail“. Zwei Tücher verknotet und über die Schranktür geworfen, und die „Freiheit“ ist schier zum Greifen nah. Zwei Kissen auf dem Bett assoziieren „Liebe“. Noch zwei dazu gelegt, und die „Familie“ ist komplett. So einfach kann das Leben sein. Einfach? Sich in ein Kissen verbeißend, kommen „Adam und Eva“ schnell ins Straucheln. Da hilft auch keine Schrankwand mehr.

Nicht immer funktioniert der Symbol-Akt so einsichtig; irgendwann glaubt man sogar das Spiel zu durchschauen. Doch bevor Langeweile aufkommen könnte, sieht sich das „kulturelle Gedächtnis“ des Publikums genarrt. Schließlich lässt sich nicht jede Szene so ohne weiteres einem Stichwort zuordnen, und der Spielraum des Stücks scheint am Ende um einiges größer, als man anfangs ahnt. In „Dealing with Life“ sagt Christina Ciupke kein einziges Wort. Aber wenn sie sich zum Schluss mit lasziver Langsamkeit auf die Couch niederlässt, verkörpert sie ihr „Versprechen“ so charismatisch wie kaum eine andere.

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