Russische Tradition und kubanisches Temperament

„Don Quichotte“ beim Mariinsky-Festival

St. Petersburg, 19/03/2009

Es ist eine spannende Begegnung: eine kubanische Starballerina zu Gast beim Mariinsky-Ballett in „Don Quichotte“, einem Paradestück sowohl der russischen Uraufführungskompanie als auch der südamerikanischen Truppe, die das Ballett in ihrem eigenen Stil ebenfalls weltweit mit großem Erfolg präsentiert. So fragte man sich gespannt: wie wird es aussehen, wenn sich Energiebündel Viengsay Valdes unter die eleganten, biegsamen und hochbeinigen Mariinskyballerinen mischt, um mit einem russischen Partner eine ihrer Glanzrollen zu tanzen?

Valdes traf hier auf eine Fassung des Stückes, die nahe an Petipas Uraufführungschoreografie aus dem Jahr 1869 und deren Überarbeitung durch Alexander Gorski etwa 30 Jahre später geblieben ist. In dieser Version zählt der reine Tanz mehr als die Erzählung, und so haben Pantomimerollen wie Don Quichotte – gravitätisch aber etwas abwesend verkörpert durch Vladimir Ponomarev –, Sancho Pansa – feist und recht dümmlich dargestellt durch Stanislav Burov – und Gamacho – herrlich affektiert interpretiert von Soslan Kulaev – nicht die Bedeutung, die ihnen in manchen späteren Versionen zugemessen wird. Tänzerisch ist das Stück allerdings ein reines Vergnügen, und das nicht zuletzt aufgrund exzellenter Besetzung, die es keine Minute langweilig werden lässt. Der Auftritt der kubanischen Ballerina auf dem spanisch-russischen Marktplatz wirkt zunächst noch etwas verhalten, aber spätestens beim Zusammentreffen mit ihrem Partner Leonid Sarafanov wirft sie alle Nervosität ab. Valdes und Sarafanov bilden ein erstaunlich harmonisches Paar – beide verbindet ihre Schnelligkeit und atemberaubende Dynamik, beide füllen ihre Rollen auch schauspielerisch aus und sprühen von der eigensinnigen Lebensfreude, die die Figuren auszeichnet. Leonid Sarafanov erweist sich einmal mehr als ein Meister der Double tours en l’air, die er in erstaunlicher Anzahl ohne Zwischenschritte aneinanderreiht; Valdes revanchiert sich durch dreifache Fouettés und endlos scheinende Balancen. So wird vor allem der Grand Pas zum technischen Feuerwerk, in dem Valdes und Sarafanov mal mit schelmischem Einvernehmen, mal mit müheloser Souveränität das Publikum an ihrer Hochzeitsfreude teilhaben lassen.

Den reinen Mariinskystil verkörpern daneben Ballerinen wie Ekaterina Kondaurova als temperamentvolle Straßentänzerin oder Tatiana Tkachenko als Dryadenkönigin, deren spagathohe Développés und perfekt auf die Musik gesetzte italienische Fouettés durch keine Wackler verunstaltet werden. Bei den männlichen Solisten frappiert unter anderem die Klasse, mit der der biegsame Konstantin Zverev als schnittiger Espada sein Cape schwingt und seine Variationen absolviert. Wie so oft beim Mariinskyballett werden die Charaktertänze, die hier ebenso als Kunst gepflegt werden wie das Ballett, liebevoll interpretiert – und so gibt es gleich auch ein paar mehr als gewohnt in dieser Version, beispielsweise den Zigeunertanz, in dem Alisa Sokolova ihren Rücken im Flamencostil biegt und Islom Baimuradov feurig die Peitsche schwingt, oder den ungewohnten orientalischen Tanz im dritten Akt, in dem Yulia Smirnova Arme und Hände schlangenartig gegeneinander züngeln lässt. Auffällig an dieser Fassung ist auch die häufige Einbeziehung von Kindern der Ballettschule – ob im ausgedehnten Puppenspiel im Zigeunerlager oder als Mini-Amores in der Dryadenszene. So wird sichergestellt, dass die Tradition nicht versiegt – und die Lust an dem Stück beizeiten auf die nächste Generation künftiger Absolventen der Sankt Petersburger Talentschmiede übertragen wird. Baimuradov feurig die Peitsche schwingt, oder den ungewohnten orientalischen Tanz im dritten Akt, in dem Yulia Smirnova Arme und Hände schlangenartig gegeneinander züngeln lässt. Auffällig an dieser Fassung ist auch die häufige Einbeziehung von Kindern der Ballettschule - ob im ausgedehnten Puppenspiel im Zigeunerlager oder als Mini-Amores in der Dryadenszene. So wird sichergestellt, dass die Tradition nicht versiegt – und die Lust an dem Stück beizeiten auf die nächste Generation künftiger Absolventen der Sankt Petersburger Talentschmiede übertragen wird.

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