Maria Eichwalds (Heim-)Gastspiel als Kameliendame

Lukáš Slavický als Armand und drei weitere Debuts

München, 15/03/2009

Lukáš Slavický stieg als Armand hoch ein, denn gleich der Prolog mit seinem Vater (Ivan Liška) gelang ihm glaubhaft. Wie schön, als dann im Rückblick seiner Erzählung Marguerite erstmals sichtbar wurde: Da war es, das Wiedersehen des Publikums in München mit Maria Eichwald, begeisternd durch die Einheit tänzerischen Glanzes mit dem Flirren des starken Ausdruck von Marguerites emotionalen Wendungen. Hier wie in den nächsten Szenen erkannte man die Qualitäten wieder, die sie zur Lieblingstänzerin der Münchner gemacht hatten, bis sie nach Stuttgart wechselte: Maria Eichwald tanzt und spielt, wie sie es intuitiv fühlt und im Vorfeld klug überprüft hat. Dadurch bereichert sie ihre Rollen mit dem Temperament der eigenen Persönlichkeit. Kaum zu glauben, dass sie, ausgenommen den schwarzen Pas de deux bei einer Gala, die Kameliendame zehn Jahre lang nicht getanzt hat und sich in den wenigen Proben nach der Japan-Tournee des Stuttgarter Balletts und ihren anschließenden Aurora-Vorstellungen diese alles umfassende Titelrolle wieder so anverwandelt hat! Da ist ein kompletter Mensch auf der Bühne, der sein Glück energisch will und das auf seinem Weg nachvollziehbar macht. So in das Geschehen hineinziehen kann in München nur Alen Bottaini. Während viele Zuschauer gern diese beiden zusammen gesehen hätten, war es klug von Ivan Liska, im verletzungsbedingten Engpass bei Ersten Solistinnen gerade Maria Eichwald dem debütierenden Lukáš Slavický an die Seite zu stellen. Sie hat ihn prima mitgezogen. Doch Slavický musste noch erkennbar auf das Tänzerische achten, ging vor allem in der Briefszene nicht stark genug in die Eruption. Aber er ließ immer wieder Gefühl und Ausdruck aus seinem Innern wachsen, riskierte dafür mutig, lieber musikalisch nicht genau zu sein als etwas nur äußerlich aufzusetzen. Dank dieser Suche nach Ehrlichkeit stimmte sein Debut zuversichtlich, dass er die Erlebnislinie noch stärker finden und austanzen wird.

Nur zwei Tage später war ein zweiter Blick möglich, und schon lief es bei allen runder. Das Corps de Ballet ließ Neumeiers choreografische Architektur deutlicher hervortreten, tanzte, besonders im Vergleich zur Wiederaufnahme, viel homogener, wirkte bei seinen Theaterszenen oder Bällen eleganter und überzeugte auf der Landpartie mit sprühender Lebendigkeit. In deren Zentrum debütierte Tigran Mikayelyan als Gaston Rieux mit überragender Sprungkraft, landete in imponierenden Balancen und kostete seine Rolle als Beau darstellerisch souverän aus. An seiner Seite gewann Zuzana Zahradniková zunehmend Freiheit, um für die Koketterien der Prudence über ihre sichere Technik hinauszugehen. Roberta Fernandes und Maxim Chashchegorov lieferten den Protagonisten bei ihrem Debut und noch mehr in der zweiten Vorstellung eine exzellente Vorgabe, Marguerites und Armands Schicksal in den Figuren Manon und Des Grieux zu spiegeln. Sie begann lasziv schwelgend und gestaltete mit elegischer Hingabe das Ende von Manons Lebensweg, fand stets die richtige Balance zwischen Selbstaufgabe und tänzerischer Energie. Er tanzte mit eleganter Linie seine Rolle als guter Junge, der immer da ist, gerade in seiner Unauffälligkeit gewinnend. Und Ivy Amista, als schlanke, neckisch und sanft verführende Olympia mit ihrer Virtuosität ein Augenschmaus, zeigte, wie wichtig es zu sehen ist, dass eine Tänzerin ihre Partie genießt. Das Hauptpaar schließlich präsentierte schon den Schlafzimmer-Pas-de-deux viel elaborierter. Im 2. Akt, in dem Neumeier wiederholt Freude und Härte genial gegeneinander setzte, war Maria Eichwalds Variation ein einziger Zauber leicht schwebenden Glücks. Der weiße Pas de deux zeigte jetzt einen sicher wirkenden Lukáš Slavický, der seine tänzerische Klasse nun auch in der Briefszene energisch ausspielte. Am Anfang des 3. Akts hat er gewaltig an Statur gewonnen, die Aufmerksamkeit ist gebannt. Im schwarzen Pas de deux zeigte er elegant Format, so dass die Spannung über die nächsten Szenenwechsel hinweg mit wunderbaren Übergängen anhielt. Hatte schon die erste Vorstellung dieser Besetzung gut funktioniert, geriet die zweite, vor allem dank Maria Eichwald, ergreifend und war ein Höhepunkt, den man nicht so bald vergisst!

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