Fantasie in Silber, Gold und Pink

Im Friedrichstadtpalast wärmen „WinterTräume“ das Zuschauerherz

Berlin, 12/11/2009

Noch hat der Winter nicht Einzug gehalten: Mit Tempo, Glamour und prickelnden Einfällen ist der Friedrichstadtpalast schon mal in die nächste kalendarische Saison vorgeprescht. Seine „WinterTräume” werden den Revuetempel sicher durch die Kälte geleiten. Zumal, wie Intendant Berndt Schmidt vorm Vorhang zur Premiere stolz verkündete, schon 70 Prozent der Karten verkauft worden sind. Nach „Qi”, derzeit im Winterschlaf, ist dem Palast im 25. Jahr seines Bestehens an neuem Orte wieder ein Coup gelungen. Erdacht haben ihn Michael Frowin und Winfried Schneider, der auch Regie führt. Gewiss, neu ist die Idee nicht, als Aufhänger für eine Revue aber angemessen: Drei Berliner kommen beim Einkaufsbummel ins Gespräch, vertrauen sich ihre Winterwünsche an. Sylvia, die Kesse mit dem Berliner Jargon, würde gern per Platincard in Petersburg shoppen, den reiferen Heinz zieht es eher auf den Mars, Beau Lars schwärmt von einem Ausflug in die Karibik. Zufällig ist eine gütige Fee am Platze.

Knapp 40 Nummern enthält die Reise, was allein schon Langeweile ausschließt. Erste Station ist die Karibik, die eine Bar in Gestalt einer Viertelmelone andeutet. Heinz Hausers laufende Lämpchen in Zeilenform als Bühne grundieren dezent, ziehen sich zu beiden Seiten bis in den Saal, bieten dem Tanz allen Raum zur Entfaltung. Maik Damboldt ist in der Karibik offenbar auch in seinem Element, landet mit „La Bomba” und Gloria Estefans „Let’s Get Loud” im Mitklatsch-Sound choreografische Hits. Fast unverschämt gut schauen in Stephan Bolz’ knappen Kostümen die 60 Tänzerinnen und Tänzer aus. Mit Zwiebeltürmchen empfängt Russland, heizt in „Nut Rocker” zu Tschaikowski-Motiven tüchtig ein: Womit die drei Paare der Eisshow um Anita Hartshorn und Frank Sweiding an technischer Bravour aufwarten, gehört zu den Höhepunkten des Abends. Zu Marilyn Monroes „Diamonds Are A Girl’s Best Friend” darf Sylvia in ihr Paradies entschweben, zu „Fever” dann eine russische Sauna erleben, in der Herren mit Goldslips unter den Badetüchern sie wohlig schaukeln. Ironie bringt eine Party der Neureichen unter riesigem Lüster ein, wenn sich zu Mussorgski und Borodin Pracht in Kleid und Pelz entfaltet. Was mit Patriarch Heinz’ „Kalinka” beginnt und im Tanz Folklore zitiert, endet mit „Fairytale”, dem Siegersong des diesjährigen Grand Prix d’Eurovision aus Moskau.

Nach diesem intensiven Bild führt der zweite Programmteil in einen urigen Fabelwald. Die weiße Königin erscheint dort mit Einhörnern und prachtvollem Gesang, Lars wird in Händels „Xerxes”-Arie zum Countertenor, als Astronauten brillieren die Dosovs mit einer in China und Monte Carlo preisgekrönten Wippbrett-Show der Sonderklasse. Auch die Stepp-Einlage von Dan Revazov und Alieksej Uvarov lässt sich sehen, führt geradewegs zum Broadway, wo 32 Damen in Alexandra Georgievas formidabler Girls-Reihe zu Begeisterung hinreißen. Mit einem Berlin-Hymnus klingen nach zweidreiviertel Stunden die „WinterTräume” aus. In trüber Jahreszeit haben sie bestens unterhalten, haben Sylvia Wintergrün und Heinz Rennhack, mehr noch Lars Redlich und als stimmgewaltige Fee Francisca Urio die Herzen gewärmt. Das Orchester unter Detlef Klemm in zündenden Arrangements und das Ballett in weiteren Choreografien von Sabine Hack und Alan Barnes, verleihen dem Abend jenen Glanz, wie er Kindern zu Weihnachten in den Augen geschrieben steht.

Bis 7.2., Friedrichstadtpalast, Friedrichstr. 107, Berlin Mitte

www.friedrichstadtpalast.de

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