Das Schubert-Ballett "Der Tod und das Mädchen" und "Happy New Year" von Rui Horta

Kontrastierende Körpersprachen am Gärtnerplatztheater

München, 27/04/2009

Mit guten Choreografien ist es oft wie mit Qualitätswein: je älter, desto besser. Das Schubert-Ballett „Der Tod und das Mädchen“ (1980) des Amerikaners Robert North – er leitet seit 2007 die Münchner Ballett-Akademie und das Ballett von Mönchengladbach – ist solch ein wunderbar gereifter „Jahrgang“. Dagegen hat „Happy New Year“ (2006) des ebenfalls renommierten Portugiesen Rui Horta voraussichtlich nur eine kurze Halbwertzeit. Sehenswert trotzdem dieses mit Modern Dance (North) und Postmodern Dance (Horta) hart kontrastierende „Körpersprachen II“, mit dem Tanzchef Hans Henning Paar seine Gastchoreografen-Reihe im Münchner Gärtnerplatztheater fortsetzt.

Vor allem jedoch: Norths Tanz zu Schuberts live gespieltem Streichquartett Nr. 14 macht den Wahrnehmungssinn glücklich. Und tut der Seele gut. Der jugendliche Mittsechziger ist geprägt durch die große Martha Graham. Ihr Tanz kam aus der Körpermitte, erzählte – zu einer geschlossenen Musikkomposition – etwas über den Menschen, seine existenziellen Dramen. Und genau das gelingt North hier: Aus einer Gruppe von jungen Leuten in lebensprallem tänzerischem Überschwang löst sich ein Paar in Schwarz: das Mädchen und sein Tod. Wie Camelia Georgescu und Matthias Markstein nun diese Beziehung zwischen Suche, Abwehr und gegenseitiger Anziehung tanzen, berührt – ohne falsche Sentimentalität. Weil beide die Intention des Choreografen so sensibel erfasst haben. Und weil eben diese Bewegungen – ob im Schwunge genommene Hebung oder schlicht ausgestreckte Hand – unmittelbar aus der Emotion des Themas und der Musik herausfließen. Eine Musik, die auch in den heiteren Momenten Melancholie mitschwingen lässt, Todesahnung in der Lebenszugewandtheit. Grahams Vokabular, vor etwa zehn, fünfzehn Jahren doch als etwas altmodisch empfunden, ist bei North zur Klassik gereift. Und diese wie Flügel ausgebreiteten, diese seitlich parallel gerundet erhobenen Arme – gerade solche stilisierten Körperformen geben Norths sonst ausgesprochen dynamisch weich bewegter Choreografie die wunderbare Strenge und Klarheit, wie man sie von mittelalterlichen Totentanz-Holzschnitten kennt.

Hortas „Silvester-Party“ dagegen – eine einzige postmoderne Fragmentierung. Die Welt, wir wissen es längst, ist unheil geworden. Und trashy. Horta bildet das ab. Zu fünf beliebigen Musikkonserven probt ein pubertäres Jungvolk lärmig ungezähmt soziales Verhalten – die Körper kampfsportartig exaltiert. Was im besten Falle ein faschistoides Ausdruckssolo (David Russo) ergibt und ein aggressives Beziehungsduo (Lieke Vanbierfliet/Pedro Dias). Sonst Geschreie, Gerangel, belangloser Bewegungs-Füllstoff. Paars exzellente Tänzer hängen sich, zum Glück, auch da voll rein.

Weitere Vorstellungen 2.,6., 14. und 29. 5. , 19 Uhr

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