Wenig Glamour bei der langen Düsseldorfer Gala-Nacht

Welttanz und Pina-Bausch-Variationen beim ITF-NRW

Düsseldorf, 18/11/2008

Bei dem Stichwort „Gala“ leuchten die Augen aller Tanzfreunde und klopfen die Herzen in Vorfreude auf einen langen Abend, an dem sich Pas de deux, Soli und kleine Ensembles, perfekt präsentiert von den Größten der Zunft, aneinanderreihen wie funkelnde Edelsteine in einem kostbaren Collier, wie sprühende Raketen eines Feuerwerks. Bei der fast achtstündigen, zwei-teiligen Düsseldorfer Gala-Nacht des ITF allerdings funkelte es selten. Und während die Zuschauer immer wieder warteten, sich im dunklen Zuschauerraum mühten, mit selbst inszenierten Hust-Konzerten oder mahnendem Applaus der Langeweile und Verzweiflung zwischen den oftmals spärlich ausgeleuchteten Nummern Paroli zu bieten, hetzten andere: Techniker beim bis zu viertelstündigen Bühnenumbau und Künstler wie Pina Bauschs Ensemble nach der Wuppertaler Vorstellung von „Vollmond“ zu ihrem Auftritt aus eben diesem Stück im tanzhaus-nrw.

So begann denn die Vorstellung dort erst gegen 23 Uhr - fast eine ganze Stunde verspätet, viereinhalb Stunden nach dem offiziellen Beginn des Tanzevents im Schauspielhaus. Am Ende – gegen 2 Uhr früh – hatten sich viele Zuschauer längst aus dem Saal geschlichen. Eine Dramaturgie, eine irgendwie Sinn gebende Reihung der nahezu zwei Dutzend Beiträge, war nicht zu erkennen. Allenfalls ließen sich die beiden offenbar vage angedachten Themenschwerpunkte des dreiwöchigen Festivals ausmachen: Welttanz und Pina-Bausch-Variationen. Angereist waren Gäste aus China, Taiwan, Korea, Indien und Bali, aus den USA, Kanada und Brasilien, aus Russland und Israel, Frankreich, England, Belgien, Griechenland und Deutschland. Sie brachten ihr Bestes, Neuestes, Modernstes, jedenfalls reisefähige Kostproben. Der Bogen war weit gespannt, und doch schlich sich immer wieder tiefe Enttäuschung ein: déja vu, und zwar besser – angesichts etwa von rosa Tüllwolken an kahlköpfiger Schamanin aus Korea (Sen Hea Ha) oder halblangem Tutu in schwarz an wuschelköpfigem griechischen „Zornpinkel“ (Athanasia Kanellopoulou) aus „Never Loverland“ oder Odissi ohne technisches Raffinement der blutjungen Arushi Mudgal wie auch die traditionelle „sitzenden Explosion“ aus Bali. Immerhin wirkten letztere Tänzer authentisch – wie auch die St. Petersburger Ballerina Diana Vishneva (in einem Pas de deux mit Igor Zelensky) als Massenet/MacMillans „Manon“, wohingegen sie bei Jacques Brels Chanson „Ne me quitte pas“ (mit Yuri Smekalov) ebenso „brav“ tanzte wie das Solo von Julie Shanahan aus Bauschs Japan-Stück „Ten Chi“. Auszüge aus Susan Marshall's „Cloudless“ hätte man sich technisch perfekter gewünscht.

Natürlich sieht man Cloud Gate Dance aus Taiwan immer wieder gern. Viel eindrucksvoller fand ich diesmal allerdings den Ausschnitt aus Emanuel Gats „Rite of Spring“. Ovationen ernteten – wie in Wuppertal drei Tage zuvor - Sylvie Guillem und Russell Maliphant für den 4. Teil der Choreografie „push“ als Schluss- und Höhepunkt des ersten Gala-Teils. Einen Höhepunkt bildete auch die Uraufführung des Duetts „Barasey“ von Shantala Shivalingappa und Sidi Larbi Cherkaoui im tanzhaus nrw. Aber so zauberhaft die Inderin mit ihren Kuchipudi-Soli in Bauschs Stücken wirkt – an diesem Abend, in diesem Ambiente wollte der Funke weder in ihrem Solo „Namasya“ (in eleganter schwarzer Abendrobe) noch bei „Barasey“ mit dem stupenden Marokkaner überspringen. Womöglich war's nur die falsche Bühne und Uhrzeit...

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