Auch hier zählt die Verpackung

Über Tanz im Fernsehen

Wien, 28/12/2007

Mit dem Titel „Erotik des Tanzes“ wird der neue Vierteiler beworben, den Arte am Samstag (29.12., ab 23.25 Uhr) von Teil I bis Teil IV ausstrahlt. Zeitgemäß sexy betitelt, um Zuschauer buhlend? Im Original heißt die Doku von Alexander Ntivyihabwas „Bodytalk“ und will nichts anderes als Geschlechter- und Gesellschaftsverhältnisse im Tanz aufzeigen. Gleich in der ersten Folge ist Arte der Starballerina Polina Semionova und dem Staatsballett Berlin auf die Bühne gefolgt, um die Methoden der Liebeswerbung im klassischen Ballett zu erforschen.

Dass Arte nach wie vor der Sender ist, der am meisten Tanzprogramme zeigt, wird sich wohl auch nach Einstellung der vier Jahre lang gelaufenen, allsonntäglichen 26-Minuten-Tanzprogramme bewahrheiten. Zu groß scheint der Abstand zwischen sogenanntem Vollprogramm-Fernsehen und Spartenkanälen. Isabelle Mestre, Arte-Verantwortliche für Theater und Tanz: „Wir setzen neben Live-Übertragungen jetzt vor allem auf 60- oder 90-minütige Dokumentationen, wobei uns da jeweils ein Choreograf oder ein Tänzer interessiert, aber nicht biografisch, sondern wie eine Persönlichkeit mit Tanz als Kunst- und Lebensform umgeht.“ Die Dreharbeiten für Dokus über die südafrikanische Choreografin Robyn Orlin und den französischen Choreografen Angelin Preljocaj sind fast fertig. Gute eineinhalb Jahre rechnet Mestre mit Aufnahmen für ein Porträt der Starballerina Sylvie Guillem. Wohl aber wird der internationalen Tanzszene der Arte-Sonntagstermin abgehen, da der Kulturkanal meist als Koproduzent aufgetreten ist, erstklassige Qualität garantiert hat und ein Werk in den Mittelpunkt rückte.

Gunilla Jensen, Tanz- und Oper-Verantwortliche beim Schwedischen Fernsehen und in dieser Eigenschaft auch Jurorin beim letzten, vom Wiener Internationalen Musikzentrum (IMZ) veranstalteten „Dance Screen“-Festival in Den Haag: „Das Problem in einer großen Fernsehanstalt ist, genug Geld und Raum aufzutreiben, um diese Kunstform entsprechend zu entwickeln. Das heißt auch, dass die speziell fürs Fernsehen aufwendig gedrehten Choreografien ein schweres Leben haben.“ Jensen verbucht u.a. Erfolge mit den seit 2002 produzierten „Halloween Dance Nights“, einer Mischung aus Produktionen des schwedischen Fernsehens, Ankäufen von unabhängigen Produzenten und Archiv-Material. „Wir putzen das mit einem großen internationalen Tanzfilm auf, beginnen um 20 Uhr und senden bis nach Mitternacht.“ Rund 180.000 Zuschauer verfolgen diese Tanznacht. Das schwedische Fernsehen ist mit der Quote sehr zufrieden.

Mehr Beine als nur beim Neujahrskonzert 
Tanz im ORF Wie steht der ORF zu Tanz im eigenen Programm? „In der Tat sind die Tanzeinlagen des Neujahrskonzerts eine Eigenproduktion des ORF. Erstmals wird es am Neujahrstag auch ein Live-Ballett im Goldenen Saal und davor geben sowie zwei aufgezeichnete Choreografien, die diesmal durch die Locations, Karlsplatz und Albertina, sehr unterschiedlich und technisch anspruchsvoll sind“, erläutert ORF-Kultur-Chef Martin Traxl. Tanz und Ballett spielten auch in manchen Opern-Übertragungen eine Rolle, meint Traxl. Und er verweist auf die kommende Fernsehfassung der Fußball-Oper „Playing away“, die mit David Pountney und den Bregenzer Festspielen entwickelt wurde. „Wir planen außerdem eine Doku über das Festival ImPuls Tanz, in der es vor allem um die Faszination an der Bewegung an sich gehen soll und die Leidenschaft der Amateurtänzer jener der Profis gegenübergestellt wird.“ Tanz sei aber auch regelmäßig Thema in den aktuellen Sendungen und Magazinen des ORF.

Zu den Fachredakteuren zählen Markus Greussing, der zuletzt für 3SAT ein Porträt über den Stuttgarter Choreografen Marco Goecke gemacht hat, und Karin Veitl (Neujahrskonzert). Letztere zeichnete auch verantwortlich für die DVD-Produktion von Renato Zanellas „Aschenbrödel“ an der Wiener Staatsoper.

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

 

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