Frei schwärmende Moleküle

„Transkali“ von Anna Konjetzky und „Modify“ von Thomas Hauert bei der Tanzwerkstatt Europa

München, 06/08/2007

Klug gedacht von Walter Heun, seine Tanzwerkstatt Europa zur Nachwuchs-Plattform auszubauen: Anna Konjetzky, vom Münchner Kulturreferat jüngst debütgefördert, vom Berliner Senat mit Stipendium in den Senegal geschickt, konnte jetzt im i-camp ihr von afrikanischer Tanztradition durchpulstes „Transkali“ uraufführen: Eric Thielemans als Musik-Schamane mit auf der Bühne und ihre vier Tänzerinnen, wie aufgehoben in seinem ertrommelten, Trance-schaffenden Klangraum, das entwickelt sich ohne Hast zu einem Ritual vorausgefühlter Sterblichkeit mitten im jungen Leben. Mit ihrem Gefühl für die Transposition des Afro-Materials in europäisch-zeitgenössische Bewegung, für Raum und dramaturgische Bögen könnte Konjetzky eine Hoffnungsträgerin sein.

Thomas Hauerts „Modify“ ist dazu, und auch in sich selbst, Kontrastprogramm. Die weiße Tanzfläche ist immer wieder Projektionsfläche für knallbunt leuchtende OpArt-Malereien - vom Band jedoch feierliche Musiken von Schnittke, van der Avoort und Händel. In diesem Spannungsfeld scheint Hauerts Zoo-Compagnie jene in den geometrischen Bodenmustern noch erahnten gezirkelt-höfisch-barocken Tänze in postmodernes Chaos zu überführen – wie es auch aus der breitwandfüllenden Fotografie einer Messie-Behausung dem Betrachter zuzwinkert. Die sechs Zoos, in vorne farbigen, hinten weißen Outfits, wirken wie frei schwärmende Moleküle, aus- und durcheinanderstiebend, zu Körperketten und -knäueln zusammenwachsend und sich wieder zu Soli und Duetten isolierend.

Besonders in ihrer meditativen Verlangsamung sind das die schönsten Momente. Das Stück ist - trotz einfließender improvisierter Sequenzen - insgesamt gut gebaut, macht aber mit seinen Wiederholungen und gelegentlich mit seinen „streckenden“ kunstgewerblichen Arrangements wieder einmal deutlich, dass abstrakter zeitgenössischer Tanz als abendfüllendes Medium einfach überstrapaziert ist. Nicht umsonst haben Tanzkünstler wie Merce Cunningham und Trisha Brown immer zwei bis drei Stücke zu einem Abend zusammengespannt.


Links: www.annakonjetzky.com www.zoo-thomashauert.be 
Heute und morgen Felix Ruckert in der Muffathalle, 20.30 Uhr, Karten 089/54 818181

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