Tanz im Vexierspiegel amerikanischer Geschichte

Die Paul Taylor Dance Company gastiert in St. Pölten

St. Pölten, 08/05/2006

Paul Taylor ist in den USA unantastbar. Der 75-jährige Choreograf zählt zu den künstlerischen Ikonen des Landes. Seit Jahren nicht mehr in Österreich, gastierte sein 16-köpfiges Ensemble nun im Festspielhaus St. Pölten und erwies sich als Vexierspiegel amerikanischer Geschichte. Noch einmal war die die eklektizistische Sprache eines vom kontinuierlichen Verlauf des Modern Dance geprägten Choreografen zu erkennen, der seine Karriere als Sportler begonnen hatte. Das heroische Pathos seiner Lehrmeisterin Martha Graham nutzt er ebenso wie jede Menge Ballett-Material, der musikalischen Vorlage wird streng entsprochen. Ob es das heitere Divertissement „Spring Rounds“ (2005, Richard Strauss) ist, das für das San Francisco Ballet entstanden ist, oder das einfallsreichere, physische Einschränkungen verhandelnde Stück „Dust“ aus dem Jahr 1977 (Francis Poulenc): Paul Taylors Eigenart liegt im ungehemmten Umgang mit Bewegungswitz, so auch in „Promethean Fire“ (2002, Bach), das die US-Kritiker wegen der Formen einstürzender Körperarchitektur als Reaktion auf den 11. September wahrnahmen.

Was das Gastspiel bewusst macht, ist die Tatsache, dass die europäische zeitgenössische Tanzszene heute mit dem US-Modern-Dance nichts mehr zu tun hat. Einzelne Tanztechniken interessieren noch, die Bühnenästhetik aber wirkt historisch.

Links: www.ptdc.org / www.festspielhaus.at

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

 

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