Im Eilzug durch die Welt der Revue

„Glanzlichter“ setzt im Friedrichstadtpalast der Tanz

Berlin, 16/05/2006

Wo dem Leben sein Glanz bleibe, fragt eine Stimme und haucht selbst die Antwort: Nur hier! Mit einem stehenden Bild endet, wie sie begonnen hat, die neue Produktion im Friedrichstadtpalast. „Glanzlichter“ feiert zweidreiviertel Stunden lang das Genre Revue, der drei Städte Aura verliehen: Berlin, New York, Paris. Mehr erzählende Dramaturgie braucht es da nicht. Regisseur Jürgen Nass, seine Mitautoren Roland Welke und Thomas Münstermann vereinen Tanz, Gesang und Artistik zu einem nostalgischen, dabei zeitgemäßen Bilderbogen, der seine Schätze wie ein Leporello aufblättert. Niclas Ramdohr, palasterprobt, verantwortet musikalische Einrichtung und Neukompositionen.

Gerade mit leisen Tönen und allein auf weiter Fläche hinterließen die vier Sänger den stärksten Eindruck: Santina Maria Schraders dunkles Timbre in Ramdohrs traurigem Chanson „Im Zug aus Paris“, der die Sehnsucht sterben lässt, Peter Fessler in Kosmas „Les feuilles mortes“ zur Gitarre und, angejazzt, Weills „September Song“, Joo Kraus auch Trompete blasend in „C‘est si bon“ unter sanftem Diskogeflimmer. Eingebettet in die Reise von Berlin via New York nach Paris und zurück liegt preisgekrönte Artistik. The Guerrero‘s präsentieren auf dem Hochseil den Sprung über die Partnerin und den Zwei-Mann-Hoch Mann auf Frau. Marina Borzova schwingt sich auf dem Trapez als Feuerteufel mitten in den Himmel von Paris, ihr russischer Landsmann Alexey Chainikov kreist so verblüffend wie witzig Silberreifen um schier alle Körperteile.

Dennoch ist es der Tanz aus vier Choreografenhänden, der den Lichtern dieses Abends ihren Glanz gibt. Craig Revel Horwood lässt im Kreuder-Medley „Eine Nacht voller Seligkeit“ effektvoll auf drei Etagen tanzen, im New-York-Bild Cheerleader aufmarschieren und Herren einen Vamp beschützen, im Paris-Teil mondän mit orangefarbenen Federfächern spielen. Mike Damboldt ironisiert das Operetten-Berlin, beschwört eleganteste Lido-Atmosphäre, lässt die Damen im Girltanz brillieren. Jan Linkens beschert, spiegelgedoppelt, originelles Trockenschwimmen, als sei Esther Williams auferstanden, einen vornehmen „Last Waltz“, eine Chanson-Suite mit technisch gepfeffertem Männersolo. Danny Costello schließlich, singender und tanzender Tausendsassa, entwarf mit „Sing, Sing, Sing“ swingend und temporeich ein höchst attraktives Pausenfinale. Gute Figur machen Musik und Tanz: sie unter Detlef Klemm in vielfältigen Arrangements aus Knut Hetzers bühnenmittig nachgebautem Café Kranzler, er in Anja Diefenbachs Kostümen von erotisch bis erlesen. Trotz kleiner Unsauberkeiten: Kompliment ans Ballett.

 

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