Giora Manor: The Choreography of Sara Levi-Tanai

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Stuttgart, 15/03/2002

Er ist sicher der bei uns in Deutschland (aber auch außerhalb unserer Grenzen) bekannteste israelische Tanzpublizist – ein Mann, der hierzulande nur Freunde zu haben scheint (und das Kunststück fertigbringt, mit Kollegen befreundet zu sein, die sich gegenseitig nicht gerade sonderlich gewogen sind): Giora Manor.

In Prag 1926 geboren, gelang es ihm, gerade noch vor der Nazi-Besetzung, nach Palästina auszuwandern, wo er den Kibbuz Mishmar Haemek mit aufbaute, als Dramaturg und Regisseur bei verschiedenen Theaterunternehmungen und beim Rundfunk tätig war, für diverse Tages- und Wochenzeitungen schrieb und als Tanzkritiker prominent wurde, nicht zuletzt als Herausgeber und Chefredakteur der israelischen Tanzzeitschrift sowie als Autor einer Reihe von Büchern. Deren neuestes ist jetzt zu uns gelangt: „Sara‘s Way – The Choreography of Sara Levi-Tanai“, erschienen bei Inbal Dance Theatre, The Ethnic Multicultural Center Inbal (keine ISBN-Nummer).

Es ist sicher sein bisher schönstes Buch geworden, großzügig im Layout, mit bestechenden ganzseitigen Farbfotos, entweder von uns von links nach rechts englisch, oder von rechts nach links hebräisch zu lesen. Es ist ein ungemein warmherziges Buch geworden, man merkt dem Autor seinen tiefen Respekt und seine Verehrung für die Frau an, die als Tänzerin, Choreografin und Direktorin des von ihr 1949 gegründeten Inbal Dance Theatre zu den Pionierinnen des Tanzes in Israel wurde – er nennt sie „a living national treasure“.

Auch für ihn ist – wie offenbar für sie selbst – nicht mehr feststellbar, wann sie denn geboren ist (er vermutet 1910 oder 1911 in Jerusalem als Tochter jemenitischer Eltern). Ihre Tänze und Choreografien sind dominiert von dem jemenitischen Erbe ihrer Vorfahren, haben (Inbal ist das hebräische Wort für Glockenschlegel) aber inzwischen Einflüsse auch anderer ethnischer Minderheiten des Nahen Ostens absorbiert. Wenn ich mich recht erinnere, war ihre Kompanie überhaupt die erste, die in den fünfziger Jahren aus Israel zu uns kam und uns ungemein beeindruckte durch ihre fremde Schönheit und Ernsthaftigkeit.

So auch in Amerika, wo Martha Graham und Jerome Robbins (von ihm ist ein Brief in dem Buch abgedruckt) zu Levi-Tanais großen Bewunderern gehörten. Manor beschreibt ihre strapaziöse Karriere, bevor er sich denn mit ihrer „Dance Dramaturgy“ beschäftigt, ihre „Friends“ skizziert, die Vorgeschichte ihrer Kompanie referiert („And Sara Created Multimedia – The prehistory of Inbal“) und dann untersucht „He and She and What Goes On Between Them – The erotic component in Sara‘s work“), um seine Huldigung an sie mit dem Kapitel „Pioneers in Tel Aviv – Contemporary life in Israel in her choreography“ zu beschließen.

In all seinen klugen Beobachtungen und Beschreibungen wird immer wieder die tiefe Sympathie spürbar, die er für die Lebensleistung dieser Frau hegt. Anschließend gibt es noch ein großes Kapitel des brillanten israelischen Tänzers, Choreografen und Pädagogen Yaron Magolin „The ‚Landscape Dances‘ of Sara Levi-Tanai“ (als Nachdruck eines von ihm für das „Israel Dance Year Book 1989-90“ verfassten Artikels). Wie gesagt: ein ausgesprochen schönes, von tiefer Menschlichkeit inspiriertes Buch mit ästhetisch hinreißenden Fotos!

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