Eine Pflichtveranstaltung für Ballettfans

„Le triomphe des muses“ vom Institut für Alte Musik Trossingen

Ludwigsburg, 21/06/2002

Stimmiger lassen sich die Ludwigsburger Traditionen und die Schlossfestspiele nicht miteinander vereinen als durch diese beiden Aufführungen von „Le triomphe des muses“ des Instituts für Alte Musik der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen im schnuckeligen Theater des Ludwigsburger Residenzschlosses. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Dozenten und Studenten des Instituts an gleicher Stelle mit ihren „Fêtes galantes“ großen Eindruck gemacht, der sich mit der diesjährigen Produktion noch verstärkte.

Die Tänze des so überaus kunstbeflissenen Barock, jedenfalls was den Adel jener Zeit angeht, wären ohne die gerade in Trossingen so erfolgreichen Bemühungen um ihre authentische Rekonstruktion sicher bald endgültig verloren, obwohl relativ präzise Aufzeichnungen über sie in großem Umfang vorhanden sind. Während die Musikfreunde bereits seit Längerem hinreichend mit Aufführungen alter Musik auf Originalinstrumenten versorgt werden, sieht es in dieser Hinsicht für die Tanzliebhaber eher düster aus. Dabei wären das heutige Ballett und der aus Opposition zu ihm entstandene moderne Tanz ohne den Barock überhaupt nicht denkbar.

„Le triomphe des muses“ ist eine von der Tanzwissenschaftlerin Hannelore Unfried aus vielen überlieferten Werken dieser Zeit neu zusammen gestellte Reise vom Parnass in fremde Gefilde, an den Strand mit seinen Tänzen der Matrosen und Küstenbewohner, weiter in eine spanische Schänke, zu einem venezianischen Fest und schließlich, per damals so beliebtem Sturm, zurück an ihren Ausgangsort. Während das große Ensemble des Instituts unter der Leitung von Philippe Pierlot auf Originalinstrumenten die wohl temperierten Kompositionen von Marin Marais, Jean-Baptiste Lully, Jean-Philippe Rameau und anderen spielt, erscheinen auf der Bühne die rekonstruierten Choreografien von Claude-Marc Magny, Raoul Auger Feuillet, des Mr. Couch, des Mr. Hickford und deren Kollegen.

Das sind zierliche und vornehme Tänze, mehr geschritten als geeilt, ohne jeden gestischen und mimischen Überschwang, deren Emotionen, Liebeslust, Liebesleid und Liebesneid durch ein angemessen erstauntes oder erfreutes Gesicht und durch etwas ausladendere Armbewegungen demonstriert werden. Aber bald schon lassen sich Nuancen erkennen, die feine Kunst der nationalen und standesgemäßen Charakterisierung. Den robusten Fischern ist schon einmal ein Sprung erlaubt, bei dem beide Füße den Boden verlassen, und bei den Türken geht es gar wild zu Tanze.

Zuweilen wird eine kunstvolle Arie zelebriert – Christine Maria Rembeck (Sopran) und Richard Wistreich (Bass) – dann wieder heißt es, sich den Damen mit liebenswürdiger Fußarbeit angenehm zu machen. Der Tanzfreund entdeckt voller Entzücken die Vorläufer unserer heutigen, virtuosen Gruppenornamente, der „rondes de jambe“ und „assemblés“ – es war schon alles da im Barock und ist von unseren Choreografen nur noch verfeinert worden. Und so gilt es, eine kleine Überraschung nach der anderen aufzuspüren, was nicht zuletzt der geradezu opulenten Kostüme und der originalen, auf offener Bühne verwandelbaren Kulissen des Schlosstheaters wegen das reine Vergnügen ist. Eigentlich eine Pflichtveranstaltung für Ballettfans. Die aber überließen die – ausverkauften – Plätze leider den Freunden der Barockmusik. Denen freilich hat das über die Maßen konveniert.

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