Dynamik des Stillstands

Der Kalender Dance 2019 mit Fotografien von Gert Weigelt

Es ist es vor allem der Blick des Tänzers Gert Weigelt auf die Tanz-Situation, die im besten Falle, über den festgehaltenen Moment auch etwas von dem vermitteln kann, was diesen Momenten vorangegangen ist und ihnen folgen wird.

Dresden, 11/12/2018

Erst geht der Blick aufs Ganze, dann fallen die Details auf und von den Details geht dann der Blick, wenn auch bei veränderter, stärker konzentrierter Wahrnehmung, wieder hin zum Gesamteindruck. Es ist ist ja jeweils ein ganzer Monat Zeit, sich immer wieder, in unterschiedlichen Stimmungen, auch Tageszeiten, beschwingt durch Klänge oder sensibilisiert, diesen Fotografien von Gert Weigelt im Kalender „Dance“ für das Jahr 2019 zu widmen.

Dynamik des Stillstands und Facetten der Farben in Schwarz-Weiß, so lässt sich das Kalenderblatt für den Monat Juli mit einer Fotografie aus der Choreografie „Cursive II“ von Lin Hwai-min, mit Chou Wei-ping und Sung Chao-chine des Cloud Gate Dance Theatre aus Taiwan umschreiben. Sehr schnell fallen die Haltungen der Hände sowohl des Tänzers als auch der Tänzerin ins Auge, sehr bald wird dann der Blick sanft gelenkt um die Korrespondenzen dieser besonderen Haltungen zur gesamten Körperlichkeit beider wahrzunehmen, deren Blicke wiederum etwas zu betrachten scheinen, was sich uns entzieht. So kommt - und das mag widersinnig klingen - hier der Stillstand in Bewegung. Und das ist es, was so oft die Kunst des Fotografen Gert Weigelt ausmacht, der ja auch nicht zuletzt immer wieder mit den eigenen Inszenierungen der Körper von Tänzerinnen und Tänzern für seine Fotografien auf sich aufmerksam macht.

Hier im Kalender sind es nicht die Atelierbilder, hier ist es vor allem auch der Blick des Tänzers Gert Weigelt auf die besondere Situation der fotografierten Tänzerinnen und Tänzer, die im besten Falle, über den festgehaltenen Moment auch etwas von dem vermitteln kann, was diesen Momenten vorangegangen ist und ihnen folgen wird.

Dafür steht schon das Cover mit Marcos Menha und So-Yeon Kim aus Hans van Manens „Adagio Hammerklavier“ beim Ballett am Rhein in Düsseldorf aus dem Jahr 2017. Szenen aus dieser Ballettkompanie gibt es mehrmals, aber eine Erinnerung an den Choreografen Martin Schläpfer reicht zurück bis ins Jahr 2007, beim ballettmainz, mit der Kreation „3“ für Marlúcia do Amaral und Igor Mamonov.

Die Faszination der Konzentration bestimmt eine Fotografie, wiederum vom Ballett der Deutschen Oper am Rhein, aus dem Jahre 1993. Man sieht sie trotz des „Stillstandes“ in Schwarz-Weiß tanzen, Nadja Saidakova und Jukka Aromaa, im Violinkonzert von Stravinsky von George Balanchine. Alle Fotografien sind in Schwarz-Weiß und dennoch fehlt es nicht an Farben. Auch der Dynamik tut diese Reduktion gut, vor allem beim Spiel mit Licht und Schatten, wie bei „Aluminium“ von Mats Ek, 2010 bei Ballett am Rhein, mit Remus Suchena und Sonny Loksin.

Im April gibt es eine Erinnerung an das Jahr 1976, kunstvolle Unschärfe, aus der die Kraft der Optik sich gehörig Bahn bricht, mit Shonach Mirk und Patrice Touron in „Héliogabale“ von Maurice Bejárt, mit Ballet du XXème siécle. Noch einmal ganz anders, der Blick auf eine Szene mit den verhüllten Figuren in Gerhard Bohners „Bilder einer Ausstellung“ von 1981, zugleich natürlich eine Erinnerung an das Tanztheater Bremen.

Vor zehn Jahren, am 30. Juni 2009, verstarb in Wuppertal Pina Bausch. Ein Foto mit Melanie Maurin in einer für Pina Bausch nicht untypischen, körperlichen Bewegtheit, im Kostüm von Marion Cito, aus „Für die Kinder von gestern, heute und morgen“ von 2005 am Tanztheater Wuppertal, dürfte auch im Oktober viele Erinnerungen wach rufen.



Das Jahr schließt mit einer unwahrscheinlich dynamischen Sicht des Fotografen auf die Haltung der Tänzerin Marie Urvoy in einer Hebefigur mit dem Tänzer David Gernec in der Choreografie „No Think“ von Katarzyna Gdaniec für Cie. Linga aus dem Jahre 2007.

Kommentare

Noch keine Beiträge