„Raymonda“ von Gonzalo Galguera

Mittelalterromanze

„Raymonda“ von Gonzalo Galguera am Ballett Magdeburg

Mit „Raymonda“ setzt der Magdeburger Ballettdirektor Gonzalo Galguera die Reihe der Aufführungen großer Ballettklassiker fort. Geprägt wird der Abend vor allem durch die Primaballerina Lou Beyne.

Magdeburg, 09/04/2018

Trotz Sparzwängen, die die kleineren Theater in ihrem künstlerischen Profil und den Vorhaben in den verschiedenen Sparten einschränken, präsentiert das Theater Magdeburg mit der Inszenierung des 1898 in St. Petersburg uraufgeführten klassischen Balletts „Raymonda“ eine in jeder Beziehung aufwendige, opulente Ballettinszenierung. Gonzalo Galguera bleibt, trotz Veränderungen im Libretto, sehr nahe an der Originalchoreografie von Marius Petipa (es war dessen letzte Choreografie). Auch wenn seine Liebe dem modernen Tanz gilt, hat Galguera in den vergangenen zwölf Jahren immer wieder die Tänzerinnen und Tänzer durch die Aufführung zahlloser Klassiker gefordert und durch solistische Aufgaben gefördert. Man wertete diese Entwicklung mit der Einschätzung, Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt hätte sich zu einem Mekka klassischer Handlungsballette entwickelt. Eines steht außer Frage: Diese „Raymonda“ wäre ohne die Inszenierungen der Ballettklassiker „Cinderella“, „Romeo und Julia“, „Der Nußknacker“, „Dornröschen“, „La Sylphide“, „Coppélia“ und „Le Corsaire“ in den vergangenen Jahren nicht möglich gewesen. Die 22 Ensemblemitglieder sind daran gewachsen und können die tänzerisch anspruchsvollen Solopartien und Ensemblechoreografien meistern.

Dieses Ballett ist auch ein Beispiel dafür, dass – trotz Mittelalterromanze mit der schönen Frau Raymonda, dem edlen Kreuzritter Jean de Brienne und dem dämonischen Araberfürst Abderakman im emotionalen Widerstreit – die Umsetzung kapriziös gewobener Tanzkonzepte mit hohen tänzerischen Anforderungen zeitlos scheinen kann.

Galguera hat durch den Verzicht auf die Figur der „weißen Dame“ die Handlung überschaubarer und glaubhafter gemacht. In mittelalterlicher Pracht eines königlichen Palastes, der unterschiedliche Perspektiven assoziiert (Darko Petrivic), strahlt das Dekor. Dieses historische Ambiente wird noch übertroffen durch die Kostüme, die in raschem Wechsel von Kompanie und sich bestens in das tänzerische Geschehen sich einfügenden Komparsen getragen werden. Besonders attraktiv sind dabei die Kostüme für die maurischen, ungarischen und spanischen Tänze (Josef Jelinek). Mit beiden Ausstattern hat Galguera bereits bei „Dornröschen“ und „Le Corsaire“ erfolgreich zusammengearbeitet.

Geprägt wird der Ballettabend vor allem durch die Magdeburger Primaballerina Lou Beyne. In ihren sieben Soli und den zahlreichen Gruppentänzen zeigt Lou Beyne Ausdruckskraft und Leichtigkeit. Dabei sind Jonathan Milton als Ritter, Jean de Brienne und Raùl Pita Caballero als Sarazenenkrieger Abderakhman ebenbürtige Partner, wobei Caballero sprunggewaltig zwischen Aggressivität und Emotionalität die Szene beherrscht, Milton zuweilen eher zurückhaltend wirkt.

Einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen als Freunde von Raymonda in unterschiedlichen Variationen von Pas de deux und Pas de quatre Narissa Course und Anastatsia Gavrilenkova (Clemence und Henriette) und Adriàn Romàn Ventura sowie Liam White (Bernard und Bèranger). Die Gruppentänze zeigen die Leistungsfähigkeit des Ensembles und die Akribie bei der Einstudierung der Choreografie durch Ballettmeisterin Olga Ilieva.

Alexander Glasunow hat als Auftragswerk für Marius Petipa die Ballettmusik zu Raymonda komponiert. Sie ist spezifisch auf die Choreografie zugeschnitten, verwendet Leitmotive. Besonders hervorzuheben ist im 3. Akt das Klaviersolo „Variation de Raymonda“ und das Harfensolo im Traumbild des 1. Aktes „Tableau de Rêve“. Pawel Poplawski treibt das Tanzgeschehen durch ein sehr subtiles Dirigat der Magdeburgischen Philharmonie voran. Die Choreografie dieses Ballettklassikers festigt den Ruf der Magdeburger Ballettkompanie und setzt nicht nur für ein Mehrspartenhaus in jeder Beziehung Maßstäbe. Der Jubel und die zahllosen Bravos zwischendurch und am Ende zeugen davon.

 

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