„DIVA“ von Gonzalo Galguera, Tanz: Beatrice Piastra, Raúl Pita Caballero, Cristina Salamon Lama, Anastasia Gavrilenkova

Welt des schönen Scheins

Gonzalo Galguera kreiert einen außergewöhnlichen Tanzabend in Magdeburg

In „DIVA“ spürt Galguera der Frage nach, was wenige große Künstlerinnen zu Diven werden lässt. Woran liegt es, dass sie sich erheben und erhoben werden? Und was bedeutet die Diva für uns, das Publikum? Was sehen wir in ihr?

Magdeburg, 09/10/2018

Immer wieder überrascht der Magdeburger Ballettdirektor und Chefchoreograf Gonzalo Galguera mit seiner hoch motivierten und stark verjüngten Kompanie und der Kreation außergewöhnlicher Tanzabende, die auf besondere Art Menschenschicksale thematisieren. Zum Auftakt der Spielzeit gibt es diesmal „DIVA“ zu sehen. Hinter dem allegorischen Titel stehen nicht Episoden aus einem einzelnen schillernden Künstlerleben, wie man es von Marlene Dietrich, Greta Garbo als Hollywood-Filmdiven oder von der Operndiva Maria Callas kennt. Keine Künstlerbiografie wird hier „vertanzt“, und kein Handlungsballett ist hier zu erleben. „DIVA“ beschäftigt sich vielmehr mit den verschiedenen Erscheinungsformen, Eigenschaften und dem Auftreten einer Diva als schillerndes Kaleidoskop. Dabei wechseln die Perspektiven der Betrachtung, die Zuschauer erleben Sehnsüchte, Wünsche und Ängste und werden zum Publikum, das die Diva vergöttert, bewundert und zur Ikone stilisiert.

Acht Bilder stehen jeweils unter einem Motto und zeigen die Diva in prototypischen Situationen wie „Das Fenster zur Seele“, „Die Suche“, „Eintritt in eine neue Welt“, „Diva assoluta“ oder „Sehnsucht“ – also wie sich die Diva inszeniert, sich gegenüber der Konkurrenz behauptet, sich immer wieder selbst erschafft und als Inspirationsquelle für andere einen besonderen Status hat. Dabei spielen Männer im Leben der Diva eine besondere Rolle. Zwischen Verführung und dominanter Geste werden sie zum Objekt der Begierde, zu einer Performance, zur Selbstdarstellung.

Gonzalo Galguera ist mit seinem Abend ein Gesamtkunstwerk gelungen. Choreografie, Bühnenraum, Kostüme und vor allem die Musik sind fein aufeinander abgestimmt. Kostümbildner Stephan Stanisic bekennt sich zu Glanz und Glamour (Roben mit dem Kopfputz und einem Hauch Haute Couture).

Den Bühnenraum schafft Christiane Hercher. Sie zitiert René Magritte und sein berühmtes Gemälde „Das Auge“ in verschiedenen Situationen als Rahmen für die unterschiedlichen Perspektiven: Das Leben als Bühne, als Welt des schönen Scheins mit Bilder- und Posterfragmenten von Magritte wie in dem Bild „Marlene“ mit dem berühmten „Lippensofa“ von Salvador Dalí, das der spanische Künstler der Hollywood-Diva Mae West gewidmet hat.

Die von Thomas Duda, Frontmann des Duos „Schneewittchen“, eigens für diesen Tanzabend komponierte Musik ist modern und trotzdem sehr melodisch. Er verbindet seine durch Percussion charakterisierte Musik mit sanften, melancholischen Klängen. Man merkt, dass Duda schon einmal mit Gonzalo Galguera – damals für die Produktion „Keine Schmerzen“ – zusammengearbeitet hat.

Galgueras Choreografie lässt in rasanten Bewegungsfolgen, die Verschmelzung von Elementen der Klassik, des Modern Dance und der Akrobatik bis hin zur Revue lebendig werden. Vor allem die Herren sorgen in den Tanzbildern mit kraftvoll-athletischer Eleganz für Furore. Für die Titelrolle war eigentlich Leah Allen vorgesehen, die in die Erarbeitung der Rolle mit einbezogen war. Unmittelbar vor der Premiere verletzte sich die Tänzerin. Anastasia Gavrilenkova sprang mühelos ein. In jeder Pose schwelgt die junge Tänzerin als Diva und Mensch zwischen Euphorie und Enttäuschung, Höhenflug und Absturz. Ihr Tanz mit dem Spiegel im finalen Bild „Abschied und Verklärung“ (wieder mit Herren der Kompanie als sehr einfühlsame Partner) ist von großer emotionaler Wirkung.

 

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