Natalia Sologub und Guy Albouy in „Smaragde“ von George Balanchine

Natalia Sologub und Guy Albouy in „Smaragde“ von George Balanchine

Der Tanz geht weiter

Guy Albouy nimmt Abschied von der Bühne

Guy Albouy, seit 2008 erster Solist des Dresdner Semperoper will sich auf keinen Fall zur Ruhe setzten.

Natürlich war es nicht leicht, diese Entscheidung zu fällen. Natürlich kamen auch die Zweifel. Aber dann setzte sich die Erkenntnis durch, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, von der Bühne Abschied zu nehmen, noch in der vollen tänzerischen Kraft, bevor die Zweifel kommen.

Guy Albouy, seit 2008 erster Solist des Dresdner Semperoper Ballett, hat seinen Entschluss gefasst. Am 4. Juli, in einer Aufführung des Balletts „La Bayadère“ tanzt er noch einmal die Partie des edlen Kriegers Solor, in der Ballettgala zum Abschluss der Saison: am 10. Juli der gemeinsame Auftritt mit Natalia Sologub in dem Pas de deux aus „Giselle“. Dann ist die Zeit gekommen, sich mit aller Kraft anderen Aufgaben zu widmen. Albouy will seine Erfahrungen weitergeben an junge Tänzerinnen und Tänzer, an Studierende aus aller Welt, die ab 12. August nun zum fünften Mal zu der von ihm und seiner Frau Marina Antonova gegründeten und geleiteten International Ballet Summer School nach Dresden kommen werden.

Der jetzt 40jährige Guy Albouy wurde in Le Raincy, in Frankreich geboren. Mit fünf Jahren beginnt er zu tanzen, in der Bewegung kann er Fantasien freien Lauf lassen, die Rhythmik vermittelt erste Ansätze des Bewusstseins für Formen. Er findet einen Lehrer in der Schule. Dieser erkennt die Begabung, fördert sie so gut er kann und gibt den entscheidenden Rat: Du musst unter professioneller Anleitung weitermachen. Nächste Station ist das Conservatoire National Superior de Danse in Lyon.

Mit 16 die Chance, auf nach Lausanne, zu keinem Geringeren als Maurice Béjart, um dem Meister den Pas de deux aus dessen Choreografie „Romeo und Julia“ vorzutanzen. Béjart sieht zu, sagt ja, das könnte was werden. Mit solchem Ansporn geht die Ausbildung weiter, geht es zur Bühne: Debüt beim Ballett in Basel, dann nach Spanien und Portugal, es folgt eine der ersten Adressen in Deutschland, das Ballett der Deutschen Oper am Rhein und hier die Begegnung mit dem Choreografen Youri Vamós. Noch eine entscheidende Begegnung, Guy Albouy lernt seine Frau kennen, die Tänzerin Marina Antonova. Vamós kreiert für beide in den Titelpartien eine seiner erfolgreichsten Arbeiten, „Romeo und Julia“, dessen Handlung er in das italienische Mafiamilieu der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts verlegt. Im Hinblick auf die Protagonisten schrieb damals die FAZ, dass keine Wünsche offen bleiben.

Auf diesem Gebiet sieht der Tänzer Guy Albouy seine künftigen Chancen. Die stehen nicht schlecht, denn das Interesse am Ballett ist ungebrochen. Die Faszination dieser Kunst, die von der Fülle der durch sie vermittelten Emotionen lebt, hat sich längst nicht erschöpft. Ballett, das ist für Albouy, eine besondere Chance für die Zuschauer zu sehen, zu staunen und vor allem zu fühlen, und die Poesie der klassischen Ballette, wie etwa „Giselle“ hat nichts an Kraft verloren.

Antonova und Albouy werden auch anderswo in diesen Partien das Publikum begeistern, in Nizza, beim Slowenischen Nationalballett, in Berlin an der Deutschen Oper. Überhaupt kommt eine Zeit der großen Gastspiele, für mehr als zwei Jahre geht es quer durch Europa.

In Leipzig lernt Guy Albouy die Choreografien von Uwe Scholz kennen, ihn selbst leider nicht mehr, denn dessen Arbeiten schätzt er außerordentlich, dass er in einigen seiner Choreografien tanzen konnte möchte er nicht missen auf seinem Weg durch die Epochen und Stile des Tanzes. Dafür stehen Namen wie beispielsweise Balanchine, Boyd, Bejárt, Cranko, Dawson, von Dantzig, Ek, Forsythe, Kylián, Spoerli oder eben Vamós. Von Leipzig aus kommt er aber auch schon mal nach Dresden, vorerst als Gast. Er tanzt hier in der Wiederaufnahme in einer der für ihn bis heute großartigsten Sicht auf den Ballettklassiker „Schwanensee“, John Neumeiers „Illusionen - wie Schwanensee“ von 1976. Später, von Aaron S. Watkin als erster Solist in die Dresdner Kompanie geholt, wird er auch in Neumeiers genialer Nussknacker-Deutung tanzen. In seinen fünf Dresdner Jahren gehen etliche Wünsche in Erfüllung. Es kommt zur Begegnung mit unterschiedlichen Richtungen. Von den Kollegen hier, von den Ballettmeistern, von den Choreografen nimmt er wesentliche Anregungen, die sich längst nicht erledigen mit dem Abschied von der Bühne. Sie werden auch die künftige Arbeit bestimmen. Hier nämlich liege ja die Kraft des Tanzes, des klassischen Balletts zumal, technische Fähigkeiten, choreografische Vorgaben, das ist eine Seite. Aber diesen Partien und Geschichten immer wieder neues Leben einzuhauchen, das ist die Tanzkunst, und da zählen Persönlichkeit und individuelle Ausstrahlung. Tanzen ist ein schöpferischer Vorgang.

Und das gilt es jetzt dem Nachwuchs zu vermitteln. An Plänen und Ideen mangelt es nicht. In Dresden möchte Guy Albouy mit seiner Frau, ohne die er sich seine Karriere nicht vorstellen kann, aber bleiben. Hier und von hier aus, wollen sie weiter zusammenarbeiten.

Und sind wirklich keine Wünsche offen? Na ja, den Onegin in John Crankos berühmter, gleichnamiger Choreografie oder den Armand Duval in Neumeiers „Kameliendame“ hätte er gerne getanzt. Sollte nicht sein. Vielleicht macht das mal einer der Studierenden der Sommerschule und Guy Albouy spürt dann, dass da etwas zu sehen ist − das könnte auf seine Anregungen zurück gehen. Also, der Tanz geht weiter, alles auf Hoffnung, die Zukunft ist offen.

Guy Albouy in „La Bayadère“, am 4.7., in der Gala, am 10.7. 

 

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