Lutz Förster

Professor an der Folkwang Hochschule Essen

Essen , 11/11/2009

Prof. Lutz Förster war schon lange auf meiner Liste der besonderen Lehrer! Seit 1976 bin ich ein großer Fan von Pina Bauschs Tanztheater. Von 1987 bis 88 hatte ich das Glück, als Babysitterin mit der Kompanie auf Tournee gehen zu können, und begleitete das Ensemble nach Tokio, New York, Barcelona, Palermo.

Während dieser Zeit konnte ich die Arbeit der Tänzer von Pina Bausch einmal aus der Nähe beobachten! Fasziniert war ich jedes Mal von der Kraft, der Genauigkeit und dem Humor von Lutz Förster, der wie kein anderer die Bühne als seine Spielwiese in Anspruch zu nehmen wusste! Ich sehe ihn noch vor mir, wie er in dem Stück „1980” in Spitzenschuhen und mit einer langen blonden Perücke auf dem Kopf dem Publikum zurief: „Meine Lehrerin meinte, ich bin ein Riiiesen-Talent!”

Als Lehrer hat er seine Talente weiterentwickelt und ich habe ihn in Essen besucht, wo er die Studenten der Folkwang Hochschule unterrichtete. Der Unterricht von Lutz Förster ist sehr genau; er vermittelt Technik und das finde ich für einen modernen Tanzunterricht ganz wichtig. Angefangen hat er kurz in der Mitte, mit Port de bras. Eine der Übungen nannte er „Historical exercice“, da sie ursprünglich von Cecchetti stammt und er sie von Margaret Craske gelernt hat. Danach geht es für die Studenten an die Stange, wobei sehr viel Wert auf den Unterschied zwischen „tilt, bent und curve”, gelegt wird. Warum die einzelnen Bewegungen stets präzise ausgeführt werden sollten, um am Ende die gewünschte Wirkung zu erzielen und dass ihr Wesen funktionell und nicht rein dekorativ sein sollte, versucht Lutz Förster den jungen Tänzern im Rahmen seines Unterrichts zu vermitteln. Dabei orientiert er sich stets an der Mitte des Raumes, in dem er mit den Studierenden arbeitet, und achtet darauf, dass die Raumwege möglichst genau eingehalten werden.


Sechs Fragen an die „Lehrer, die uns bewegen” 

1. Wie und wann sind Sie zum Unterrichten gekommen? 

Lutz Förster: 1982, bei der Limón Company in New York, als Vorbereitung für einen Workshop mit meinem Lehrer Jean Cébron. Seitdem ging es kontinuierlich weiter.

2. Welche Meister haben Sie nicht vergessen? Und warum? 

Hans Züllig und Jean Cébron. Sie haben gelebt, was sie unterrichtet haben, und sie haben unterrichtet, was sie gelebt haben.

3. Sind Sie der Meinung, dass man das Lehren lernen kann? Wenn ja, wie sollte Ihrer Meinung nach so eine Ausbildung aussehen? 

Eine natürliche pädagogische Begabung vorausgesetzt: Ja. Neben der Vermittlung von methodischen und didaktischen Prinzipien, sollte in erster Linie der Blick für die individuellen Bedürfnisse der Studenten geschult werden.

4. Muss für Sie ein Lehrer professionell getanzt haben? 

Ja!

5. Was ist für Sie das Wichtigste für erfolgreichen Unterricht?

Respekt, Klarheit und Liebe.

6. Welche Korrekturen sollen Ihre Schüler nicht vergessen? 

Sich immer zu fragen: Was? Wie? Wo? Wann? Warum?


Kurzbiographie
Lutz Förster wurde 1953 geboren und begann seine langjährige Tänzerkarriere 1975 bei Pina Bausch. Heute ist er Professor an der Folkwang Hochschule Essen und Sprecher der Ausbildungskonferenz Tanz, einer Initiative von Tanzplan Deutschland. Er studierte an der Folkwang Hochschule in Essen, unter anderem bei Hans Züllig und Jean Cébron, sowie bei der José Limón Company. Bis 1978 war Förster Mitglied des Folkwang Tanzstudios, danach wechselte er ganz zu Pina Bauschs Tanztheater Wuppertal, bei dem er bereits seit 1975 als Gasttänzer tätig war. Ein Stipendium des nordrheinwestfälischen Kulturministeriums ermöglichte es ihm, die Spielzeit 1981/1982 in New York zu verbringen, wo er sich hauptsächlich mit seinen Studien bei der José Limón Company beschäftigte. Im Juli 1984 kehrte er als stellvertretender künstlerischer Direktor neben Carla Maxwell zu diesem Ensemble zurück und tanzte dort unter anderem in Choreografien von José Limón, Anna Sokolow und Meredith Monk. Ab 1986 war Lutz Förster wieder Mitglied beim Tanztheater Wuppertal, arbeitete darüber hinaus frei mit Robert Wilson in Produktionen für die Hamburgische Staatsoper und die Mailänder Scala, und wurde schließlich Professor für zeitgenössischen Tanz und Beauftragter für den Studiengang Tanz an der Folkwang Hochschule. Außerdem arbeitete er als Gastlehrer für das Tanztheater Bochum (Reinhild Hoffmann), das Tanztheater Bremen (Susanne Linke/Urs Dietrich), das Tanztheater Basel (Joachim Schlömer), die City Contemporary Dance Company Hong Kong und das Modern Dance Theatre Ankara, und wurde an den Universitäten von Mexico City, Austin (Texas) und Istanbul sowie bei diversen Sommerakademien in Berlin, München und Wien tätig. 2009 schuf Jerôme Bel das Stück „Lutz Förster” für ihn, das in Utrecht uraufgeführt wurde.
 

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