„WOMAN_MOTHER“, Dokumentarfilm von Klara Harden. Die Tänzerin Mara

„WOMAN_MOTHER“, Dokumentarfilm von Klara Harden. Die Tänzerin Mara

Spagat zwischen Kunst und Familie

„Woman/Mother“ – ein Dokumentarfilm von Klara Harden

Der Balanceakt zwischen Kreativität und Familienarbeit beschäftigt viele Frauen. Der Film zeigt den Konflikt am Beispiel einer Tänzerin ebenso realistisch wie einfühlsam.

Berlin , 29/04/2025

Sie kennen sich, seit sie 15 Jahre alt sind: Mara, Tänzerin und Tanzpädagogin, und Klara, Regisseurin und Kamerafrau. „Mara tanzt, weil ich filme; ich filme, weil sie tanzt“, sagt Klara Harden zu Beginn ihres Dokumentarfilmes „WOMAN/MOTHER“, der jetzt im Rahmen des Dok-Filmfestes in München gezeigt wird. „Es war immer spielerisch. Wir suchten gemeinsam Wege, um uns auszudrücken: Mara mit Bewegung, ich mit der Kamera.“ 

Einige Jahre hatten sich die beiden aus den Augen verloren. Mara heiratete, bekam ein Kind, ihren Sohn Ezra, zog aufs Land in die Steiermark und widmete sich ganz der Familie. Klara studierte an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin. Als Ezra aus dem Gröbsten raus ist, sucht Mara, wie sie sagt, „einen Weg zurück aus der Isolation der Mutterschaft“. Sie will ihre Kreativität wieder neu ausleben und in einem gemeinsamen Projekt mit Klara ihren Tanz mit all den in der Zwischenzeit gemachten Erfahrungen aufladen: „Ich habe ein bisschen das Gefühl, das Universum hat für uns ein Türchen geöffnet. Nach 15 Jahren Dahingondeln und -tuckern ist es jetzt einfach Zeit, auf die Sternschnuppe aufzuspringen und abzufetzen. Also: Let’s fetz!“ 

Und so beginnen die beiden zu experimentieren: Mara tanzt, Klara filmt. Mara schwingt im frühlingsgrünen Wald am Seil zwischen Bäumen, ertastet mit den Füßen einen Baumstamm, sitzt hoch oben in einer Astgabel, eingehüllt in eine große weiße Plane wie in eine überdimensionale Fruchtblase. Und Klara beobachtet, spürt nach mit der Kamera, tastet behutsam die Bewegungen ab, die Mara anbietet. Und sie beobachtet sie gleichermaßen zuhause. Das ganz normale Chaos. Der Spagat zwischen Kunst und Familie. 

Mitten in die kreative Arbeit hinein wird Mara erneut schwanger. Ungeplant. Wie soll es angesichts dessen weitergehen mit ihrem Projekt? Ist es doch nicht der richtige Zeitpunkt dafür? Aber gibt es den je? Sie muss ja nicht unbedingt auf Bäume klettern: „Es geht darum, sichtbar zu machen, was sonst in den Küchen versteckt bleibt. Ich weiß, dass wir noch nie eine Party gebraucht haben, um zu tanzen. Schauen wir, was geht!“ 

Also führen sie das Projekt weiter. Und beziehen den langsam größer werdenden Babybauch einfach mit ein. Mara bewegt sich im fliederfarbenen Morgenmantel, unter dem sich die Babykugel wölbt, durch den Wald, sie räkelt sich im knappen Latex-Body lasziv zwischen Wurzeln, sie reibt sich mit lehmigem Sand ein und schmiegt sich im Wald auf den sandigen Grund, sie steht nackt zwischen vertrockneten Schilfgräsern. Kurzum: Sie experimentiert mit ihrem Körper und der Umgebung. 

Und immer wieder kontrastiert Klara diese behutsame und Maras Künstlerinnen-Ich zugewandten Bewegungen mit dem familiären Alltag. Und mit Maras Trauer über die Mitteilung, dass das Ungeborene mit dem Kopf auf die Kaiserschnittnarbe von Ezras Geburt drückt, was die Gynäkologen dazu veranlasst, auch dieses Kind per Sectio zu holen – die Narbe könnte reißen. Mara macht das extrem zu schaffen, auch noch lange nach der Geburt von Laszlo, dem zweiten Sohn. Sie hätte ihr Kind gerne als Spontangeburt zur Welt gebracht, sie fühlt sich als Versagerin, weil ihr Körper das nicht ermöglicht. Sie trauert um die Möglichkeit, das Kind aus eigener Kraft zu gebären. Auch das verarbeitet sie im Tanz. 

Klara begleitet die Familie mit der Kamera weiterhin. Mehr denn je bleibt Mara in ihrem Muttersein gefangen – die Kinder werden immer wieder krank und erfordern ihre Präsenz. Das zehrt an ihren Kräften: „Ich mag nicht mehr, ich hab‘ keine Lust mehr auf sowas.“ Und doch findet sie einen Weg, ihren Frust loszuwerden: Sie drückt die Kinder ihrem Mann in die Arme, schließt die Tür und tanzt sich in der Küche eine Viertelstunde lang alles aus dem Leib: „Das ist so befreiend und wichtig für mich, dieser Moment des Raustanzens und der Freiheit.“ 

Klara Harden findet für das, was Mara bewegt und umtreibt, eine wunderbar sensible Bildersprache, eine fast poetische Kameraführung. „Ich habe gedacht, ich mache einen Film über Mara, damit sie sichtbar bleibt“, sagt sie am Schluss. „Aber Mara braucht das nicht. Ich brauche das.“ Und Mara? Tanzt! 

 

WOMAN/MOTHER
Kamera und Regie: Klara Harden
Originalfassung (deutsch/englisch) mit englischen Untertiteln
Vorführungen am 9., 12. und 15. Mai 2025 in München 
Nominiert für den Student Award

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