„INVISIBLEPEOPLE“, Film von Alisa Berger 2025, Tanz: Momoko Mei

Das Unsichtbare suchen

„Invisible People“ – ein Film zum Butoh-Tanz

Der experimentelle Dokumentarfilm von Alisa Berger eröffnet einen neuen Blick auf den japanischen Ausdruckstanz und seine Protagonist*innen.

Seit wenigen Tagen ist in Deutschland ein Film in ausgewählten Kinos, der uns den japanischen Butoh-Tanz auf ganz neue Art nahebringt. In sperrigen, nicht gleich eingängigen Portraits von Butoh-Tänzer*innen, vorwiegend im Studio von Kazuo Ohno (1906-2010), der den Butoh erst richtig bekannt gemacht hat, begibt sich die Regisseurin Alisa Berger (38) auf die Suche nach dem Unsichtbaren. Nach dem, was aus Menschen wird, wenn sie verstorben sind, aber auch nach dem, was in ihnen zu Lebzeiten schlummert, sich aber kaum offenbart – außer in dieser sehr speziellen Tanzform. 

Es sind gerade diese Lebensgeschichten, die wir hier in Auszügen erfahren, die den Film zu etwas Besonderem machen. Alisa Berger setzt darin auch Kazuo Ohnos Sohn Yoshito ein kleines Denkmal – er ist während der Dreharbeiten im Januar 2020 verstorben (siehe tanznetz vom 24. Januar 2020). Vor allem die Aufnahmen anlässlich seines letzten Geburtstags 2019 sind sehr berührend und zeigen die große Zuneigung, die Yoshito seitens seiner Schüler*innen erfahren hat. 

Auch den Schmerz anlässlich des Todes des eigenen Vaters hat Alisa Berger in diesen Film mit eingewebt – es sind diese Szenen in der zweiten Hälfte des Films, die ihn zu etwas Besonderem und besonders Sehenswerten machen. 

Teils verstörende Bilder

Wer den Butoh-Tanz nicht näher kennt, wird allerdings die erste halbe Stunde eher als verstörend empfinden. Alisa Berger erklärt hier nicht viel, sondern setzt das Interesse am Thema voraus. So spult sie die Darstellungen verschiedener Butoh-Tänzer hintereinander ab, unterlegt von Erklärtexten zur Person auf Englisch mit deutschen Untertiteln. Es sind teilweise verstörende Bilder grotesk grimassierender Menschen, die seltsam zurechtgemacht sind, teilweise weiß geschminkt, halbnackt oder nur lose mit Fetzen verhüllt. Sie agieren in geschlossenen Räumen, aber auch in der Öffentlichkeit. 

Sie alle suchen nach Möglichkeiten neuer Ausdrucksformen für das Unaussprechliche, für ihre Gefühle, ihr inneres Selbst, das sich über Sprache nicht verständlich machen kann. Sie suchen nach dem Unsichtbaren in uns. Die Bewegung, der Tanz, dient als transformierendes Mittel, um das Eigentliche, Immaterielle zu erkennen. „Der Film richtet den Blick auf das Verborgene“, sagt Alisa Berger selbst über ihr neuestes Werk. „Ich wollte eine tranceartige Erfahrung schaffen, die das Unsichtbare erfahrbar macht – das, was zwischen den Dingen existiert.“ Wer sich dem öffnet, wird diesen Film lieben. 

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