WEIGELT WEEKLY - TANZGESCHICHTEN

Fast 40 Jahre stehe ich nun schon in Diensten von Terpsichore. Als Tänzer und als Fotograf. Wobei zeitlich gesehen das Fotografendasein inzwischen erheblich länger währt als meine Tänzerkarriere gedauert hat. Diese Diese Galerie, die mit 200 Fotos über Jahre bei tanznetz.de entstand, ist so etwas wie die Spielwiese eines Augenzeugen!
Mit Fundstücken aus den vergangenen Jahrzehnten, die den Mainstream des Ballett- Tagesgeschäfts (weitgehend) zu umschiffen versuchen, dafür ein bisschen den Nostalgiker in uns kitzeln, und immer ganz nah an den Menschen sind. Dabei handelt es sich meist nicht um die spektakulären Fotos, nicht um die, die einem Fotografen unbedingt schmeicheln, sondern oft um Schnappschüsse, die zusammen mit meinen kleinen textlichen Erinnerungen Tanzgeschichten und zum Teil auch Tanzgeschichte erzählen.

Birgit Cullberg mit dem Cullbergballett auf Tournée. Hier auf dem Flughafen Kastrup/Kopenhagen. Damals (ca. 1971) gab's noch solche Tretroller für die Passagiere, um die langen Distanzen zwischen den Terminals bequemer zu überbrücken. Birgit war damals etwa 63 Jahre alt, topfit und unseren heutigen „Kickboardern“ um Jahre voraus.

Artisten und Tänzer sind gar nicht so verschieden. Artisten haben allerdings noch mehr Disziplin als Tänzer. Sind noch härter gegen sich selbst. Ich hatte das Privileg durch meine Freunde, die „Elvardos“ (eine Tumbler- und Handstand-Truppe) sehr viel im Artistenmilieu zu verkehren. Das Foto zeigt „Ele“, den Chef der Truppe. Er konnte buchstäblich auf allem und jedem einen „Einarmer“ machen. Hier nutzt er eine Maillol Statue in den Tuillerien. Anfang des Jahres ist er in Kopenhagen gestorben.

Gerhard Bohner hatte 2002 seinen 10. Todestag. Niemand wollte sich so recht seiner erinnern. Dabei fehlt er uns allen seit dem Tage als er von uns ging. (Auch denen, die es gar nicht wissen.) Er fehlt uns wegen seiner unbestechlichen Urteilskraft, seiner Bühnenpräsenz, wegen seiner Querköpfigkeit und Unangepasstheit. Das Foto zeigt ihn ein bißchen privat. Ja, trotz steingehauenem Beckett'schem Profil, konnte er auch lachen.

Zum Glück habe ich das Schild noch Fotografieren können ehe es demontiert wurde. Damals – nach dem Krieg bis in die zweite Hälfte der 60iger Jahre hinein – d i e Topadresse in Sachen Tanzausbildung: Berlin, Fasanenstraße. (Allerdings waren die Räumlichkeiten eher bescheiden: 2 große Zimmer einer Berliner Wohnung – mit Parkettfußboden immerhin!) Ein paar Tänzergenerationen sind an diesem Schild täglich vorbeigegangen.

Merce Cunningham. Ich muß gestehen, daß ich seine Stücke noch nie begriffen habe. Was heißt begreifen? Bei mir rührt sich nix, wenn ich mir das anschaue. Anscheinend fehlt mir das spezielle „Rezeptions -Chromosom“ für seine Ballette. Dennoch, ich versuche es immer wieder. Vielleicht macht's ja irgendwann mal: E U R E K A. Obwohl dieses Foto während einer Pressekonferenz in Bremen entstand, sieht es aus, als wenn er für mich „gesessen“ hätte . Darüber kann sich ein Fotograf unglaublich freuen.

Jean Paul Vroom: Ich schätze mich sehr glücklich zu den Freunden der Vrooms zu zählen. Die Porträts (Ausschnitt aus einem Kontaktbogen) entstanden Mitte der achtziger Jahre, aufgenommen in seinem Atelier an der Amsterdamer Binnenkant. Jean Paul, ursprünglich Maler, hat eine ganze Ära als Ausstatter Hans van Manens geprägt. Darunter so epochemachende Kreationen wie „Große Fuge“ (Bühne), „Adagio Hammerklavier“ und „Fünf Tangos“ (beides Bühne und Kostüme). Heute lebt er, achtzigjährig, nach einem Schlaganfall, in einem Pflegeheim in seiner Heimatstadt Amsterdam.

Das Foto entstand 2000 für die Staatsoper unter den Linden. Natürlich – Sie haben es schon geahnt – stand Balanchines „Fächer“ aus Apollon Musagète Pate, die berühmte Pose, wo Apollo und die drei Musen eine ähnliche Formation bilden.

Damit Sie nicht denken die Inhaberinnen dieser traumhaften Beine müßten sich obenherum verstecken, hier noch der Beweis für die integrale Schönheit meiner fünf Modelle: v.l. Viara Natcheva, Beatrice Knop, Marie-Soisic Cabié, Barbara Schroeder, Bojana Nenadovic.

Das einzige Foto, was ich je von Rolf Garske (gest. 1996) gemacht habe. „Mr. Ballet International“ hat damals wirklich mit seiner Zeitschrift (und dem Ballettbühnen Verlag) europäische Maßstäbe gesetzt, von denen der Friedrich Verlag noch heute zehrt. (Ich will stets dankbar anerkennen, dass ich ohne diese Zeitschrift meinen Ruf als Fotograf nicht in dem Maße hätte etablieren können.) Heute sucht man seinen Namen vergeblich im Impressum des Nachfolgemagazins „ballettanz“. Es wäre eine schöne Geste gewesen, die nichts gekostet und relativ wenig Großmut verlangt hätte. Schade!

Kirsten Simone beim Unterricht in Birger Batholins Studio, Kopenhagen Aaboulevarden. Kirsten war lange eine feste Größe im Ensemble des „Kongelige“ in Kopenhagen . Das ist sie eigentlich noch immer. Allerdings jetzt als Charakterdarstellerin. Erst neulich habe ich sie in „Napoli“ als Mutter gesehen. Ich habe sie noch viele Ballerinenrollen tanzen sehen. Eine wunderbare warmherzige Tänzerin.

Anfang der 70iger Jahre gastierte sie mit uns in Paris (Cullbergballett) als Fräulein Julie (Foto stammt von einer dieser Vorstellungen im Théâtre de la Ville) . In der Rolle des Verlobten ließ sie mich über ihre Peitsche springen. Himmlisch!!

Erik Bruhn war mein großes Idol. Er war die personifizierte Noblesse. Sohn von Apoll und Terpsichore. 1967 bekam ich mein erstes Engagement beim Königlich Schwedischen Ballett, dessen Leitung er gerade übernommen hatte. Das Foto entstand ca. 1980 in Stockholm, als ich schon längst den Ballettschuh gegen den Belichtungsmesser ausgetauscht hatte. Bitte nehmen Sie sich den „Koegler“ zur Hand und schlagen nach unter Bruhn, Erik. Besser und lexikalisch bündiger, kann man's nicht ausdrücken, was es über Erik zu sagen gibt.

Johan Kresnik war natürlich der erste, der sich damals, nach dem Fall der Mauer, der deutschdeutschen Thematik annahm. Seinem Stück „Wendewut“ (Bremen) legte er Günther Gaus' Buch mit gleichem Titel zugrunde. Gaus schien sichtlich amüsiert über Kresniks Bilderwut. Eine Personenkonstellation, die nicht alltäglich ist.

Simona Noja: 1995 entstand dieses Porträt zu einem Zeitpunkt als Simona noch bei Spoerli in Düsseldorf engagiert war. Heute beglückt sie die Wiener mit ihrer großartigen Kunst.

Robert Wilson in Aktion. Kaum einer weiss heute noch, dass Robert Wilson über die Begeisterung zum Tanz ins Theaterfach kam. In den 50er Jahren war er fasziniert von Choreografen wie Balanchine, Cunningham und Graham. Dies Foto stammt aus dem Jahr 1975 und zeigt ihn bei einem Gastspiel im Kulturforum Bonn in kinetischer Aktion. Für die, die mit offenen Ohren herumliefen, war sofort klar, dass dieses Gastspiel der Geheimtip war. Leider habe ich kein Programm mehr davon. Aber ich vermute, diese one-man-show bestand aus Auszügen seines Sückes „A letter to Queen Victoria“.

Bettina Thiel, 1998 erste Solotänzerin der Staatsoper unter den Linden. Die Inkarnation der Weiblichkeit auf der Bühne!

Raimondo Raul Rebeck (triple R), erster Solist an der Deutschen Oper, Berlin. Damals (2000) schaute er an der Staatsoper unter den Linden vorbei, als ich dort eine ganze Serie schoß. Ich habe mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, ihn gleich auch zu porträtieren.

Beatrice Knop, 2000, erste Solistin der Staatsoper unter den Linden. In den letzten Jahren scheint Bea so richtig durchzustarten. Quelle gueule, quel corps!!

Dies ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie aus einem unbedeutenden Schnappschuß ein historisch interessantes Foto werden kann. Entstanden ist es während der Proben zu „Moves“. Jerome Robbins kam damals (nur zu gerne) auf einen Sprung nach Venedig, wo wir mit dem NDT gerade ein Gastspiel im Fenice hatten. Links von ihm steht Mea Venema, die heute Hans van Manens „Sachverwalterin“ ist und rechts Roslyn Anderson, die in der gleichen Funktion für Jiri Kylian arbeitet...

Zweimal habe ich mit Jerome Robbins arbeiten dürfen. Einmal in „Les Noces“ in Stockholm, und das andere Mal beim NDT in „Moves“. Beidesmal habe ich „Jerry“ als die Liebenswürdigkeit in Person erlebt. Die Horrorgeschichten, die man über ihn verbreitete, konnte ich nicht bestätigt finden. Das Porträt entstand gleich draußen vor dem Bühneneingang des Fenice. Natürlich fragte ich ihn artig, ob ich Ihn knipsen dürfte. Ich legte los wie ein Paparazzo und er lächelte sanft und sagte: „You're shooting awfully fast, my son.“

Nadja Saidakova, 1998 erste Solistin der Staatsoper unter den Linden. Mit Nadja habe ich wohl die meisten Fotosessions gemacht...

Kennengelernt habe ich Nadja Saidakova bei einer Probe in Düsseldorf, wo sie mit Karin von Aroldingen an Balanchines „Stravinsky Violin Concerto“ arbeitete. Ich war damals unglaublich beeindruckt von Ihrer unverdorbenen Frische. Mein Video „B A L L E R I N A buchstabieren“ (1996) habe ich Ihr auf den Leib geschneidert.

Sandy Delasalle, erste Solistin der Deutschen Oper, Berlin. Sandys Erscheinung ist unverhohlen und wunderbar damenhaft. Man sieht ihr einfach an, daß sie Französin (im besten Sinne!) ist. Das Foto entstand zu einem Zeitpunkt, als sie noch bei Heinz Spoerli in Düsseldorf tanzte.

Ich muß einfach noch mal auf Erik Bruhn zurück kommen. Am 3. Okt. wäre er 75 Jahre alt geworden. Hier sehen wir ihn auf einer Bühnenprobe zu „La Sylphide“ zusammen mit Carla Fracci. Auch sie eine Unvergleichliche. Geheimnisse rankten sich um die Fertigung Ihres Tutus. Es war von unglaublicher Luftigkeit. Bei jeder ihrer Regungen, schien es mitzuatmen. Magie. Incredibile! Erik gibt gerade dem Dirigenten durch Händeklatschen das richtige Tempo an.

l'Ivan enchaîné - der gefesselte Iwan.
Als Fotograf geht man ja ständig mit diesem gewissen Kamerablick rum. Um aber diesen, einen ständig anspringenden, Knipsversuchungen erst gar nicht zu erliegen, nehme ich so gut wie nie eine Kamera mit.
Hierbei war's anders. Im Vorbeifahren sah ich diese so symbolträchtige Inszenierung (Berlin, Sowjetisches Mahnmal vor dem Brandenburger Tor) und fuhr in mein Hotel um mir die Hasselblad zu schnappen. Dieser Real-Dramatik konnte ich nicht widerstehen.

Mit Cullberg auf schwedischer Provinztour war selten aufregend. In den Provinzstädtchen gab's einen Supermarkt, eine Pizzeria und natürlich das Theater. Damit war's meist genug der „action“. Also mußten wir uns selbst was ausdenken. Zum Glück gab es fast in jedem Hotel eine Sauna. Dort veranstalteten wir gerne kleine Eß- und Trinkgelage und hatten auch sonst viel Spaß. (Heute würde man es wahrscheinlich unter „Wellness“ verbuchen). Das Foto muß ca. 1970 entstanden sein. Man sieht's: Kommune 1 war noch in allen Köpfen. Auch beim deutschen Weigelt in der schwedischen Diaspora.

Für das Programmheft der Staatsoper Berlin (2000) sollte ich eine Reihe von Studioaufnahmen kreieren. Frau Dr. Theobald, die Dramaturgin, hatte damals die brillante Idee mir dieses Projekt anzutragen, und ich machte mir Gedanken. Unter anderem kam mir die Idee der Linie und des Kreises („a circle, a line“). Für mich hat es wirklich dieses Maß der Abstraktion. Eine Einschätzung, die ich von anderen nicht unbedingt erwarten durfte. Also zeigte ich Frau Theobald vorsichtshalber meine Skizze und machte sie darauf aufmerksam, daß das de facto einer Tänzerin „direkt in den Schritt zu Fotografieren“ bedeuten würde. Also nicht gerade „state opera like“. Als Antwort bekam ich ein selten nettes Kompliment : „Aber Herr Weigelt, wenn SIE das Fotografieren, wird das überhaupt nicht so wirken.“ Merci.

1989 in Ulm. Für Philippe Talard sollte ich die gesamte Kompanie portraitieren. Irgendwie stieß ich auf diese Ballerina Barbie und da wir ja im Theater waren, spielten wir Theater: „King Kong und die weiße Frau“ (mit Junior Jones) Ich finde auch heute noch, daß es ein sehr besonderes „Tanz Foto“ ist. Allerdings vermiest einem hier die ständig kontrollierende Schere-im-Kopf das pure Vergnügen. Is it politically correct? Zum Glück ist die schwarz/weiß Verteilung so wie sie ist. Nicht auszudenken wäre es umgekehrt.

Eine Szene aus „Viewers“, Kylians erstem Stück für das NDT aus dem Jahr 1973. Der „Spring ins Feld“ hier ist Johan Meijer, ein exzeptioneller Kollege. Johan besaß eine natürlich katzengleiche Bewegungsqualität und hatte ein seltenes Vermögen sich seine Parts anzuverwandeln. Er war mit charismatischer Körperlichkeit gesegnet. Ein bißchen wie der große Babilée. Allerdings ist ja das NDT Ensemble damals wie heute so gut wie namenlos. „The company is the star“. Oder könnten Sie auch nur drei Namen der Mitglieder aus dem Stegreif nennen?

Birger Bartholin: Nach meinem vollendeten Studium bei Tatjana Gsovsky in Berlin, siedelte ich nach Kopenhagen über, um noch ein Jahr an der damals renommierten Schule von Bartholin zu studieren. Er war ein äußerst kultivierter freundlicher älterer Herr, der seine Lieblingsschüler manchmal zu einem kleinen Gläschen Portwein nach der Klasse verführte. Davon hatte er immer genügend Vorrat in seinem Büro unterm Dach. Später vermittelte er mich an die „Kongelige“ , damit ich bei Vera Volkova studieren konnte. (Diesen Großmut, mich der „Konkurrenz“ zu empfehlen, hätte Tatjana nie aufbringen können). Bartholin hat mir damals prophezeit, daß ich einst meine eigene Kompanie leiten würde. Nun – wie sich's bereits rumgesprochen hat – ist es anders gekommen. Dieses Foto ist ca. Mitte der 80er Jahre entstanden. Ein paar Jahre vor seinem Tod mit 91 Jahren.

1973 Gastspiel mit dem Nederlands Danstheater in Swinging London. Das Foto gewährt einen Blick auf einen kleinen Hinterhof des Sadler's Wells Theaters. (Inzwischen mußte das alte Theater ja - an selber Stelle – einem neuen weichen) Ziemlich morbide dieser Anblick – finden Sie nicht?
Es sind die Kisten des Festival Ballet, das sich wohl gerade, auf wenig galante Art, von „Giselle“ getrennt hat. Mir wird immer noch weh ums Herz, wenn ich das sehe. Ich finde, das hat Gisela nicht verdient . So geht man einfach nicht mit Elfen um – auch wenn sie hie und da zum Männermorden neigen.

Nun, da auch Hans Werner Henze mit der Annahme des Deutschen Tanzpreises (2002) dessen Auslober ehren durfte, ist es legitim ihm auch in meiner Galerie einen Auftritt zu gewähren. Ich mag das Foto ganz einfach. Mir gefiel wie dem großen Komponisten Schwingen aus Orgelpfeifen wachsen. Entstanden ist die Aufnahme ca. 1979/80 im großen Sendesaal des WDR Köln.

Das Ehepaar Kurt Peters und Gisela Peters Rohse. Glückliche Zeiten während der Sommerakademie Köln 1984. Kurt, dessen Sammelleidenschaft wir das heutige Deutsche Tanzarchiv in Köln verdanken, war mit seiner Zeitschrift "Das Tanzarchiv" einer meiner ersten Unterstützer auf dem Weg vom Tänzer zum Fotografen. Gisela ist bis heute eine engagierte und vielreisende Kindertanzpädagogin. Kurt Peters starb1996 starb.

Taipei/Taiwan. Dorthin hatte mich es verschlagen, weil ich meiner Frau Sighilt Pahl hinterher reiste, die für fast drei Monate eine Gastprofessur an der dortigen Hochschule für Tanz hatte. Dieses Foto entstand in der Wohnung meines viel zu früh verstorbenen Kollegen Leon Koning, der damals 1988 als Choreograph und Pädagoge an der selben Universität unterrichtete. Der – mit sparsamer Chinoiserie inszenierte – Tänzer, gehörte damals der Cloud Gate Company an. Ich bin immer wieder dankbar, wie offen, neugierig und generös Tänzer – egal wo auf der Welt – vor meiner Kamera agieren.

Gérard Lemaître im Jahr 1975. Wie stets den Schalk im Nacken. Hier im Kostüm aus „Septet extra“ (Hans van Manen / J.P.Vroom) und dem Hut aus „Strangers“ (Jennifer Muller). Kaum einem anderen Tänzer war eine derart lange und erfolgreiche Bühnenkarriere vergönnt. Gérard ist ein Synonym fürs N.D.T. Er hat so ziemlich alle Kursänderungen der Kompanie unbeschadet überstanden und ist doch erst ganz spät zu einem Begriff geworden, nämlich beim NDT3. Bei der „Seniorenkompanie“ kann man die Tänzer an einer Hand abzählen und ihr Individualismus, bezeichnet durch Ihre Namen, prägt die Stücke. Inzwischen aber – sich der Siebzig allmählich nähernd – hat Gérard den Abschied eingereicht. Er wird uns auf der Bühne fehlen.

Jean Babilée, wohl einer der charismatischsten Tänzer, die je einen Fuß auf die Tanzbühne gesetzt haben. Es muß ca. das Jahr 1962 gewesen sein, als ich meine erste Ballettvorstellung überhaupt sah. Die (hockarätig) zusammengewürfelte Truppe der „Etoiles des Champs Elysée“ tingelte damals durch die Lande und machte auch in Koblenz halt, wo ich noch zur Schule ging. Babilée hat mir mächtig imponiert, weil er in einem der Ballette an einem Barren turnte. Ich war doch auch zu der Zeit Kunstturner und wollte Tänzer werden. Das Erlebnis hat mich in meinem Wunsch sehr bestätigt...
Erst 1979/80 habe ich ihn dann in Paris in Béjart's LIFE (hier mit Elisabeth Platel) wiedergesehen und Fotografieren können. Er war unverändert charismatisch und sportiv. (Immerhin bereits 58 Jahre.) Ein echter Bühnenlöwe.

VerbeugungsFotos haben manchmal einen besonderen Reiz. Hierbei handelt es sich um eine Applausaufnahme im Scheveninger Cirkustheater (damals NDT's feste Spielstätte).
Gerade ist ein, heute so gut wie vergessener, Hans van Manen zu Ende gegangen: „Noble et Sentimental“ von 1975 Musik: Ravel, Bühne: Jean Paul Vroom, Kostüme: Fong-Leng, zu der Zeit eine renommierten Amsterdamer Modedesignerin. Ich fand die Tüllkostüme in ihren Pastellfarben rosa, blau, gelb und grün, mit den „Blumenkohlapplikationen“ sehr witzig. Gérard Lemaitre verbeugt sich noble et modeste mit seinen 4 Partnerinnen: Mea Venema, Jeanne Solan, Roslyn Anderson und Arlette van Boven.

Vor geraumer Zeit bekam ich von LE MONDE eine Anfrage ob ich nicht ein Porträt von Pina habe, wo sie „heureuse“ aussieht. Erst dachte ich, daß ich eine solch irrwitzige Anfrage wohl kaum bedienen könnte. Pina und „glücklich“??? Doch siehe da, ich fand unter den ApplausFotos während des Wuppertaler Festivals von 1998 („Ein Fest in Wuppertal“) eine sehr aufgeräumte, laid back Pina, die einen Ihrer Gäste in der Applausreihe mit einem engelsgleichen Lächeln beschenkt. Na bitte, es geht doch!
LE MONDE war zufrieden, ich war zufrieden und Pina...? Sieht sie nicht bezaubernd aus?

Als Köln noch eine echte Tanzstadt war und all sommerlich die „Woche des modernen Tanzes“ stattfand, gab's damals (Anfang der 80ger Jahre) auch Geld diese mit Plakaten zu bewerben. Jochen Ulrich, damaliger Chef des Tanz Forums und auch für das Festival verantwortlich, ließ meiner Phantasie immer freien Lauf. Ich konnte mich austoben.
Dieses Foto (mit Tony Westwood) gefällt mir nach wie vor sehr. Man muß als Betrachter ein wenig seine assoziativen Kräfte mobilisieren um daraus ein „Tanz“-Foto zu machen. Außerdem hat's Ironie und die ist mir stets sehr wichtig. Die Mannequinbeine habe ich immer mal wieder als Requisit verwendet. Inzwischen könnte ich eine kleine Ausstellung damit realisieren.

Dieses „Trio Infernale“ ist ein Schnappschuß bei den TV Dreharbeiten zu Béjarts Bearbeitung von Ionescos „Die Stühle“ in Köln beim WDR. Béjart der Magier. Ein moderner Dr. Coppelius, der seine Geschöpfe mit hypnotischem Blick manipuliert. Seine „Puppen“ sind in diesem Falle – immerhin! – Marcia Haydée und John Neumeier.

Das Foto entstand 1982 bei den Proben zu „Tutuguri“ (Moses Pendleton) in der Deutschen Oper Berlin. Tatjana Gsovsky und Gert Reinholm beteiligten sich mit ihrer Ballettschule an der Produktion. Gerne hätte ich die beiden damals, in einer richtigen Sitzung, portraitiert. Ich bekam aber leider von beiden einen Korb. So mußte ich mich denn mit einigen ArbeitsFotos begnügen. Zugegebenermaßen sehen meine zwei hochverehrten Lehrer aus den Sechzigern, auf diesem Foto Schleiereulen nicht unähnlich. Dennoch, rückblickend ein aussagekräftiges Dokument.

„Stiletto Heel“ von 1986. Das Thema beschäftigt mich bis heute. Was ist denn der extreme Stöckelschuh anderes als eine „Fußhilfe“ um auf die hohe halbe Spitze zu kommen? Und klappt man den Absatz ein (wie es Allan Jones in seinen erotischen Arbeiten „auf die Spitze getrieben“ hat) und hievt sich dann auch noch diese ca.6 Zentimeter auf die Zehen, dann haben wir die „Pointe“. Voilà!

Isabel Gerber vom Ballett Frankfurt , 1988. Isabel gelingt hier wirklich die perfekte Transformation in eine Eisläuferin. Man meint, statt des Spitzenschuhs, die Kufen zu sehen. Allerdings hatte das auch seinen Preis. Da sie natürlich, um ein Ergebnis zu erzielen, die Bewegung öfter für die Kamera machen mußte, litt ihr rechter Oberschenkel am nächsten Tag unter heftigstem Muskelkater. Eine Erfahrung, die schon mancher Tänzer und manche Tänzerin gemacht hat, der/die mit mir arbeitete. (Wie wir hier in Köln sagen: „Von nix kütt nix“ - auch in der Fotografie nicht.)

Ulrich Tegeder war ein sehr geschätzter Freund, der viel zu früh starb (1996). Gerade mal die Sechzig hatte er da touchiert. Uli war, bei aller journalistischer Abgeklärtheit, ein brennender Tanzliebhaber, unbestechlicher Kritiker und ausgezeichneter Dokumentarist, der über das Tagesinteresse hinaus zu produzieren wußte. Meist arbeitete er für die Deutsche Welle was zur Folge hatte, daß man diese Beiträge hier bei uns gar nicht sehen konnte, da sie für den außereuropäischen Raum gedreht wurden. Zum Glück sind viele seiner Beiträge heute in einschlägigen Archiven zugänglich.

Gayathri. Eine bezaubernde indische Tänzerin, die Ende der siebziger Jahre nach Köln kam, um Vorstellungen und Lectures zu geben. Ich habe viel dabei über Bharata Natyam erfahren und auch erkennen müssen wie schwer es ist diesen Tanz kongenial zu Fotografieren. Das Portrait entstand nach einem Zwei-Stunden-Schminkmarathon, den ich von vorne bis hinten mit meiner Kamera begleiten durfte.

Zwei mal Steffi Scherzer: Inzwischen hat sich nun auch unsere letzte deutsche Prima Ballerina „a. D.“ gemeldet. Ich hatte das Privileg sie, in den vier Jahren, die ich für die Kompanie der Staatsoper unter den Linden gearbeitet habe, oft mit der Kamera beobachten zu dürfen. Hier sehen wir Sie bei einer „Giselle“-Probe in Erholungsstellung. Dieses Foto machte ich ziemlich kurz nach dem Mauerfall bei einem Berlinbesuch und...

...hier sehen wir Sie in einem kürzlich entstandenen Studioportrait (2001). Gute zehn Jahre liegen also zwischen diesen beiden Aufnahmen. Fast ein Tänzerleben.

Obwohl die Portraitserie, aus der diese Aufnahmen stammen, schon 21 Jahre auf dem Buckel hat, hat sich Lesley Leslie-Spinks nicht wesentlich verändert. Die früh Ergraute trägt heute (bis in die Haarspitzen) Weiß, aber das fragile Madonnengesicht ist ihr geblieben. Lesley, aus Kanada stammend, bestimmt seit den siebziger Jahren die TanzFotografie in Stockholm und vornehmlich die des „Cullbergbaletten“. Kein anderer Fotograf hat den Choreographen Mats Ek derart umfangreich, kompetent und Stil bildend verfolgt. Man hat ihr nicht gerade Blütenblätter auf den Weg gestreut. Beharrlichkeit, genährt aus ihrer Liebe zum Tanz, ließen sie die langen Durststrecken überwinden.
Für diese Hingabe und Leistung bekommt sie nun die Medaille der schwedischen Carina Ari Siftung . („Für die verdienstvollsten Förderer der schwedischen Tanzkunst“ - die erste Medaille ging 1961 an Birgit Cullberg). Eine außergewöhnliche Auszeichnung, wie ich finde. Nein, fast ein mittleres Erdbeben in der Tanzlandschaft (aus der Perspektive eines Fotografen). Oder könnte mir irgendeiner etwas Vergleichbares nennen?
Einen Ehrenpreis für die TanzFotografie, wo hat es das denn schon einmal gegeben? Haben Ken Duncan, Max Waldmann oder Jack Mitchell eine vergleichbare Würdigung in den USA. erfahren? Anthony Crickmay in England? Oder der unvergleichliche Siegfried Enkelmann bei uns, der die gesamte deutsche Nachkriegsballettlandschaft bis weit in die sechziger Jahre visuell geprägt hat? Ich fürchte wir werden nicht fündig.
Ich gratuliere meiner Kollegin und langjährigen Freundin Lesley zu dieser Ehrung von ganzem Herzen und gleichzeitig auch der Jury, die damit die Arbeit der TanzFotografie generell ins Blickfeld gerückt hat.

Es gibt Gesichter, die mich derart beeindrucken, daß ich sogar meine Schüchternheit überwinde, um sie vor meine Kamera zu bekommen (und mir dann auch jegliche Inszenierung versage.) Lucie Clémont war so ein Fall.
Zusammen mit ihrer Klasse war sie von der Pariser Opernschule nach Köln zur Sommerakademie gekommen. Das war 1991. Die Sommerakademie gibt's nicht mehr und Lucie, die damals sweet sixteen war, müßte nun in der Blüte ihrer Jahre stehen. Was ist wohl aus ihr geworden? Ich würde zu gerne wissen wie dieses engelsgleiche Gesicht von damals heute aussieht.

Katarina Svetlova, ein Name den man sich wohl merken muß. Sie tanzt zur Zeit in Düsseldorf (Ich sah sie in der Titelrolle von Neumeiers „Sylvia“ und war sofort begeistert von ihr). Auf meine Anfrage hin war sie sofort bereit mit mir zu arbeiten. Sie bewegte sich in meinem Atelier als ob wir schon ewig zusammen gearbeitet hätten. Hier sehen Sie sie in einem Portrait: „dedans“...

...und hier in einer Körperinszenierung: „Zentaurin“. Beide Arbeiten also ganz frisch, vom April diesen Jahres.

Während meiner Zeit als Tänzer beim Nederlands Danstheater stand Louis Falco als Choreograph hoch im Kurs. Er realisierte einige Projekte mit der Kompanie und zusammen mit seinem Ausstatter Bill Katz konnten die beiden sich dann auch all das leisten, was sie sich mit der eigenen Gruppe versagen mußten. Ein paar Monate vor seinem (Aids-) Tod 1993 bin ich ihm noch einmal begegnet. Ich ahnte nicht, dass er sich auf einer Abschiedstour befand. Er strahlte solch eine melancholische Heiterkeit aus, die ich mir erst später erklären konnte.

Auch Jennifer Muller wuchs aus der José Limon Company, genau wie Louis Falco. Bevor sie ihre eigene Truppe „Jennifer Muller/The works“ gründete, war sie eine der profiliertesten Solistinnen der Louis Falco Dance Company und auch Louis' Assistentin und Vertraute. Mitte der siebziger Jahre kreierte sie dann auch ihre eigenen Arbeiten für's NDT: „American Beauty Rose“ und das abendfüllende „Strangers“.

Unerklärlich, warum nicht schon längst ein ausgeschlafener Dramaturg auf die Idee gekommen ist die Wilis als Drakula-Wesen auf die Bühne zu bringen...?! Nun, ich hab's mal vor Jahren per Fotoinszenierung versucht. Voilà : Hier posiert Sighilt Pahl als Myrtha mit entsichertem Gebiss.

Noch ehe ich zum NDT kam, kannte ich den englischen Fotografen Anthony Crickmay von seinen Arbeiten her. Es waren seine Fotos der Truppe, die mich heiß darauf machten dort tanzen zu wollen. Als ich dann dort war, konnte ich ihn ein paar Mal „in action“ erleben. Er benutzte nie eine Kleinbildkamera sondern nur seine Hasselblad und nicht etwa eine mit Motordrive. Ohne Stativ, zwischen den Tänzern auf der Bühne agierend, rutschte er auf den Knien herum.

Damals arrangierte man regelrechte Photosessions nur für ihn. Crickmay kam ja aus London und da mußte man die Sache schon gut vorbereiten, um seinen Besuch auch worthwhile zu machen. Also mietete man ein Theater (damals hatte das NDT noch keine eigene Bühne) und brachte Produktion nach Produktion nur für ihn auf die Bretter. Kaum eine andere Ära der Kompanie ist derart zwingend und nachhaltig einprägsam ins Bild gerückt worden. Thanks to Anthony Crickmay!

Hans Brenaa, (1910 - 1988) war einer der Bournonvilleexperten des Königlich Dänischen Balletts, der noch den Stil mit der Muttermilch aufgenommen hatte. Er kam immer mal wieder nach Den Haag um uns NDT-Tänzern ein wenig „auf die Sprünge“ zu helfen. Die kleinen schnellen Battus (danish dynamite), die Épaulements, die unerwarteten Richtungswechsel, das sind morgendliche Herausforderungen bei denen man hellwach sein muß.

Abgesehen von Bournonville, liebte Hans Brenaa allerdings auch das Bier (siehe T-shirt) und die dicken Zigarren. Sein Standard-Wahlspruch war (ganz dänischer Prinz!): „Two beer or not two beer“.

Die Haltung dieser Tänzerin von Degas (Carlsberg Glyptothek, Kopenhagen; aufgenommen 1977) ist wirklich exemplarisch für eine „en dehors Tänzerin“ und von Degas äußerst scharf beobachtet. Seit dem Entstehungsjahr 1880 mögen sich die Physiognomien der Tänzerinnen dem Zeitgeschmack und den Anforderungen der Choreografie stetig angepaßt haben. Allein die Körpersprache einer Tänzerin in Ruhestellung hat sich kaum gewandelt. Noch heute kann man Zwillingsschwestern dieser kleinen Degas Tänzerin finden – aus Fleisch und Blut.

Zu Zeiten als Hans van Manen noch mit Begeisterung fotografierte konnten wir halbe Nächte lang über Fotografie reden und auch ziemlich albern werden. Jedenfalls hatten wir immer einen Riesenspaß. Ich vermute mal, dass wir hier gerade von den Dadaisten inspiriert waren, die sich ja auch mit Vorliebe verkleideten und schminkten. Diese Aufnahme ist mit Selbstauslöser gemacht. v.l.n.r.: Gert Weigelt; Hans van Manen; Paul Blanca (ein holländischer Fotograf der seinerzeit zum engsten kreativen Kreis dazugehörte)

Mein erster Venedigbesuch war 1971 (mit dem Cullbergballett zum Gastspiel in das märchenhafte La Fenice.) Natürlich war es ein ausgesprochenes MUSS zur Friedhofsinsel San Michele zu pilgern um dem großen Diaghilew die Ehre zu erweisen. Kurz zuvor war Stravinsky gestorben. Er fand ein Stück weiter, zu seiner Rechten, die letzte Ruhe. Sein Grab war noch frisch aufgeschüttet und mit verwelkten Blumen bedeckt. Es trug ein kleines improvisiertes Holztäfelchen mit der Nummer 36 und einer krakeligen Aufschrift „Igor Stravinsky“.

So sieht er also aus: Peter Pabst, der uns seit der Produktion „Nelken“ (1982) mit seinen wunderbaren Bühnenräumen beglückt, in denen Pina Bausch ihr choreografisches und theatrales Genie entfalten kann. Neben seinem Engagement für das Tanztheater Wuppertal ist Peter Pabst allerdings noch ein vielbeschäftigter Kostüm- und Bühnenbildner an fast allen großen europäischen Opernhäusern.

Adresse: NDT Koningstraat 118 Den Haag. Vor 29 Jahren. Fast hatte ich es vergessen... Es geschah hin und wieder, dass das „Nederlands Ballet Orchester“ zu Proben ins Studio kam. Die Musiker füllten dann den kleinen Ballettsaal aus, während wir Tänzer auf der kleinen, emporeartigen Bühne die Choreografie auf ein Bonsaiformat reduzieren mussten. Das Studio platzte dann aus allen Nähten. Hier wird Hans van Manens „Noble et Sentimental“ geprobt. Hans selbst verfolgt mit kritischem Blick Gérard Lemaître und Roslyn Anderson. Unten, bei den Musikern stehend, schaut Nils Christe zu.

Ein Tänzerbauch. Je mehr Falten desto besser. Versuchen Sie's mal! Wenn Sie nur noch eine dicke Falte zählen, ist's zu spät.

Jiri Kylian, Anno 1974. Ein Gesicht wie das von Aramis dem Musketier. Aber selbst nach 30 Jahren ist sich Jiri äußerlich treu geblieben. Wenn er auch heute durch das Grau, das sich eingeschlichen hat, eher zu Richelieu tendiert.

Ein unbeobachteter, nachdenklicher Moment während des Drehs von „BALLERINA buchstabieren“ in meinem Kölner Studio. Es ist Nadja Saidakova, die sich da in ihren eigenen Schatten vertieft.

„Drei Grazien - hängend“ (1984) ist eine Studioarbeit mit drei Tänzerinnen vom einstigen Tanzforum Köln, mit Ellen D. Barrett, Dari Cardyn und Rosangela Calheiros. Das Foto war Teil einer ganzen Serie die um das Thema Gravitation kreiste.

Es ist still geworden um Glen Tetley. Schade! Seine Stücke gaben den Repertoires der großen Kompanien immer eine spezielle Farbe. Seine „Mythical Hunters“ und „Arena“ habe ich beim NDT noch selbst getanzt. Das letztere war so ein Lungenreißer, daß man nach dem Schlußvorhang nah am Erbrechen vor Erschöpfung war.

Hier ist Glen zusammen mit Mette Ida Kirk bei den Proben zu „Voluntaries“ beim Kongelige Ballet in Kopenhagen zu sehen.

Hier sehen Sie Yehudith Arnon, die Gründerin und langjährige Chefin der Kibbutz Dance Company, die ihren Posten vor ein paar Jahren an Rami Be'er weitergegeben hat, mit meiner Frau Sighilt Pahl. Yehudith, eine liebe Freundin von uns, hat als junges Mädchen Auschwitz überlebt und bis heute erinnert die tätowierte KZ Nummer auf ihrem Unterarm daran. Erheitert (?) erzählte sie uns einmal, dass ein junger Israeli annahm, sie habe sich eine Telefonnummer dort zum Memorieren mit Kuli aufgeschrieben und das ungemein smart fand.

Noch einmal Kibbutz Dance Company: Dieses Foto ist aus dem wunderbaren Ballett das Rami Be'er zu Brittens „Young peoples Guide to the Orchestra“ choreografierte. Schon damals dachte ich, daß sich Kompanien eigentlich um diese Produktion reissen müssten. Vor allem die, die Programme für die Jugend in ihrem Repertoire haben.

Auf bezaubernde Weise gelingt es Be'er die musikalische Vorgabe kongenial und witzig auf seine Tänzer zu übertragen. Nicht zuletzt Dank der erfindungsreichen Kostüme. Inzwischen hat Rami seinen Durchbruch geschafft mit Stücken wie „Screensaver“ und „Aide memoire“.

Jeden Besuch eines Balletttrainings (mit oder ohne Kamera) empfinde ich als ungemein wohltuend. Es ist jedesmal so, als ob mein Auge seine Aufmerksamkeit und sein Formgefühl aufs Neue mit dem Wesentlichen schult und sich gleichzeitig entspannt.

Ich kann nur allen meinen Kollegen raten, sich einer solchen Katharsis öfter zu unterziehen. Nirgendwo finden wir die Essenz dessen, was auf der Bühne später geschieht, so schnörkellos wie in einem klassischen Training.

Hier sehen wir das „Stretching“ nach dem Stangenexercise, bevor man „in die Mitte“ geht. Es ist die Gulbenkian Dance Company in Lissabon.

Niklas Ek ist der Sohn von Birgit Cullberg und der Bruder von Mats Ek. Hier tanzt er mit Mona Elgh in Cullbergs Pas de Deux „Rotwein in grünem Glas“ (1972). Niklas steht nun schon 40 Jahre auf der Bühne und – wie er mir neulich verriet – ist das nicht ohne Tributzahlungen in Form von Wehwehchen abgelaufen. Dennoch hat Niklas mit seinen 60 Jahren noch einen unglaublich flexiblen Körper. Das ist umso erstaunlicher, als er sich nie geschont hat. Er war stets ein Besessener, der mit einer unstillbaren Gier alle Rollen an sich gerissen, und dabei selten enttäuscht hat.

Den Regisseur Christof Nel lernte ich beim Ballett Frankfurt kennen, für das er mit dem Komponisten Heiner Goebbels seinerzeit „Thränen des Vaterlands“ kreierte (vor ca. zwanzig Jahren). Später lud er mich dann verschiedentlich zu Ausflügen in Oper und Schauspiel ein. Diese „Seitensprünge“ bereiteten mir immer einen Riesenspaß.

Christof machte mir einmal das schönste Kompliment (Choreographen sind da nicht so generös – obwohl mir einige sicherlich mehr verdanken als Christof Nel). Beim Anschauen meiner Fotos sagte er spontan: „so möchte ich, dass das Publikum mein Stück sieht!“ Dieser Schnappschuss entstand während der Produktion „Wortpest“ am (alten) TAT in Frankfurt.

Ich habe Ihnen die Kostüm-/Bühnenbildner Jean Paul Vroom und Peter Pabst bereits vorgestellt. Hier noch einer, der als Nachfolger von JP Vroom mit Hans van Manen eine „liaison artistique“ eingegangen ist. Keso Dekker und Hans v. Manen gibt es nur im Doppelpack. Beide verbindet eine kongeniale Ästhetik.

Passend zum bunten Herbst endlich mal Colore! Nachdem ich Sie bereits nach St. Michele/Venedig ans Grab von Diaghilev und Stravinsky geführt habe, ist es nur recht und billig Ihnen Tschaikowskys und Petipa nicht vorzuenthalten...

Beide ruhen, nicht weit voneinander entfernt, auf dem Tichwiner Friedhof beim Alexander Newskij Kloster in St. Petersburg.

Mary Skeaping (1902-1984) lernte ich während meiner Zeit beim Königlich Schwedischen Ballett kennen (Ende Sechziger/Anfang siebziger Jahre). Als ausgewiesene Expertin für historischen Tanz (vornehmlich Barock) kam sie alle Sommer nach Stockholm, um dort am Drottningholmer Schloßtheater Tanzeinlagen zu choreographieren. Vordem war Mary Skeaping, als sie noch keine „alte Dame“ war, Direktrice des Königlich Schwedischen Balletts von 1953-1962...

Tänzer sind ja im Allgemeinen nicht gerade verrückt danach Operneinlagen zu tanzen, doch in diesem Fall war's ganz anders: Wir liebten diese sommerlichen Ausflüge an den Rand der Stadt, wo, einen Steinwurf von der Sommerresidenz der Königlichen Familie entfernt, das bezaubernde barocke Theater inmitten eines alten englischen Gartens liegt. Das von Gustav III. gegründete Haus ist völlig intakt und funktionsfähig in die Neuzeit herübergerettet worden. Die originale Bühnenmechanik kann in wenigen Sekunden den Hades ins Elysium verwandeln.

Diese Woche „tanznetz“ toute en famille. Voilà : Horst Koegler – von vielen auch vertraulich liebevoll „oe“ genannt. Ich weiß zwar nicht mehr über was er damals referiert hat, es muss sich aber wohl um einen Tanz Forum „Blickpunkt“ gehandelt haben. Eine Veranstaltungsreihe, die alle paar Monate im Foyer der Kölner Oper stattfand. Das fesche, trendy Hemd signalisiert uns die späten siebziger Jahre.

1973 führte mich eine NDT -Tournee ins Théâtre des Champs-Elysées. Mein Puls hat damals, beim Betreten der „heiligen Halle“ ziemlich ausgeschlagen. Zwar hatte ich vorher auch schon auf den Brettern der Grand Opéra (Opéra Garnier) getanzt, die ja bekanntlich auch einen recht historienträchtigen Bodenbelag abgeben. Jedoch die Vorstellung im selben Theater aufzutreten, in dem vor fast genau 60 Jahren die Ballets Russes mit „Le Sacre du Printemps“ einen Sturm entfachten, gab mir den ultimativen Kick.

Dieser Beitrag zum „ww“ wurde ein paar Wochen vor Uwe Scholz' Tod geplant und vorbereitet. So will ich denn auch das Unterbewusste, dass in dieser Koinzidenz liegt, unmanipuliert an Sie weitergeben:

Im Jahre 2000 choreographierte Uwe Scholz für die Staatsoper in Berlin den Abend, der unter dem Titel „Ein Lindentraum“ lief. Da ich damals eine ganze Serie für das Programmheft konzipierte, hatte ich mein kleines „Reiseatelier“ sowieso aufgebaut und war froh, Uwe Scholz in einer ordentlichen Sitzung porträtieren zu können. Bei der ersten Verabredung versetzte er mich zwar, dafür schmiss er sich bei der zweiten dann so richtig ins Zeug.

Dies hier ist sicherlich keines der „offiziellen“ Porträts, aber wir beide fanden es denn doch zu schön, um es dem ewigen Vergessen zu überlassen.

Helmut Scheier hat sich aus Altergründen aus dem Ballett-Tagesgeschäft zurückgezogen. Als ich 1975 nach Köln kam, war er einer der fleißigsten Rezensenten, und einer, der aus seiner großen Liebe für den Tanz nie einen Hehl machte (eine ausgesprochen ungünstige Einstellung, wenn man auf diesem Gebiet Karriere machen möchte). Dieses Foto entstand 1976 als wir einen gemeinsamen Ausflug in meine alte Heimat Den Haag unternahmen, ...

... wo Gerhard Bohner gerade sein einziges Ballett für das NDT einstudierte: „Unterwegs“! (Links von Gerhard: Gerald Tibbs, der seit vielen Jahren NDT2 leitet.)

Norman Morrice: „That is the Show“! Nie davon gehört? Ja, es ist merkwürdig wie manche Namen einfach verschwinden. Anyway: Damals, als ich Mitte der Siebziger nach Köln kam, stand dieses wunderschöne Ballett noch auf dem Spielplan des Tanz Forums.

Der Brite Norman Morrice choreographierte es zu Luciano Berios „Sinfonia“ . Diese faszinierende Musik für acht Stimmen und Orchester verwendete schon Hans van Manen für sein „Keep Going“. Die Fotocollage aus „That is the Show“ entstand ganz unwillentlich durch einen Kamerafehler. Und wie so oft kommt bei einem falschen Fehler etwas Vernünftiges heraus.

1970 lernte ich beim Cullberg Ballett noch die Rolle des Fahnenträgers (Der Grüne Tisch) vom Maestro persönlich. Kurt Jooss war über die Maßen liebenswürdig und absolut undogmatisch, was seine Choreographie anbelangte.

Später traf ich ihn in Köln wieder. Das Tanz Forum war ja seinerzeit das einzige Ensemble, das alle vier überlieferten Ballette von Jooss tanzte. Hier demonstriert er, mit weit ausholender Sensen-Bewegung, den Tod.

Köln,Tanz Forum ca. 1977: Ariane , die Tochter des Tänzerpaares Ralf Harster und Francoise Mothes mogelt sich während eines Trainings zwischen die Großen. Heute hat Ariane (die übrigens keine Tänzerin geworden ist) selbst Kinder.

Carel Birnie gehörte zu den Gründervätern des NDT. Er war ein ausgefuchstes Schlitzohr und schreckte vor keiner Finte zurück um seine Visionen durchzusetzen. Es gibt böse Zungen die behaupten, das NDT Theater an der Spui in Den Haag, sei auf den Knochen der Tänzer errichtet worden. Im Alter wurde Carel etwas schwerhörig, wußte aber selbst dieses Defizit für sich zu nutzen. Wenn man ihm mal einen pointierten Satz in einer Vertragsverhandlung an den Kopf warf, dann machte er die Geste (wie auf diesem Portrait) und gab vor nicht verstanden zu haben. Damit ließ er jegliche Attacke ins Leere laufen. Aber ohne ihn hätte die Kompanie damals wohl nie diese steile Karriere machen können.

Immer wieder ist es die Arabesque die mich zur Reflexion zwingt. Die Pose par excellence des Klassischen Balletts. Verhöhnt, parodiert und als Cliché missbraucht. Für Hans van Manen zum Sechzigsten habe ich diese reinste aller Formen in einem Kurzfilm („Arabesque - eine Autopsie“) in ihre Einzelteile zerlegt. Hier, in diesem Foto (Arabesque_Mondriaanesque), finden sie ihr Profil bis auf die Knochen seziert. Nächste Woche zeige ich Ihnen eine sehr viel ungewöhnlichere Perspektive.

Auch das eine Arabesque. En face, plié, maskulin. Der Titel: „Standbein / Spielbein“ drängte sich mir förmlich auf. Pardon!

Achim Freyer, begehrter Ausstatter/Opernregisseur/Erfinder von Bildwelten, hatte am Anfang seiner Theaterkarriere (ursprünglich kommt er von der Malerei) keine Berührungsängste mit dem Tanz. Im Gegenteil. Wie so viele seiner Zunft nutzte er die Offenheit und Bereitschaft der Tänzer, seine Ideen zu verwirklichen. Zusammen mit Maurizio Kagel schuf er damals in den späten 70er Jahren, beim Tanzforum Köln, ganz wunderbar poetische Bühnenkunststücke. ...

Hier sein Stück „Aktion-Reaktion“ mit den Tänzern Ralf Harster und Michael Molnar. Die transparente, von unten beleuchtete helle Fläche, wird von dem „Schwarzen Mann“ im Laufe des Stückes schwarz übermalt. Ach, könnten sich nur die heutigen, zappelnden Möchte-gern-Avantgardisten der „Off-Scene“ ein Scheibchen von Freyers Tugenden abschneiden.

Giora Manor, guter Freund, israelischer Tanzpublizist und „Zugvogel“. Mit konstanter Regelmäßigkeit besucht er mindestens ein Mal pro Jahr unsere Breitengrade. Bei seinem vorletzten Besuch entstand dieses Portrait. Peinlicher Weise mußte er die Prozedur am nächsten Tag noch mal über sich ergehen lassen, da ich beim ersten Mal vergaß einen Film einzulegen. Ein Fluch von dem alle Fotografen hin und wieder heimgesucht werden.

Oft weiß ich nicht was der Auslöser für meine Bildideen ist. Meist materialisieren sie sich auf verschlungenen Pfaden. Bei „Die Naht“ war es allerdings ganz klar eine Szene aus einem Bausch Stück.

Überhaupt ist es ja das Tanztheater (und ausschließlich das „made in Wuppertal“), das - vor allem in seinen Anfängen -, fast „flächendeckend“ alle anderen Künste inspirierte. In besonderem Maße das Schauspiel. Wobei es sich wiederum selbst an anderen Inspirationsquellen schadlos hält. Und so sollte es sein.

„Tutuguri“ (nach Artaud's „Ritus der schwarzen Sonne“) Damals im kleinen West Berlin wurde noch was gewagt und - wenn man es mit der heutigen nicht enden wollenden tränenreichen Zeit vergleicht - enorm viel gewonnen. Kein geringerer als Wolfgang Rihm erhielt damals den Kompositionsauftrag. Moses Pendelton (Pilobolus) schuf die Choreographie. Aus dieser Mixtur entstand (1982) ein fulminantes Bühnenspektakel.

Manchmal beneide ich die Architektur- Landschafts und StillFotografen. Sie haben Objekte vor der Kamera die unendlich viel Geduld mitbringen, sich nicht erkälten können, keine Krämpfe bekommen und zu keiner Verabredung müssen. Wenn ich dann einen meiner wenigen Ausflüge in das Genre mache („bodyless“) dann entwickelt sich dennoch, nolens volens, eine theatrale Qualität. Voilà: „Dreifaltigkeit“ (Trinité) aus dem Jahr 1976

Zu Zeiten als der Ballett-Main in Frankfurt noch richtig herum floss. Das Team Heiner Goebbels (Musik) und Christof Nel (Regie) erarbeiteten 1986 mit dem Forsythe Ensemble gemeinsam das Stück „Thränen des Vaterlands“ (frei nach Gryphius). Unglaublich beeindruckt war ich damals von dem Einfall das ganze Ensemble auf unterschiedlich gestimmten Orgelpfeiffen „Oh Haupt voll Blut und Wunden“ intonieren zu lassen. Beim arbeiten, so entsinne ich mich, schossen mir die Tränen in die Augen. Leider kann Fotografie nicht in Tönen schwelgen.

Ich glaube jeder Fotograf ist schon einmal der Exotik der Travestie verfallen - wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Ca. 1978 hatte ich diese Gelegenheit bei den „Folies Parisiennes“. Damals habe ich die Truppe, die im Kölner „Senftöpfchen“ gastierte, ausgiebig porträtiert; während der Vorstellungen, hinter den Kulissen und in den Garderoben.

Einer der profiliertesten Darsteller war Bob Lockwood, der unter anderem eine unglaubliche Kopie der Monroe auf die Bühne spukte. Wie Sie sehen, konnte er das auch ohne volles Bühnenlametta. Tragischerweise setzte ein Unfalltod seiner Karriere ein frühes Ende.

Athen, Herodes Attikus Theater, ca. 1975. Ich war zufällig in Athen und überglücklich die Béjart-Truppe dort anzutreffen (damals noch „Ballet du XXième Siècle“). Sie probten im alten Gemäuer des Amphietheaters früh morgens und in der Kühle der Nacht nach den Vorstellungen. Tagsüber war die Hitze unerträglich. ...

... Maurice war blendend aufgelegt. Die Kompanie in Topp-Form. Damals sah ich „Héliogabale“ zum ersten Mal. Perfekt in diesem antiken Ambiente! Ach, sag mir wo die Blumen sind…

Christopher Bruce beim Tanz Forum Köln. Zu Zeiten als dort noch getanzt wurde, dass die Spiegel splitterten. Chris war ein fulminanter „mover“. Es war immer eine Augenweide dem Tänzer Bruce zuzuschauen, aber nicht minder dem Choreografen. 1978 schuf er sein „Catch that Fall“ für die Kompanie.

Eine neuerliche Metapher für „Tanz“: In bewegten Bildern erschien der brennende Pumps in meinem Video „UnDeuxTrois, - Triste“, aber auch als Still hat er seinen Reiz...

Für das Ballett der Komischen Oper (schon wieder eine Kompanie bei der ich ein Minuszeichen hinter den Namen setzen müßte) kreierte ich seinerzeit, als das Team Jonkers/Linkens seine Geschicke leitete, eine Image Kampagne. Entschieden haben wir uns dann letztlich für eine Variante mit Jeans. Ansonsten springt Uwe Küster das Revoltade genau so makellos. Das Ballerinenbein gehört zu Heike Keller.

Es gibt eine Tradition in Italien Theaterplakate in altem traditionellen Stil (ohne Bild oder Foto nur mit Typografie) zu gestalten. Ich weiß nicht, ob man das heute noch immer so macht. Jedenfalls finde ich es wirklich fantastisch und ich wünschte mir (so ganz gegen die Interessen des eigenen Berufsstandes) dass man auch bei uns etwas von dieser Klarheit und Reduktion lernte. Hier das Plakat eines Cullberg Gastspieles 1971, im Teatro La Fenice. Damals beherrschte Birgit Cullberg das Repertoire. Mats Ek hing noch seiner Regiekarriere nach.

Sandy Delasalle „cornered“. Schauen Sie wie sich Sandy gegen die zusammenlaufenden Linien einer meiner Studioschmuddelecken behauptet! Wahrlich „royal“. Welch andere Körperdisziplin - als der Klassische Tanz - ist fähig solch apollinische Form zu erschaffen? Und schauen Sie bitte auch auf Sandys Profil: Kinn- und Wangenpartie sind so makellos wie ihr Penché. Wie gut, dass die Fotografie nicht so flüchtig ist wie der Tanz!

Marco Cantalupo und Katarzyna Gdaniec. Ein italienisch-polnisches Choreographen-Duo an den Ufern des Genfer Sees. In Lausanne/Pully haben die beiden (Béjart-Sezessionisten) im „Theatre Octogone“ ihre künstlerische Heimat gefunden. „Compagnie LINGA“ heißt ihre kleine Truppe. Ich schätze die Arbeit der beiden sehr und ich reise Jahr für Jahr (immer zur Magnolienblüte) in's schöne Lausanne um die neueste Produktion zu Fotografieren. Gerade ist ihr „Emballe-moi“ in Premiere gegangen.

Ich war in meinem zweiten Jahr in Stockholm im Engagement, da brach Rudi Nurejew wie ein Orkan über das Königliche Ballett herein. Neben seiner Hauptaufgabe, den Nussknacker zu choreografieren, gab er einige Gastspiele (das Foto zeigt ihn beim Applaus nach einer „Giselle“), kämpfte er gegen die Gewerkschaften, stritt mit den Bühnenarbeitern und schwankte unberechenbar zwischen „Prince Charming“ und „Ekelpott“.

Für „Nurre“, wie man ihn dennoch liebevoll nannte, war ich „the Dschörrrrrmän“. Voll Enthusiasmus versuchte ich natürlich stets mein Bestes zu geben. Aber auch das wurde nicht immer vom großen Zampano goutiert. Einmal brüllte er aus der Tiefe des Zuschauerraumes bei einer Bühnenprobe: „Dschörrrrrmän!, don't trrry to imprrress me!“ Nicht im Traume hätte ich gewagt dem „Zaren“ imponieren zu wollen. Ich hatte lediglich versucht die grand jetés auszutanzen.

Ich verweile noch in Stockholm. Hier ein Blick von den Dächern der Oper in Richtung Skeppsholmen, wo noch heute der Dreimaster „Chapman“ als Wahrzeichen vor Anker liegt. Im Sommer kletterten wir Tänzer – wann immer sich eine Auszeit ergab – aufs Dach der Oper zum Sonnenbaden.

1979 wurde Glen Tetleys „The Tempest“ (Musik: Arne Nordheim) vom Ballet Rambert in Schwetzingen uraufgeführt. Hier haben Sie Einblick in den wunderschönen spätbarocken Zuschauerraum. Im Vordergrund Glen (Mitte) mit der Kompanie bei einer Probenkritik.

Stockholm, um das Jahr 1980 herum: Gerd Anderson, Niklas Ek und Jonas Kåge bei einer Fernsehaufzeichnung von Jiri Kylians „Intimate letters“ ( Leos Janacek ). Kylian hatte bereits auf dem „Kontinent“ Furore gemacht und war auch im Norden gefragt. Gerd Anderson, diese wunderbare, warmherzige Ballerina hat inzwischen viele Tanz-Dokumentarfilme (zusammen mit Viola Aberlé) gedreht. Niklas ist immer noch der Bühne treu und Jonas ist schon seit vielen Jahren Ballettdirektor. Zur Zeit in Salt Lake City/U.S.A.

Jon Benoit war - in den frühen Siebzigern - einer der ungekrönten Stars des N.D.T. Ein wenig dem jungen Charles Bronson ähnelnd, besaß Jon ein außergewöhnliches Charisma und eine unvergleichliche Art der musikalischen Phrasierung. Es hatte immer ein wenig den Eindruck als „markiere“ er die Schritte. Das gab seinem Tanz eine ungeheuere Leichtigkeit und Lässigkeit. Heute würde man sagen „coolness“. Trotz aller Versiertheit der heutigen Tänzergeneration mangelt es (auch bei Top-Kompanien wie dem Nederlands Danstheater) heute an Tänzerpersönlichkeiten seines Kalibers.

Ca. 1980: Ich war wieder einmal zu Besuch in meiner alten Heimat Stockholm und erfuhr, dass Birgit Cullberg ihr „Fräulein Julie“ für's Fernsehen aufbereitete. Galina Panova in der Titelpartie und Niklas Ek als Jean. Ich besuchte das Team während der Arbeit und war von Galina auf der Stella bezaubert ...

... hier diskutieren Birgit, Niklas und Galina auf dem Set wohl über die nächste Einstellung. Übrigens war mir von allen „Jeans“, die ich je erleben konnte (Frank Schaufuss, Erik Bruhn, Bruce Marks, Conny Borg) Niklas Ek der überzeugendste. Er hatte einfach (bei aller angelernter Noblesse) die physische Rohheit, die dieser Rolle so gut ansteht.

Talley Beatty lernte ich beim Cullberg-Ballett Anfang der 70er Jahre kennen. Er studierte damals sein „The Road of the Phoebe Snow“ mit uns ein. Ein jazziges Ballett mit Musiken von Ellington und Strayhorn. Es war ein Riesenspaß - wenn uns Jungen auch die „kneewalks“ fast umgebracht haben. (Aber auch da gilt: was dich nicht umbringt, macht dich stark!) Später traf ich Talley dann in meiner neuen Heimat Köln wieder. Ich Fotografierte ihn, als er das gleiche Ballett für das Tanz Forum einstudierte.

Birgit Cullberg widmete eins ihrer abendfüllenden Ballette dem schwedischen Barden Bellmann, der ein Zeitgenosse von Gustaf III. war. Um diese gustavianische Hofgesellschaft darzustellen, ließ sie sich von einem Gemälde inspirieren, das wohl noch heute im Schloss Mariefred in Gripsholm hängt. Ich tanzte damals Gustaf III. (den Hahn) und wurde von den dummen Hühnern der Hofgesellschaft umgeben.

1977 begann Gerhard Bohners Beschäftigung mit Oscar Schlemmer und dessen Auseinandersetzung mit dem Tanz. Sie mündete im selben Jahr in der Neufassung des Triadischen Balletts (Musik: Hespos) uraufgeführt in der Akademie der Künste/ Berlin.

Schlemmer und das Bauhaus haben Gerhard seitdem nicht mehr losgelassen. Sein gesamtes nachfolgendes Œuvre wird von dessen Prinzipien und Erkenntnissen durchzogen. Das Bild zeigt Gislinde Skroblin in einem Tanz der Rosa-Reihe aus „Das Triadische Ballett“.

In meinem Atelier halten viele (scheinbar) leblose Dinge einen Dornröschen-Schlaf.
Sie warten nur darauf erweckt zu werden. Ins rechte Verhältnis zueinander gerückt, vom Licht wachgeküsst, fangen sie dann plötzlich an zu atmen. Ich wollte gar kein Schwanensee Plakat inszenieren und dennoch konnte ich mir den Titel: „Oh Dett!, Oh Deal!“ nicht verkneifen. (Angela Reinhardt von tanznetz.de fand's sogar Bayreuth tauglich. Sie taufte es „Wotan und Brünnhilde“.)

Hans van Manen bei seinem „Tänzer Comeback“ 1984 in Heinz Spoerlis Basler Produktion „John Falstaff“. Es war natürlich eine glänzende Idee von Spoerli dem berühmten Kollegen diese Rolle anzutragen und der stürzte sich kopfüber mit gewohntem Professionalismus (damals immerhin schon 55 Jahre alt) auf diese Herausforderung. Hans wurde wieder zum Tänzer in dieser Zeit, mit täglichem Training und allem was sonst dazu gehört.

Wenn es etwas gibt worüber ich Reue verspüre, dann ist es die Tatsache, mein Interesse für die ModeFotografie nie wirklich forciert zu haben. Es gab zwar immer wieder mal zaghafte Anläufe in dieser Richtung zu arbeiten wie hier z. B. mit Lutgart von der Straeten vom Tanz Forum Köln in dem wunderbaren Pailletten Kostüm aus „Der Grosse Gesang“ von Marie-Thèrese Cramer. Aber eben nie mit der Konsequenz mit der ich Tanz- und PorträtFotografie betrieb. Mein großes Idol der 70er und 80er Jahre war Guy Bourdin. Für mich bis heute unübertroffen. Erst kürzlich sah ich eine der raren Ausstellungen, die diesem Meister der inszenierten ModeFotografie gewidmet war. Atemberaubend !!

Hier sieht man Lois Bewley, eine Balanchine Ballerina mit choreografischen Ambitionen. Schon in den 60er Jahren hatte sie mit der Kurzchoreographie „π r²“ (Pi r Quadrat) einen Hit gelandet. 1974 studierte sie dieses Kabinettstückchen - das eigentlich eine Balanchine Persiflage ist - zur Musik von Edgar Varèse für das NDT ein.

Das Kuriose war, dass der Pas de Trois fast immer längeren Applaus bekam als er überhaupt dauerte. Ich erinnere mich, dass wir bei den Wiesbadener Maifestspielen fast 5 Minuten Applaus für das 3 Minutenstück bekamen. Wobei die „Curtain Calls“ – auch noch mit großer Geste choreographiert – der Erheiterung und Begeisterung des Publikums immer neues Futter lieferten.

Axel Manthey – einer unserer ganz großen Bühnendesigner der viel zu früh sterben mußte. Ich lernte ihn durch Gerhard Bohner kennen, für dessen Solo „Schwarz-Weiss zeigen“ er einen fantastisch simplen Raum schuf. Aber er hat sich nicht lange beim Tanz aufgehalten und viel für Oper (in Frankfurt den Ring mit Ruth Berghaus) und viele unvergessene Produktionen fürs Schauspiel zusammen mit Jürgen Gosch kreiert. Der „Hamlet“ der beiden, in Bremen mit Ignaz Kirchner, euphorisierte mich geradezu. (Nächste Woche zeige ich Ihnen ein Foto aus einer eigenen Regie von Axel.)

Das Stück „Schauspieler, Tänzer, Sängerin“ von Gisela von Wysocki (1989) brachte Axel Manthey (natürlich als sein eigener Ausstatter) im TAT auf die Bühne. Stephen Galloway vom Ballett Frankfurt übernahm den Tänzerpart, Ulrich Wildgruber den Schauspieler und Slavka Taskova die Sängerin.

Im Dezember 1978 flog ich zu meinem exotischsten Job, den ich je hatte. Nach Haiti. Ich war StandFotograf bei einer Münchner Filmproduktion, die – frei nach dem Stück „La Dispute“ von Mariveaux – eine Filmadaption am Originalschauplatz drehen wollte. Rainer Maria Rabenalt, der Regiealtmeister, besetzte die jungen Menschen, um deren isolierte Entwicklung es in dem Stück geht, mit Münchner Tänzern und Dieter Gackstetter besorgte die Dschungel- und Strand-Choreographie.

Der Dreh sollte drei Wochen dauern. Es wurden sechs daraus. Himmlische Zeit! Noch heute kann ich Heimweh nach Haiti bekommen, nach der Landschaft, den Gerüchen, den freundlichen Menschen. Den fertigen Film habe ich nie gesehen. Er ist damals gnadenlos gefloppt und wurde, von hämischen Kritiken begleitet, sofort abgesetzt. Das Foto zeigt Dieter Gackstetter (links) zusammen mit dem Star der Produktion, Rossano Brazzi.

„Ein Requiem“, ein Ballett von Jochen Ulrich von 1976, zu einer Zeit, als Köln zu den innovativsten deutschen Tanzstandorten zählte. Ich zog ja 1975 von Den Haag nach Köln und fand im Tanzforum eine neue Heimat und in dessen Kodirektor Jochen Ulrich einen neuen Freund. Damals gab es wirklich ein beachtliches (tanz-)künstlerisches Potential in der Stadt, das leider im Lauf der Jahre so allmählich in die Knie ging, bis es zum entgültigen Aus für das Tanzforum kam.
Gut, dass es Fotos gibt, die für die Unsterblichkeit sorgen: Michael Molnar thront auf der Tanzforum Männerriege.

Ulrich Roehm: „Mr. Deutscher Tanzpreis“. Ich hatte das Vergnügen, ihn mal in dieser Funktion inszenieren zu dürfen. Als ehemaliger „fellow dancer“ und Mann der Bühne hat er meine Vorschläge willig und gekonnt umgesetzt.
Man weiß ja nie, wen er das nächste Jahr als Preisträger aus dem Hut zaubert und auch nicht, ob man nun zur Ehrung eingeladen wird oder nicht. Mal ja, mal nein. Mal Gnade mal Ungnade. Es hat immer etwas von göttlicher Fügung. Und in die, hat man sich, demütig zu schicken.

Bruce Marks lernte ich in Paris kennen, als er noch aktiver Tänzer war und als „Jean“ in Fräulein Julie mit uns gastierte (Cullberg Ballett). Später kam er dann nach Den Haag, um mit dem NDT zu choreographieren. Da ist auch das Foto entstanden. Gerne erinnere ich mich an Svea und auch an Bruce. Sein Ballett „Inner Space“ ist - nicht ganz unberechtigt - dem Vergessen anheim gefallen.

„Bea goes diagonal“: Als vor etwa einem Jahr dieses Foto im redaktionellen Teil von tanznetz.de erschien, gab's einige Spekulationen darüber, ob das nun getürkt sei oder echt. Aber wenn echt, wie?

Hier kommt die ganz simple Auflösung: Beatrice Knop stellte sich auf die flache Sole, führte das Bein ins Passé, dévellopierte dann (unter Zuhilfenahme der beiden Arme) das Spielbein in die „six o'clock“ Position und machte dann ein Relevé auf die Spitze um sich aus dieser Position nach vorne fallen zu lassen. Mir blieb es den richtigen Neigungswinkel zu fixieren. Voilà!

Das ist Joel Schnee, einer meiner ältesten Freunde. Wir lernten uns in Stockholm Ende der 60er Jahre kennen. Joel arbeitete als freiberuflicher Choreograph für das schwedische Fernsehen und manchmal durften die Tänzer der Oper und des Cullberg Balletts in diesen Produktionen „mucken“. Das hat immer Riesenspaß gemacht. Joel Schnee, der dann später das Ballett in St. Gallen; Kassel und Osnabrück leitete, ist einer der letzten Choreographen, der die ganze Bandbreite seines Berufes beherrscht. Für diese Spezies hat man in unserer Tanzlandschaft allerdings nicht mehr viel Verwendung. Leider.

„Evolution“ oder „die Entwicklung vom flachen Fuß bis auf die Spitze“ oder „Cinquième ascendante“ … 
Übrigens gehören diese sensationellen Beine zu Nadja Saidakova, zur Zeit amtierende Ballerina beim Staatsballett Berlin.

Erlauben Sie mir mich retrospektiv als bekennender Isetta-Besitzer zu outen. Was das mit Tanz zu tun hat? Nun, immerhin fuhr mich dieses Gefährt zu meinen ersten Ballettlektionen. Außerdem diente es als Transportmittel für unsere kleine Jazzcombo (inkl. Kontrabass) und last but not least musste es noch seinem Kosenamen „Knutschkugel“ gerecht werden. Ach, nie wieder hat Autofahren so viel Spaß gemacht.

Es muss in den frühen 80er Jahren gewesen sein, als ich ein paar Mal die Bonner Tanzwerkstatt (Initiator: Fred Traguth) mit meinen Kameras besuchte. Eine von den vielen begeisterungsfähigen Tanzliebhaberinnen (die Männer machten einen verschwindend kleinen Teil aus) war Gabriele Brandstetter. Sie war sehr aufgeschlossen, neugierig und kontaktfreudig. (Bei aller Konzentration auf das AfroTamTam nimmt sie hier auch noch den Fotografen wahr.) Vielleicht habe ich mir deshalb ihren Namen gemerkt, dem ich dann später, in Kontexten der Tanztheorie, immer mal wieder begegnete.

Nun hat sie vor kurzem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft einen 1,55 Millionen Preis verliehen bekommen, mit dem sie einen Lehrstuhl für Tanztheorie an der FU Berlin einrichten will. Ob sie wohl heute noch Zeit zum Tanzen findet?

An der Tanzfotografie hat mich nie bloß der schöne Schein interessiert. Ich wollte (will) immer dem Instrument, dem Körper, auf den Grund gehen. Hier habe ich den Ballerinenrücken von Nadja Saidakova mit dem Lichtskalpell seziert. Intern nannten wir dieses Foto immer „das abgezogene Kaninchen“. In der Tat war es dem, in meinem Video „Opfer Clip“ vorkommenden nackten Kaninchen nicht unähnlich. ...

Diese Ansicht (Titel: „Rear view“, 1990) setzt nicht minder das Skalpell an die Anatomie. Junior Jones, ein Tänzer der damals bei Philippe Talard in Mannheim arbeitete, gehören diese unglaublich definierten Muskeln.

1985, vor 20 Jahren! Das Kreativteam von „LDC“ : v.l.n.r. Benedikt Ram (k.) Michael Simon (d.) William Forsythe (ch.) Thom Willems (m.) Mit Wehmut denke ich an die Anfangsjahre des Ballett Frankfurt zurück, als Billy der Magier, diese unvergleichlichen abendfüllenden Produktionen schuf, wie „Gänge“, „Artifact“, „Limb's Theorem“, „Impressing the Czar“, „The Loss of small Detail“, „Isabelle's Dance“, „Slingerlands“... und eben jenes „LDC“. Verglichen mit dem Dörrobst das uns BillyBoy heutzutage anbietet, waren dasFünf-Gänge-Menüs eines Drei-Sterne-Kochs. Berauschende Nahrung für alle Sinne, den Kopf und das Herz. ...

„LDC“ in der Entwicklungsphase. Forsythe betätigt sich hier als Chaosforscher. Die Bühne war übersät mit Technokram. Die Tänzer verschwanden zum Teil unter den Bahnen des Tanzbodens. Später wurde dann doch nicht so heiß gegessen wie hier gekocht wurde. Nächste Woche zeige ich Ihnen „Isabelle's Dance“ mit einer alten Bekannten.

Die, die da mit Kakteen tanzt, ist wirklich... na? Sie hätten's nie erraten: Amanda Miller, die zur Zeit einen hübsch hässlichen Neuanfang in Köln wagt. Eine Szene aus Forsythe's Ausflug ins Musical-Genre. Eine Expedition in das Reich der Parodie, wie man es besser nirgendwo sehen/hören kann. „Isabelle's Dance“ aus dem Jahr 1986. Die Musik schrieb Eva Crossman-Hecht. Immer nahe an den großen amerikanischen Songwritern. Instant Ohrwürmer und doch nie platt. Die Texte frech bis abstrus. Es waren wahrlich sieben fette Jahre damals in Frankfurt! (Schade, dass die Bibel doch recht hat).

1991, Staatsoper unter den Linden. Der Klassenfeind hatte schon wieder Zutritt zu den heiligen Hallen. Hier probt der gerade zum ersten Solisten avancierte Raimondo Rebeck mit der erfahrenen Primaballerina Steffi Scherzer seinen ersten Albrecht („Giselle“). Jetzt hat auch auch Raimondos Tanzlaufbahn seinen kreativen Herbst erreicht. Als erster Solist und in gleichzeitiger Funktion als Ballettmeister gehört er seit 2005 der Essener Kompanie an.

Eines der Plakatmotive, die damals 1990 zum 30jährigen Jubiläum des NDT in gemeinsamer Arbeit mit Jiri Kylian entstanden. Wir arbeiteten fast eine Woche mit den beiden Tänzern Martino Müller und Elke Schepers an der Serie. Das Ergebnis wurde oft kopiert doch nie erreicht.

Um Fred Traguth (vorne) ist es still geworden. Er war Gründer und jahrelanger Leiter der Bonner Tanzwerkstatt und darüber hinaus hat er noch an anderen Orten Tanzliebhabern und Semiprofessionellen Meisterkurse angeboten. Hier ist er mit Paolo Bortuluzzi zu sehen. Der kam damals (Anfang der 80er) mit Luciana Savignano nach Bonn um pas de deux Meisterklassen zu geben.

Allein, dass sein Vorname „Gert“, wie der meine auf einem t endete und nicht auf einem läppischen d, nahm mich für ihn ein: Gert Reinholm. Nachdem ich Provinzler den tollkühnen Entschluss fasste, Tänzer zu werden und nach langwierigen innerfamiliären Schlachten die Kunst den Sieg über das bürgerliche Lager davon getragen hatte, wurde dann doch (natürlich) die ganze Maschinerie der Unterstützung angeworfen. Da gab es einen lieben Freund der Familie, der in der Berliner Bleibtreustrasse eine Dormeuil Vertretung (heute noch die besten englischen Tuche) hatte. Der kannte nun wieder Gert Reinholm, der dort die feinen Zwirne aussuchte, die er dann von seinem Schneider fertigen ließ. Der grüne (fast) Abiturient bekam also eine Audienz beim großen Gert Reinholm, den er ja nur von den vielen Fotos von Enkelmann kannte, die damals in den einschlägigen Ballettpublikationen in Umlauf waren. (Wie selig war ich, als ich viele davon neulich in dem Gsovsky Buch wiederfand!) Da stand ich nun in eben diesem Ballettsaal der Deutschen Oper Berlin, mutterseelenallein mit Schwitzehand an der Stange und folgte - so gut ich konnte - den französischen Kommandos dieser Lichtgestalt.

Mit ständig leicht zusammengezogenen Brauen, unendlich sprachartikuliert und angestrengt, machte er den Eindruck höchster Autorität auf mich. Von den wenigen Idolen, die ich im Leben hatte, war Gert Reinholm eines. Ich wäre damals für ihn durchs Feuer gegangen. Aber wie das mit Idolen so ist, muss man auch hin und wieder eines vom Sockel holen, um seine eigene Entwicklung voranzutreiben. So geschah es mit Gert Reinholm. Ich wanderte – nach beendeter Ausbildung – nach Kopenhagen und dann Stockholm ab, entzog mich also bewusst der Einflussname Reinholms und Gsovskys.

Ach ja, was er mir noch damals nach dieser Eignungsprüfung mit Happy End sagte (ich kämpfte noch mit meinen schlotternden Knien und meinem heissem Herzen) er fände es klug, das Abitur noch mitzunehmen, man wüsste doch nie… und in meinem Alter (ich war schon fast zwanzig) ... später könnte ich vielleicht ins Journalistenfach wechseln, da brauchte man ja auch kundige und engagierte Leute, momentan mangele es auf dem Gebiet doch sehr. Schon damals, 1964, hat er ein fast prophetisches Gespür gezeigt. Nach der Wiederbegegnung 1982 bei der Produktion TUTUGURI, die das Probenfoto zeigt, habe ich Gert R. nicht mehr getroffen. Immer wieder nahm ich mir vor: beim nächsten Berlin Besuch wirst Du ihn mal anrufen. Ich habe es nie getan und nun ist es zu spät.

„Francis Bacon“, Theaterhaus Stuttgart 1994, eine Gemeinschaftsproduktion von Ismael Ivo (Choreographie) und Johan Kresnik (Regie). Gipfeltreffen zweier Drastiker, die sich einen dritten zum Thema machen. Neben Ismael sehen wir Tero Saarinen auf dem Foto. Der Finne hat sich inzwischen selber eine Choreographenkarriere aufgebaut.

„Bodyfist“ ist eine Arbeit aus dem Jahr 1983. Oft sind ja die Umstände, die zu einem Artefact führen, geradezu lächerlich banal. Um dieses Hautmuster zu erzeugen, das dem Foto letztlich das Geheimnis verleiht, musste mein Modell (hier ist es meine Frau Sighilt Pahl) so lange auf einem Stück Wellpappe liegen, bis die Haut das Muster annahm.

Richard Cragun mit Uli Tegeder bei einem Fernsehtermin Ende der 80er Jahre. Uli habe ich schon bei früherer Gelegenheit gewürdigt. Richard Cragun, den wunderbaren Tänzer des Stuttgarter Balletts und glücklosen Ballettchef der Deutschen Oper Berlin, habe ich zu selten vor meine Kamera bekommen. Ich bedaure das sehr.

In meinem Atelier im Kölner Süden in der Rolandstr. 10, zweiter Hinterhof. Seit 1982 bin ich dort und der Raum hat seither nichts von seiner Magie verloren. Menschen spüren das instinktiv und es gab kaum eine Session in diesem Raum, die nicht ein gutes Resultat brachte. Hier sehen wir Tom Yang vom Tanz Forum in der Inszenierung „Stilletto“ (1983). Jochen Ulrich nutzte später diese Arbeit als Plakat für seinen „Orpheus“.

Brandneu vom 10. Januar diesen Jahres. Alle 8-10 Jahre versuche ich das (Arbeits-)Porträtmaterial von Pina Bausch zu aktualisieren. Dazu muss ich die Erlaubnis erhalten, mit meinen Kameras einer Arbeitsprobe beizuwohnen.

Diesmal arbeitete man in der Lichtburg (dem Probenlokal des Tanztheaters Wuppertal - einem alten Kino) an dem 30 Jahre alten „Sacre“. Was nun so erwähnenswert ist, ist die Tatsache, dass die Probe alles andere als eine Routineangelegenheit war. Wenn man bedenkt, dass dieser „Sacre“ das wohl am öftesten gespielte Stück des Tanztheaters durch die Jahrzehnte ist und schon etliche Reprisen durchgemacht hat (dient es doch auch stets einigen der älteren Folkwang Semester als Lehrstück), so könnte man sich denken, dass die Choreographin nicht mehr so wild daran interessiert ist zum zigsten Mal ihren Sacre zu erklären.

Nein, im Gegenteil mit einer selbstverständlichen Konzentration auf das Wesentliche ist die Bausch präsent. Nichts scheint ihrem (manchmal bebrillten, manchmal unbebrillten) Blick zu entgehen. Mit bohrender Insistenz beharrt sie auf Phrasierung, Timing und Dynamik. Als hätte sie das Stück erst gestern aus ihrem Körper heraus erfunden. Auch die „alten Hasen“ unter den Tänzerinnen (es war eine reine Frauenprobe), die es sicherlich schon viele Male getanzt hatten, können/dürfen sich nicht auf ihre Routine berufen. Pina Bausch heisst das Geheimnis des Tanztheater Wuppertal. Unkorrumpiert, unroutiniert und voll unstillbarer Neugier.

Schon wieder habe ich ein Geständnis abzulegen. Anfang der 80ger Jahre arbeitete ich zwei Mal für den Playboy Deutschland. Damals sass ein sehr aufgeschlossener Art Direktor auf dem Chefsessel - an dessen Name ich mich leider nicht erinnere – der mir zwei Chancen gab. Und ich hatte nicht die geringsten Berührungsängste. Die zweite Serie, die ich hier in zwei Ausschnitten vorstelle, hieß „Beflügelte Wesen“ und basierte auf der Inszenierung mythologischer Figuren, die ich alle mit Frauen besetzte: Amor – Pegasus – Hermes – Ikarus – ein Erzengel ...

Hier sieht man HERMES den Götterboten. Inga Sterner eine schwedische Tänzerin (damals beim Tanzforum Köln) fliegt gerade gen Olymp. Zum Glück hatte ich einen Fotografenfreund, der ein Aussenatelier besass. Da konnten wir sogar mit Rauchpatronen arbeiten. Nächste Woche zeige ich Ihnen den „Pegasus“, der in der Herstellung wesentlich aufwändiger war. Ich musste nämlich dafür nach Dänemark reisen.

Pegasus. Zum Glück hatte ich gute Beziehungen zum Artistenvolk und so bekam ich Verbindung zum Zirkus Schumann, der in diesem Sommer durch Dänemark tourte. Katja Schumann selbst, die Jüngste aus der traditionsreichen Zirkusdynastie, erklärte sich bereit mit Ihrem „Braunen“ den Stunt zu wagen. Leider hatte sie zu der Zeit keinen Schimmel, - der mir natürlich viel lieber gewesen wäre. Ohne Sattel, das Zaumzeug nur mit einer Hand haltend, liess sie das Pferd immer wieder für die Kamera steigen.

Verschweigen will ich allerdings nicht, dass die ganze Serie „Beflügelte Wesen“ nie im Playboy erschien. Ehe es zu einer Veröffentlichung kam, hatte man den Art Direktor geschasst. Alle Kosten und mein Honorar wurden allerdings großzügig bezahlt. Damals war das für mich wie ein Stipendium.

Meryl Tankard war eine der herausragenden Protagonistinnen von Pinas Tanztheater und ich war auch sofort fasziniert von ihr. Sie war schon damals experimentierfreudig und nicht nur und ausschließlich Tanztheater Wuppertal fixiert. So fand ich heraus, dass sie eine Freundin hat, die Mode kreierte und sie, dass ich gerne Mode fotografierte.

Zu Meryls Unmut hatte ich allerdings zu dem Termin, der in Jochen Ulrichs großbürgerlicher Jugendstilwohnung stattfand, noch einen befreundeten Visagisten bestellt. Meryl fühlte sich überhaupt nicht wohl in ihrer Haut und posierte nur widerwillig. Ich traute mich nun wiederum nicht den Visagisten zu korrigieren, der auch für „lau“ arbeitete. ...

Bei dieser Übung, fiel dann Meryl auch noch mit ihrem Absatz durch das Kunstlederpolster des originalen Artdeco-Freischwingers der Ulrichs. Peinlich, peinlich. Heute, im milden Rückblick, ist zum Glück alles doch weit weniger tragisch, als damals empfunden. Im Gegenteil, ich freue mich, dass es die Aufnahmen gibt und würde zu gerne wissen, ob sich Meryl heute noch immer darüber ärgern würde.

Johan Inger, einst einer der herausragenden Tänzer des NDT. Später dieser Kompanie auch als Choreograph verhaftet und seit 2003 künstlerischer Direktor des Cullbergballets. Bei einem Kölner Gastpiel der Truppe 2004 bat ich Johan in mein Atelier und entstanden ist unter anderem dieses Porträt. Die 3 Kronen für das Königreich Schweden. Johan nimmt die dreifache Krönung mit Humor.

Stockholm, Kungliga Operan ca. 1968 Wollte ich die Bilanz meiner Ballettlaufbahn ziehen, so wirft sich die Frage auf: „Was bleibt? Für was hat es sich gelohnt?“ Obwohl ich mit einigen der ganz großen Choreographen gearbeitet habe, ist das Ergebnis eher mager. Vielleicht eine handvoll Ballette. „Die vier Temperamente“ gehört auf jeden Fall dazu. (Das Foto aus dem phlegmatischen Satz hat mein Kollege Klas Rickman von meinen 4 Partnerinnen und mir damals aus der Bühnengasse gemacht)

„Grosse Fuge“ von Hans van Manen steht auch ganz oben. „Moves“ und „Les Noces“ von Robbins, Tetleys „Arena“, „Der grüne Tisch“ von Kurt Jooss. Dann muss ich schon echt überlegen. Aber die Musik! Nichts sonst hat mein musikalisches Verständnis so geprägt, wie die Ballettmusiken. Diesen wunderbaren Hindemith hätte ich nie ohne das Balanchine Ballett begriffen und lieben gelernt. Noch heute kann ich ganz euphorisch werden, wenn mir ein Choreograph Augen zum hören verleiht (was ja nur die ganz großen schaffen). Letztes Mal passierte das in Mainz bei Martin Schläpfer beim „Streichquartett“ von Lutowslawski.

Das alte, charmante Domizil des NDT lag in der Den Haager Koningstraat 118. Es war eine ziemlich zwielichtige Gegend, die dann auch konsequenterweise, Häuserblock um Häuserblock abgerissen wurde. Dennoch, das Dans Theater hielt sich tapfer inmitten der Abrissbrachen. Das Foto zeigt den Briefschlitz. Vor allem die „Diaspora Tänzer“ waren immer erpicht schnell zu erfahren, was der Tag an Post bringt.

Als ich 1983 Heinz Spoerli in mein Kölner Atelier bat, war er gerade mit seiner Basler Truppe beim WDR um „Pulcinella“ aufzuzeichnen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass ich dauernd darüber nachdachte, wie ich von seiner Leibesfülle ablenken könnte. Da kam mir die Idee mit dem, einen Spalt geöffneten, Vorhang, der seine rundliche Physiognomie camouflieren sollte.

Hans van Manen als Marionettenspieler. Besser bekannt aus dieser Fotosession (1982), die in Amsterdam in Hans' eigenem Studio entstand, ist sicherlich das Porträt, wo er das Mannequinbein über der Schulter hält. Es gab jedoch noch andere Variationen auf das Thema wie Sie hier sehen können.

Apropos Musik und Tanz: Die Løvenskiold Musik zu „La Sylphide“ ist mir so vertraut wie ein Wiegenlied. Viele Male habe ich das Ballett in Kopenhagen gesehen/gehört. Mit so fantastischen Tänzern wie Henning Kronstam, Kirsten Simone, Flemming Ryberg, Peter Martins, Nils Kehlet u.a. Später habe ich in Stockholm dann auch selbst in „La Sylphide“ getanzt.

Hier sehen wir Nils Åke Häggbom als James mit der ätherischen Gerd Anderson als die Sylphide, ca.1970. Vor ein paar Wochen nun habe ich nach gut 35 Jahren die Musik von Løvenskiold in Basel wieder gehört und es war wie eine zarte Wiedererweckung. Es war mir noch alles zum Mitsummen. Zwar hat Richard Wherlock die Geschichte näher an unsere Zeit angesiedelt, aber die Musik dient auch diesem Zwecke vorzüglich. Ach, gäbe es doch mehr Kompanien, die sich dieser wunderbaren Partitur annähmen. Dem Staatsballett Berlin z.B., würde das Bournonville Original gut zu Gesicht stehen.

So sieht der Leib- und Magenkomponist von William Forsythe aus: Thom Willems. Zumindest sah er so Mitte der 80er Jahre aus. Es ist schon erschreckend wie rapide die Halbwertzeit von aktuellen Fotos gegen den Fotografen arbeitet. Für die Porträtierten ist der Rückblick meist schmeichelhaft.

Im Hof des NDT Magazins, noch zu alten Koningstraat Zeiten. Dort stieß ich auf diese Schattenrisse, die Teil des Bühnenbildes von Jean Paul Vroom für „KEEP GOING“ (Hans van Manen) waren. Alle Figuren waren von den realen Tänzern abgenommen und ich sehe noch jetzt an der Körpersprache welche Silhouette zu welchem Tänzer, zu welcher Tänzerin gehört.

Nadine Baylis ist bis heute eine sehr gefragte Bühnen/Kostümbildnerin, die vor allem dem Tanz über die Jahrzehnte viele Impulse gegeben hat. Glen Tetley hat vorzugsweise („Sacre“ und „The Tempest“) mit Nadine gearbeitet. Aber auch Christopher Bruce hat sie oft für seine Ballette eingespannt. Nadine habe ich Mitte der 70er Jahre beim Tanzforum Köln kennengelernt - aus der Zeit stammt das Bild- wo sie mit beiden, Christopher und Glen, gastweise arbeitete.

Müsste ich ein Foto aus meinen tausenden auswählen, das programmatisch für die Idee des Tanztheaters steht, so würde ich nicht zögern und (noch immer) dieses wählen. Es ist aus dem Jahr 1978 und gehört zu Pina Bauschs „Kontakthof“.

Das läßt vermuten, dass nach diesem Datum nichts Gleichwertiges mehr in meiner Arbeit entstanden ist - was natürlich so nicht stimmt. Nur laufen bei diesem Foto so viele Dinge punktgenau zusammen, wie das nur ganz selten vorkommt. Es ist der, in dieser Phase von Pina thematisierte Antagonismus der Geschlechter, der in diesem Foto eine solch strenge Stilisierung erfährt. Ich erinnere mich noch genau, dass ich damals schon beim Fotografieren genau spürte: that's it!

Mein „Dalmatiner“ aus dem Jahr 1985 ist, so könnte man sagen, mein erfolgreichstes Foto geworden. Die Postkarte (bei Art Unlimited erschienen) hat es über die Jahre auf eine Auflagenhöhe von über 150.000 gebracht.

Dabei war es nicht mehr als eine kleine Fingerübung, entstanden aus einer Laune. Der Dalmatiner gehörte zu Ladenbesitzern nahe meinem Studio, und den Stoff mit dem Schachbrettmuster sah ich einmal zufällig bei Ikea.

Vielen anderen meiner Arbeiten hätte ich diesen Erfolg gewünscht. Leider hat man das nicht in der Hand. Es sind andere Umstände, die über Wohl und Wehe eines Fotos entscheiden.

Lassen Sie mich heute meiner Porträtsammlung einen weiteren Bühnen- und Kostümbildner hinzufügen. Reinhardt von der Thannen.

Es war Jochen Ulrich, der ihm seinerzeit beim Tanz Forum Köln die ersten großen Chancen gab („Pulcinella“, „American Landscapes“, „Das Fenster“). Dieses Vertrauen in seine künstlerische Potenz, das er ganz und gar bestätigt hat, war das Sprungbrett zu einer internationalen Karriere. Reinhardt avancierte später zum „Haus- und Hofausstatter“ von Neuenfels.

Viele Male habe ich die Sexpuppe in meinen Bildinszenierungen verwendet. Oft diente sie auch nur als Spaßobjekt, um die Studioarbeitsatmosphäre zu entspannen. Hier sehen Sie Jochen Ulrich, der dem aufblasbaren Lust(?)objekt die Luft raubt. Das war vor 23 Jahren.

Hatte ich noch in meinem weekly Beitrag Nr.48 beklagt, dass bislang noch kein Choreograph oder Dramaturg das Dracula - Potential in den Wilis entdeckt hat, so wurde inzwischen diese Lücke gestopft.

Guy Weizmann und Roni Haver, zwei Israelis mit Wohnsitz Groningen/Holland präsentierten nun ihre „Gisela“ beim Bielefelder Tanztheater. Eine verhalten romantische Annäherung der rabiat, rüden Art an die weiblichen Luftgeister des Théophile Gautier. Immer wieder erstaunlich wie „biegsam“ die Klassiker sind.

Julie Stanzak, 1982 in Amsterdam. Damals tanzte Julie bei Het Nationale Ballet. Sie hatte wohl noch keinen Gedanken daran verschwendet zum Tanztheater zu desertieren, wenn auch 1982 das Jahr war, in dem Pina Bausch mit ihrem Tanztheater Wuppertal das Stück „Walzer“ in Amsterdam herausbrachte.

Ich klaute die Idee mit dem Haare-Festkleben gleich um sie an Julie auszuprobieren. In „Walzer“ war es Meryl Tankard, die Beatrice Libonati - allerdings Gesicht gegen die Wand - die Haare festklebte...

... Inzwischen ist Julie Anne Stanzak schon 20 Jahre bei Pina und sie scheint immer besser zu werden. Gerade habe ich sie im neuesten Bausch Oeuvre „Vollmond“ fotografieren können.

Ballett der Deutschen Oper am Rhein, 1993: Balanchines „Violin Concerto“ mit Laurentio Guinea und Sandy Delasalle. Würden Sie auf den Gedanken kommen, dass dieses Foto etwas Abstraktes darstellt?

Auch beim sogenannten „abstrakten Ballett“ werden unter den Tänzern Beziehungen und zwischenmenschliche Gefühle sichtbar und die sind durchaus nicht abstrakt. Warum aber muss dann Balanchine immer wieder als Beispiel für das „abstrakte Ballett“ herhalten? Nur weil er non-narrativ arbeitet? Liegt da das Mißverständnis?

Selbst Merce Cunningham, bei aller Stilisierung und bis zum Formalismus getriebenen Entemotionalisierung, stellt doch immer klar als Tänzer zu identifizierende, reale Figuren auf die Bühne, die konkrete Beziehungen miteinander eingehen. Ich finde, dass man abstrakt nicht mit stilisiert verwechseln sollte.

In unserer Ballettliteratur und vor allem in der Tanztagespresse wird so fahrlässig mit Terminologie umgegangen, dass es mich oftmals graust. Symposien über Tanz sind so hip wie noch nie. Die Tanzwissenschaft (das hat sie beim Tanzkongress gerade beeindruckend bewiesen) hat die Hoheit über den Tanz für sich entschieden. Die Intellektualisierung der Steptexte strebt ihrem Höhepunkt entgegen. Vielleicht sollte man aber zuerst einmal die Begriffe klären. Wie wär's mit einem kleinen Symposium zum Thema Terminologie und Hermeneutik? Danach ging's vielleicht etwas weniger schwammig zu. Abstrakt? modern? postmodern? zeitgenössisch? klassisch? neoklassisch? romantisch? ...

... Die einzigen Tänze, die ich kenne und die ich mit Fug und Recht „abstrakt“ nennen würde, sind die Bauhaustänze und das „Triadische Ballett“ von Schlemmer, der das Wort ja auch damals für seine Arbeiten geprägt hat (hier der „Stäbetanz“ in der Neuschöpfung von und mit Gerhard Bohner).

Alvin Nikolais hat sich in den USA mit seinen „Sound and Vision Pieces“ mit dem Abstrakten auseinandergesetzt. Wenn da die Tänzer in Stretchsäcken völlig neue Formen erfinden, fühlt man sich wirklich an Mirò erinnert. Und der war, in der Tat, ein Abstrakter.

Itzik Galili traf ich Ende der 90er bei der Gulbenkian Dance Company, die ja skandalöserweise inzwischen aufgelöst wurde. Er studierte dort eines seiner Ballette ein. Auch von ihm, dessen eigene Truppe „Galili Dance“ in Groningen beheimatet ist, habe ich leider viel zu wenig gesehen.

Am 19. Juni wäre Gerhard Bohner 70 Jahre alt geworden. 14 Jahre ist er schon tot. Das Gedächtnis unserer Institutionen ist sehr kurz. Weder an seinem 10. Todestag gab es ein offizielles Gedenken noch wird es – so fürchte ich – jetzt zu seinem siebzigsten Geburtstag eines geben. So bleibt mir nur, hier an diesem Platz, an ihn zu erinnern.

Diese Aufnahme zeigt den renommierten Coach und Trainingsleiter Peter Appel zusammen mit Patricia Neary, einer der Balanchine Sachwalterinnen. Es muß das Jahr 1982 in Basel gewesen sein. Damals studierte sie für die Truppe von Heinz Spoerli „Serenade“ ein. Eine sehr resolute Lady.

Jiri Kylian vor der Riesenfahne, die auf das Gastspiel des NDT in der Metropolitan Opera NYC aufmerksam machte. Es war sozusagen ein Mitbringsel, eine Trophäe aus New York und hing im großen Studio des NDT in Den Haag (1990). Gleich kam mir die Idee ihn davor porträtieren zu wollen.

Jiri hatte ja einen unglaublichen Erfolg, als er das erste Mal mit seiner Truppe nach New York ins City Center kam. Danach wurde die Kompanie sogar in die MET eingeladen und feierte erneut Erfolge. Beim zweiten Gastpiel dort (wohl etwas zu rasch auf das erste folgend) gab's harsche Kritik. Jiri war damals wohl tief verletzt und brauchte lange um sich von diesem Schock zu erholen. Insgesamt hat es seinen Ruhm dennoch nicht ankratzen können.

Lina do Carmo ist eine brasilianische Tänzerin und Choreographin, schon lange Jahre in Köln beheimatet.

Drei Ihrer wohl wichtigsten Produktionen habe ich begleitet (das Foto zeigt sie in „Victoria Regia“) und sie ist immer dann am besten, wenn sie erstens ihre eigene Interpretin ist und zweitens wenn sie sich den ur-brasilianischen Themen zuwendet. Lina ist wohl selbst eine halbe Schamanin, tief verwurzelt in ihrem brasilianischen Erbe.

James Saunders war lange Jahre Mitglied des Tanz Forum Köln. Dort lernte ich ihn kennen und schätzen. Später, nach seinem Ausscheiden aus der Kompanie, gründete er seine eigene Schule und initiierte eigene Projekte.

Dieses Foto entstand 1993 in meinem Kölner Atelier. Drei Jahre später kam er auf tragische Weise ums Leben. Während einer Vorstellung im Foyer des Museum Ludwig verlor er den Halt am Treppengeländer und stürzte zu Tode.

Philippe Talard (Mannheim 1991) ist einer der wenigen Choreografen, der eine ausgeprägte Affinität zur Fotografie hat. Er schätzt das Medium nicht nur als Krücke, wie die meisten seiner Kollegen um die eigene Arbeit zu ventilieren, sondern liebt und fördert sie um ihrer selbst willen. So hat er denn auch, über die Jahre, immer wieder Projekte an mich herangetragen, die ich für ihn realisiert habe.

Die schönsten waren sicherlich die Tänzerporträts in Ulm und später in Mannheim. Ganz aktuell, im Werden begriffen, ist sein Othello Projekt „Drowning Desdemona“, das 2007 in Luxemburg uraufgeführt werden wird und an dem auch ich beteiligt bin.

Wieder einmal ein Rückblick auf Kölns blühende Tanzvergangenheit. Es steht noch aus Ihnen das eine oder andere Plakat zu zeigen, das damals, meist zur „Woche des modernen Tanzes“ entstand.

Diese Aufnahme mit den Tänzern Kym Cassiman und Michael Hall habe ich zum Beispiel erst jetzt, sozusagen archäologisch, aus meinem Archiv geschält. Damals waren mir wohl andere Dinge wichtiger. Die verrinnende Zeit verändert auch den Blick und erkennt plötzlich Qualitäten da, wo man sie vorher nicht bemerkte.

Ich berichtete schon in meinem ww-Beitrag 144, dass ich die Sexdoll verschiedentlich in Inszenierungen eingebaut habe. Hier eher eine amüsante Auszeit zwischen der seriösen Arbeit. Es sind meine Hauptakteure der frühen Kölner Jahre, die sich da mit der stummen Plastikkollegin zu einem Familienfoto zusammenfinden. (v.l.n.r.: Kym Cassiman - Michael Hall - Inga Sterner - Francois Passard)

Nils Christe, ca. 1974 mit wildem Lockenkopf. Damals waren wir noch Tänzerkollegen beim NDT. Heute ist Nils ein gestandener Choreograf der sogenannten holländischen Schule. Leider arbeiten wir in verschiedenen Sphären. Gerne würde ich mehr von seinen Arbeiten sehen und fotografieren.

Immer wieder über die Jahre habe ich mich in Autoporträts selbst inszeniert. Dieses Porträt entstand nach einem New York Aufenthalt 1989. Ich war damals ziemlich frustriert über die Art und Weise wie mich Galeristen von oben herab behandelten. (Natürlich gab es Ausnahmen die mich wieder versöhnten.)

Jedenfalls war mir danach zumute ein NYC Monster zu kreieren. Die Maske fand ich in der Halloween-Abteilung eines New Yorker Kaufhauses und die NYC Skyline-Silhouetten sind Tischsets aus einem Schnickschnackladen in Frankfurt. Guckt man genau hin, dann erkennt man, dass sie nicht mehr aktuell sind.

Ein sehr aktuelles Porträt der Pina Bausch Protagonistin Beatrice Libonati. Ihr Name taucht 1978 zu „Kontakthof“ zum ersten Mal in den Besetzungszetteln auf. Beatrice ist also beim Tanztheater Wuppertal so etwas wie ein „Urgestein“. Ein kleines Persönchen mit einer unglaublichen Präsenz und Kraft und einem Gesicht, das einfach fotografiert werden muss.

Seitdem hat sie fast alle Produktionen des Tanztheaters maßgeblich mitgeprägt. Als Reaktion auf die Porträts, die wir gemacht haben, schrieb sie mir: „Bei dem Portrait mit dem schwarzen Mantel, sehe ich wie Pina aus - einfach verblüffend!“ Ich kann da kaum widersprechen und habe doch keine Erklärung. Manchmal ist Fotografie eben Magie.

Lassen Sie mich gedanklich noch in Wuppertal verweilen: Josephine Ann Endicott, d i e Heroine des Bausch Kosmos der ersten Stunde bis 1987. Von Jo Ann konnte ich nicht genug bekommen. Eine Frau wie ein Orkan. Nach ihrem Weggang konnten ihre Parts eigentlich nie wieder gleichwertig besetzt werden. Jo Ann hat sich für Pina aufgerieben und hat dennoch tapfer versucht ihre Eigenständigkeit zu bewahren.

Mutter von 3 halbwüchsigen Kindern, studiert sie heute gelegentlich Pinas „Sacre“ oder die beiden Gluck Opern, für andere Kompanien ein. Auch „Kontakthof“ hat sie, zusammen mit Beatrice Libonati, auf die Senioren übertragen. I

hre Wuppertaler Lieben und Leiden hat Jo Ann sich in einer Autobiographie von der Seele geschrieben: „Ich bin eine anständige Frau“. Das Portrait entstand vor ca. zwei Jahren, als sie in Köln mit einem Soloprogramm zu Gast war, und ich nicht viel Mühe hatte sie zu einem Abstecher in mein Atelier zu überreden.

Ich habe zur Zeit 60 Choreographen in meinem Bildarchiv, von Araiz (Oscar) bis Zöllig (Gregor). Daneben führe ich einen Ordner, der heisst: „Umfeld Tanz“. Darunter befindet sich zum Beispiel Daniel Barenboim, den ich nicht nur als Musiker sehr verehre. Es ist sein mutiges humanitäres Engagement, das mich immer wieder aufs Neue beeindruckt.

Dieses Porträt entstand bei den Vorbereitungsproben zum Schwanensee (1997). Und wie er dann den Tschaikowsky dirigierte ,das stellte zwar einige Tänzer vor ziemliche Tempo-Probleme, aber was da an meine Ohren schwappte, hatte eine selten gehörte Vitalität und Attacke. Tschaikowsky reloaded!

Mit Susanne Linke kam ich relativ spät in Kontakt. Das war 1982, als sie schon ihre wichtigsten Soli für sich kreiert hatte. Dennoch fand ich Gelegenheit alle nachzufotografieren.

Was mich damals so unheimlich beeindruckte, war ihre Phrasierungskunst. Jedes choreographische Detail war ausgereizt. Nie brach etwas unvermittelt ab. Mit hohem Risiko attackierte sie jede ihrer Bewegungen, ob sie nun schnell waren oder langsam. Dadurch konnte ich mit meiner Kamera das gleiche Risiko eingehen, ohne je zu spät zu sein.

Nicht viele wissen, dass auch Mats Ek sich schon einmal an den „Sacre“ rangewagt hat. 1984 verpflanzte er mit dem Cullberg-Ballett die Geschichte nach Japan. Wenn man, ausgehend von dem „heidnischen Russland“, nach Osten wandert, stößt man zwangsläufig als erstes auf Japan.

Ich fand's damals schlüssig und enorm spannend. Es ging um regide Familientraditionen und aufsässige Jugend. Die Stravinsky Partitur tolerierte das neue Konzept problemlos, geradezu einladend. Leider fand Mats das überhaupt nicht. Er war unzufrieden, änderte daran herum und verwarf es zum Schluss ganz. Ich finde das bis heute schade.

Jan Linkens, ehemaliger Chef (zusammen mit Marc Jonkers) und Haus-Choreograph des Ensembles der Komischen Oper. Das Foto ist aufgenommen auf der Probebühne der Komischen Oper während einer Stellprobe. Typisch für Jan sind seine langen Gliedmaßen und die großen beredten Hände. In den Berliner Jahren ist er zu einem beachtlichen Choreographen herangewachsen. Leider, seit seinem Weggang dort, ohne künstlerisches Zuhause. Ein choreographierender Nomade (nolens volens) zwischen den Welten.

„It takes two to tango“, auch das war ein Plakatmotiv für eine Kölner „Woche des Modernen Tanzes“. Es sind wieder die Mannequinbeine die mich, wie schon viele Male davor, inspiriert haben. Der Tänzer ist Boris Beutenmüller. Längst hat er dem Tanz abgeschworen und arbeitet seit langem als erfolgreicher Visagist.

Ich liebe die Fotos, die sich nicht gleich, also nicht auf den ersten Blick, entschlüsseln lassen. Hier spielt Sighilt Pahl Klappmesser. Die Drehung um 180° gibt dem Ganzen eine zusätzliche Irritation. Ein gewisses „Fledermausgefühl“.

Sommerakademie des Tanzes in Köln, um das Jahr 1979/80 herum. Zwar habe ich die alljährlichen Akademien nie ganz so ausführlich dokumentiert, aber wenn ich durch meine Bildkästen grabbele, staune ich jetzt noch über die großen Namen, die zu diesen alljährlichen Zwei-Wochen-Tanzmarathons angereist waren. Pars pro toto habe ich Mary Hinkson, die legendäre Graham Tänzerin gewählt, die hier all ihr Wissen weitergibt.

Köln, und kein Ende… Der Choreographische Wettbewerb war wirklich eine sehr spezielle Angelegenheit. Das Publikum war kundig und nicht auf den Mund gefallen. Es pfiff, buhte oder brachte die Tänzer mit deftigen Unmutsäußerungen aus dem Gleichgewicht, wenn ihm etwas nicht passte. (Heute scheint ja jede Kritikfähigkeit abhanden gekommen zu sein. Es wird immer gejohlt, getrampelt und gepfiffen aus überschwänglicher, oft dümmlicher Freude, und das für jeden Scheiß). Wer damals heil aus dem Hexenkessel der Musikhochschulbühne herauskam, der hatte schon per se etwas geleistet. Das Foto zeigt Inga Sterner und Heide Tegeder in deren Ligeti-Choreographie „Waves“, für die sie den 2.Preis erhielten.

Mit Heidrun Schwaarz (mit Igor Kosak in Hans van Manens „Lieder ohne Worte“) verband mich zu Anfang unsere gemeinsame Verehrung für Hans van Manen. Ich hatte sie noch in Berlin auf der Bühne erlebt, aber kennengelernt haben wir uns erst als sie in Essen Ballettchefin wurde. ...

... Seitdem war sie (zusammen mit Igor Kosak, ihrem Mann) so etwas wie eine feste Größe in unserem Freundeskreis, auch wenn wir uns nicht so oft trafen aufgrund der vielen Arbeit. Sie, hier bei einer Probe im alten Opernhaus Essen, ist nicht wegzudenken bei Premieren oder anderen Tanzfestlichkeiten. Ihr überschäumender Optimismus, ihre unbestechliche Professionalität werden mir sehr, sehr fehlen.

Seit 1964, dem Jahr als ich meine Ballettausbildung bei Tatjana Gsovsky begann, wurde die Akademie der Künste am Berliner Hanseatenweg so etwas wie eine Herzensoase für mich. Dort hatte ich meine ersten wirklich aufregenden Tanzerlebnisse mit der Alvin Ailey Truppe oder z.B. der Batsheba Dance Company, deren atemberaubende Solisten damals ein Graham Programm hinfetzten, dass einem Hören und Sehen verging.

So war es denn auch ein ganz besonderes Ereignis für mich 1973, mit dem NDT, als Tänzer, dort zu gastieren. Später war ich dann der AdK als Fotograf verbunden. Meistens um Gerhard Bohners Choreographien zu begleiten. Der Genius Loci war Dirk Scheper. Er, der Oskar Schlemmer Spezialist, begleitet Gerhard durch dessen Bauhaus Recherchen und war ihm bis zu dessen Tod ein treuer Weggefährte, immer im Hintergrund agierend, kamerascheu wie ein Okapie (Ich wollte ihn Ihnen anhand eines Portraits präsentieren. Habe über eine Stunde alle infrage kommenden Stellen meines Archivs durchforstet, aber er tauchte einfach nicht auf.)

1994 veranstalteten wir dann eine Bohner-Fotoausstellung in der Akademie. Auch wenn Dirk Scheper in Pension geschickt wurde und die AdK sich mehr und mehr dem Tanz entfremdet, besuche ich den Ort nach wie vor gerne, wenn ich in Berlin bin.

Wahrscheinlich outet sich der, der heute noch weiß wer José Limon ist entweder als Dino, oder als Tanzwissenschaftler. Limon setzte 1970 einen ganzen Abend für das Königliche Ballett in Stockholm auf.

Der „Topshot“ zeigt ihn bei einer Probe zu „Missa Brevis“. Hätte ich damals gewußt, dass ich mal Fotograf werden würde, hätte ich mir mehr Mühe gegeben und vor allem diesen liebenswerten älteren Herren, der so viel vom Tanz wußte, etwas prominenter in Szene gesetzt. Aber so ist es nun einmal: Man nimmt es für gegeben mit all diesen Größen arbeiten zu dürfen und merkt erst später, wie priviligiert man doch war.

Tourneeleben. Mit dem NDT auf Deutschlandtour 1974. Irgendeine Stadt, irgendein Hotel. Jedenfalls mit Pool und Fitnessraum. Schon damals liebte ich es für die Kamera zu „choreographieren“. Hier sind Johan Meijer und Christopher Frey meine Opfer an der Sprossenwand.

Johan habe ich aus den Augen verloren, aber Chris ist nach wie vor ein guter Freund, Doctor of Chiropractic. Bei Washington lebend, mit Jamie seiner Frau (auch ehemalige Tänzerin) und drei mittlerweile erwachsenen, wohlgeratenen Kindern.

Jochen Schmidt, der Tanzpublizist (und was viele gar nicht wissen: auch ein Kriminalliteraturexperte) hier mit seinem auserkorenen Lieblingschoreographen Lin Hwai Min. Der Anlass war ein Berlin-Gastspiel des Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan. Die Truppe hatte die gesamte Trilogie von CURSIVE im Gepäck, ein absolutes Highlight der Spielzeit.

Am Vormittag jeden Aufführungstages eines neuen Teiles der Trilogie, tanzte die Kompanie ihre Bühnenprobe voll aus. Mit allem drum und dran. Und glauben Sie mir, dass sind keine Spaziergänge über die Bühnendiagonale was Hwai Min seinen Tänzern dort abverlangt. Ich glaube ich habe noch nie eine derart diszipliniertes und konzentriertes Ensemble erlebt. ...

... Nach dem Durchlauf von CURSIVE II liess ich die Kamera sinken und ich wurde von solch unerwarteter Gefühlswallung erfasst, dass mir die Tränen aus den Augen kullerten. Ich war wohl (und das während der Arbeit; – war ich doch die meiste Zeit mit dem „Bilderkomponieren“ beschäftigt!!) von einer so raren Euphorieanwandlung gepackt worden, verursacht durch die pure Schönheit des Tanzes und die außergewöhnliche Energie der Tänzer.

Makarova hat mich in den 70er Jahren schon mal mit ihrer Giselle zu Tränen gerührt. Auch konnte ich dieses euphorisierende Vibrieren bei Pina Bausch in den Anfangsjahren ab und an spüren, oder bei gewissen Stücken von Hans van Manen, wo's mir plötzlich im Kopf so ungeheuerlich luzid wird. Ausgesprochene Glücksmomente der Kunstrezeption, für die sich am Ende lohnt durch soviel schlammige Mittelmäßigkeit gewatet zu sein.

Hans van Manens „Tilt“ aus dem Jahre 1972. Lange war mir nicht klar, dass van Manen die gleiche Musik verarbeitete wie Jerome Robbins in „The Cage“, nämlich Strawinkys „Concerto in D“, diese wunderbare Partitur für Streicher, die ich über alle Maßen liebe.

Jahrzehnte kannte ich das legendäre „The Cage“ nur vom Hörensagen und von Fotos, bis ich es dann doch noch vor etwa einem Jahr mit dem Stuttgarter Ballett, sah. Bedenkt man, dass das Werk aus dem Jahre 1951 ist, dann ist es wirklich ungeheuerlich, was Robbins damals schuf.

Noch einmal van Manen: „Die Große Fuge“, 1971. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1973 und zeigt den Schlussteil des Balletts aus der Vogelperspektive. Fast die gesamte Erstbesetzung ist hier noch beisammen.

Einfach genial zu nennen ist die Entscheidung an die „Große Fuge“ (Beethovens Opus 133) noch die Cavatina aus dem Opus 130 anzuhängen. Wenn das Ballett gut getanzt wird, also nicht nur die Schritte exekutiert werden, kann es mich noch heute tief berühren. Es steht für die ideale Symbiose von Musik und Tanz, wie sie nur ganz ganz selten erreicht wird.

Lucas Hoving. Jedenfalls bei den TanzwissenschaflerInnen müsste jetzt was klingeln! Legendärer Mitarbeiter von José Limon und der Ur-Jago in dessen „The Moor's Pavane“. Mit dem Ballet Jooss hat er gearbeitet und der Graham. Bei der Recherche stelle ich fest, dass auch Pina Bausch noch Ballette von Hoving getanzt hat.

Das Foto ist von 1974, da war Lucas Hoving der Leiter der Rotterdamer Ballettakademie, wo auch das Foto entstand. Der da dem Betrachter den Rücken zuwendet ist Don Asker, mein Tänzerkollege beim NDT und später dort Hauschoreograph. Heute lebt er schon längst wieder in seiner Heimat Australien.

Das Bild zum Film. „Pinatz“ (eine Reverenz) nannte ich ein dreiminütiges Video, das der Welt von Pina Bausch mit meinen Mitteln nachspürte. Das Foto zeigt eine Szene daraus, eben die, wo ein Paar bebeinter Stilettos in diese Puppenstubenwelt eindringt.

Bei näherem Hinsehen finden Sie das Nilpferd aus „Arien“ wieder und eins der Krokodile aus „Keuschheitslegende“. Das Bild an der Wand ist das eines Boxers aus „Bandoleon“. Daneben Meryl Tankard. Im bewegten Video fangen diese Beine nun mit „Tendus“ in alle Richtungen an. Die heile Welt wird (Oh Jammer!) zum Trümmerhaufen. Zum Glück saß die Szene beim ersten Take. Die Beine gehören übrigens zu Nadja Saidakova.

Es begeistert mich immer wieder wie beim Tanztheater Wuppertal stets neue Talente auftauchen. Tänzer oder Tänzerinnen, die so aussehen als hätten sie nie etwas anderes getan als Pina Bauschs Bewegungsidiom vorzuführen. Silvia Farias, Argentinierin mit Folkwang Hintergrund (seit AGUA , 2001 bei der Truppe) hat mich auf Anhieb begeistert ...

... Ihre langen Haare scheinen immer ganz eigene choreographische Aufgaben meistern zu müssen. Hier ist sie zu sehen in der letzten Bausch Produktion „Vollmond“.

Das Cullberg Ballet wird in diesem Jahr stolze 40 Lenze alt. Am 2. Februar soll die Party in Stockholm steigen. Vom Nachlass der Namensgeberin wird allerdings kaum etwas zu sehen sein. Von Ihrem (sowieso schon kurzen) „Romeo und Julia“ soll nur ein Extrakt gezeigt werden. Es soll ja Tänzer in der Kompanie geben, die gar nicht mehr wissen was dem Namen CULLBERGBALETTEN zugrunde liegt. Also, auf zu neuen Ufern – and don't look back in anger!

Das Foto stammt aus einer Session, die ich in Birgits Zuhause in Stockholms Kommandörsgatan aufnahm – Anfang der 80er. Damals muss sie um die 75 Jahre alt gewesen sein. Manch Jungtänzer wird sie insgeheim um ihr „turn out“ beneiden.

Bleiben wir noch ein weekly bei Cullberg. Bei unserem London Gastspiel 1971 fuhren ein paar Doppeldeckerbusse für uns Reklame. Ich hielt das damals für bemerkenswert und fotografierwürdig. Ob heute der 38er wohl noch, plakatgeschmückt, die Rosebury Avenue zum Sadlers Wells Theatre fährt?

Für alle Tetley Fans. Kopenhagen 1981 bei der Einstudierung seiner „Voluntaries“. Glen ist Maurice Béjart um elf Monde voraus. Letztes Jahr schon feierte er seinen achtzigsten Geburtstag. Gerade tanzte das Royal Ballet noch einmal dieses fantastische Ballet, zusammen mit Kylians „Sinfonietta“ und Balanchines „Stravinsky Violin Concert“. Alles live gespielt. Es soll ein wahres Fest gewesen sein. Leider konnte ich das nicht miterleben.

Ein Schnappschuss während einer Drehpause. Der WDR zeichnete 1987 in einem Kölner Studio „Die Stühle“ (Ionesco) von Béjart auf. Marcia Haydée nimmt eine kontemplative Auszeit, während eine Putzfrau um sie herumwieselt. Irgendwie hat das Ganze etwas von Aschenputtel.

Diesmal will ich ein Urlaubsfoto mit Ihnen allen teilen. Der Anblick dieses Theaters (Teatro Farnese) in Parma, lohnt allein die Reise dorthin. Selbst das Wissen darum, dass es (nur) ein exakter Nachbau des Originals ist (die Amerikaner haben das Original im 2. Weltkrieg beim Vormarsch fast vollständig in Schutt und Asche gelegt) schmälert den überwältigenden Eindruck nicht.

Forsythe gibt seinen Stücken mit Vorliebe enigmatische Titel. Sie lassen kaum einen Eins-zu-eins-Rückschluss auf das Bühnengeschehen zu. „Impressing the Czar“ ist auch ein solch rätselhafter Titel und doch hat er einen ganz einfachen anekdotischen Hintergrund. Die "Urzelle" des Abendfüllers war ja „In the middle, somewhat elevated“ das er für die Pariser Oper (mit Sylvie Guillem) kreiert hatte. Damals war noch Rudi Nurejev Ballettchef.

Eigentlich wollte er „Middle…“ dem Zaren Rudek widmen und nicht nur das, er wollte ihm - expressis verbis - damit imponieren. Schließlich fand er das dann doch zu platt und hob sich den Titel „Impressing the Czar“ für das abendfüllende Stück in Frankfurt auf. Dieses Foto macht uns die wunderbare, geballte anarchische Kraft sichtbar, die damals Billy und seine Crew umtrieb (Kostüme: Férial Simon, Bühne: Michael Simon). ...

... Dies Foto zeigt Elisabeth Corbett in „Middle…“ die sich für den Part ihre Haare im Guillem - Max und Moritz - Look abschneiden ließ. Übrigens, der Titel „In the middle, somewhat elevated“ erklärt sich - viele mögen sich erinnern - durch die Hängung des Paars Kirschen, das Teil der Bühnendekoration ist. Und das ist eben so plaziert: in the middle, somewhat elevated. So einfach ist das.

Viele Choreographen die, oder deren Arbeit ich fotografiert habe, sind plötzlich von dem sich ständig drehenden Ballettdirektoren-Karussel abgesprungen (oder abgesprungen worden) ohne wieder dort Tritt zu fassen oder Tritt fassen zu wollen.

Für mich ist es dieses Foto was von dem Choreographen-Duo Rotraut de Neve und Heidrun Vielhaber, die nach der Ägide Reinhild Hoffman, die Geschicke des Bremer Tanztheaters für ein paar Spielzeiten leiteten, übrig geblieben ist. Es zeigt eine Szene aus dem Stück „iO!“ - a mouthful of birds.

Ich habe ein paar Plakate für das Ballett Basel kreiert, darunter dieses für den Abend „Man / Woman“. Heute ist das Plakat sicherlich ein begehrtes Sammlerobjekt, doch löste es damals im September 2005 heftige Diskussionen aus. Einige fanden es nicht korrekt, dass der Mann der Frau an den Hintern grabscht. Die, die da Sexismus witterten übersahen geflissentlich, dass die Dame dem Herren mit ihrer Spitze auf dem Schuh steht.

Hans van Manen wird im kommenden Juli 75 Jahre alt. Gerade hat er für die Martin Schläpfer Truppe in Mainz (da sich seine Assistentin eine Achillessehne gerissen hatte) sein Ballett „Frank Bridge Variations“, vom ersten Schritt an selbst übertragen. (Ich wette mal, dass jeder andere in seinem Alter gesagt hätte: „Das ist Pech, daher müssen wir den Termin leider verschieben.“)

Mit kaum jemandem anderen meiner Freunde lache ich soviel wie mit Hans. Er vereinigt den großen Lebenskünstler mit dem großen Künstler in sich. Das Foto hier entstand völlig spontan in zwei Minuten: Hans saß schon am Regiepult für die HP2, als er plötzlich wieder aufsprang und mir zwinkernd zurief: „Komm wir machen jetzt mit allen ein Foto, wo wir alle ganz bös gucken“. Schon war er auf der Bühne, scharte seine Tänzer um sich und sagte: „Los, jetzt alle bös gucken“. Ich hatte keine große Arbeit mehr. Hier also das Resultat: Das freundliche Frank Bridge Team! Es geht also auch ohne Cheese.

Eine Reminiszenz an eine Ausstellung in St. Petersburg 2003: Kurator Thomas Thorausch vom Deutschen Tanzarchiv Köln (SK-Stiftung Kultur) legt gerade Hand an Pina Bausch. Drei Fotografen waren damals eingeladen ihre Sicht auf je einen Choreografen zu zeigen. Matthias Zölle stand für Sasha Waltz; Dominik Mentzos für Forsythe und ich selbst für Pina Bausch. In einem Gastauftritt im koeglerjournal habe ich damals auch meine Eindrücke über die berühmte Waganova Schule festgehalten.

Min Tanaka war der erste Butho Tänzer, den ich je auf der Bühne erlebte. Das war 1981 in Köln während der „Woche des Modernen Tanzes“. Leider bin ich ihm danach nie mehr begegnet und erst jetzt in der Betrachtung dieses Fotos möchte ich mehr über ihn wissen. Generell finde ich es immer recht spannend - das Rückverfolgen einer Künstlerkarriere nach so vielen Jahren.

1977 entstand Reinhild Hofmanns „Solo mit Sofa“, wohl rückblickend die wichtigste Arbeit ihres gesamten Œuvres. Ich erinnere mich noch gut das Solo zum ersten Mal in einem TV-Bericht über das Festival in Avignon, wohin man sie mit dem Stück eingeladen hatte, gesehen zu haben.

Es war (ohne meinen Kopf darauf wetten zu wollen) wohl Werner Schröter, der die Dokumentation zu verantworten hatte. Höchst eigenwillig hat er damals allerdings die Musik von John Cage gegen die „Casta Diva“ Arie aus „Norma“ (gesungen von Maria Callas) ausgetauscht und es funktionierte fantastisch. Um die Wahrheit zu sagen: viel besser als der „Originalsoundtrack“ von Cage. Dennoch gab es großen Ärger. Frau Hofmann was not at all amused.

Als ich in den späten sechziger Jahren an der Stockholmer Oper engagiert war, hatten wir immer Sommerpausen von ca. sieben Wochen, die, voll auf der faulen Haut zu liegen, keinem Tänzerkörper anzuraten sind. Damals war es sehr populär (und nicht nur bei den Schweden) zwei Wochen vor Spielzeitbeginn nach Cannes zu pilgern um dort, in der Schule von Rosella Hightower, der „Résidence Galia“, seine eingerosteten Knochen wieder fit zu bekommen. Morgens trainierte man also hart und seriös und den Rest des Tages verbrachte man am Strand. Durch Sonne und Baden im Salzwasser bekam man überhaupt keinen lästigen Muskelkater.

Auf dem Foto (zwischen Meer und Croisette) sieht man zwei meiner schwedischen Kollegen von damals: Klas Rickman und Kerstin Lidström. Wir Tänzer gingen meist an dasselbe Strandsegment. Da wo wir einen Preisnachlass bekamen. Einmal – aber das ist nun wieder eine ganz andere Geschichte – sahen wir Pablo Picasso im angrenzenden Beach: fast zum Greifen nah: P I C A S S O !!!

Eins meiner Favoriten-Portraits aus der Reihe, die ich damals für das Ballett Ulm, 1990 (unter Philippe Talard) realisiert, und dann später mit seiner neuen Truppe in Mannheim fortgeführt habe. Es ist Marion Schloemann vor dem Torso von Junior Jones. Beide Tänzer habe ich völlig aus den Augen verloren.

Aber wieviel Zeit seitdem auch verstrichen sein mag und wo sich die beiden auch jetzt befinden mögen, die gemeinsame Arbeit von damals bleibt bestehen. Da hat der Fotograf doch einen entscheidenden Vorteil vor dem Choreografen.

Das Foto entstand bei meinem zweiten Israel-Besuch ca.1984. Die Tänzer sind Ran Arieli, Sivan Cohen und Ami Savorai. Es zeigt exemplarisch die Aufgaben der Kibbutztänzer (KCDC = Kibbutz Contemporary Dance Company), die nämlich neben ihren normalen Aufgaben als Kompaniemitglieder auch noch in ihren jeweiligen Kibbutzim Dienste übernehmen müssen (Küchen-, Stall- oder sonstige Arbeiten).

Für viele - und nicht nur die Männer - droht als drittes auch noch der Militärdienst bzw. sporadische Wehrübungen. Ganz Israel ist ja eigentlich nach der so genannten Intifada im dauernden militärischen Ausnahmezustand. Bei der letzten kriegerischen Auseinandersetzung wurde der ganze Kibbutz „Ga'aton“, die Heimat der KCDC, evakuiert, weil er zu nahe an der libanesischen Grenze liegt. Umso beglückender zu sehen, dass die Kompanie unter ihrem Chefchoreografen Rami Be'er, trotz der Anfechtungen, eine ungebrochene künstlerische Potenz entfaltet.

„Situation“ von Hans van Manen - uraufgeführt 1970. Eigentlich ist „Situation“, dieser „Laborversuch am lebenden Tänzerkörper“ im Laufe der Jahrzehnte immer mal wieder in Reprise gegangen. Und jedesmal, wenn ich es dann sah, fiel mir das Wort „Avantgarde“ ein. Sähe ich es heute, es würde mir nicht anders ergehen.

Aber wie kann sich denn ein Stück über fast vier Jahrzehnte (und wahrscheinlich darüber hinaus) diese Aura des Avantgardistischen erhalten? Gibt es denn heute eine derartige „zeitgenössische Avantgarde“ im Tanz? Ich wüsste nicht, wo ich die suchen sollte. Diese Aufnahme, mit Arlette van Boven und Johan Meijer entstand 1973 bei der NDT Reprise.

Nacho Duato in der ursprünglichen Fassung von Jiri Kylians „Nomaden“ (1981). Nacho kannte ich schon aus Stockholm, wo er mit dem Cullberg Ballett eine knappe Saison tanzte. Irgendwie schaffte es Mats Ek – zu der Zeit der Leiter der Truppe – damals nicht Nachos Potential richtig einzusetzen und für sich nutzbar zu machen.

Unterbeschäftigt verließ er also die Kompanie und wechselte zum N.D.T., wo ihn Kylian gleich mit Aufgaben überhäufte. In Holland entwickelte er sich in der Folge nicht nur zu einem der profiliertesten Tänzer sondern auch zu einem vielversprechenden Choreographen.

Seit vielen Jahren leitet er nun schon das Nationalballett in Madrid und gerade fotografierte ich sein „Duende“, ein wunderbar stimmiges Debussy Ballett (eins seiner früheren Werke), das er der Hannoverschen Kompanie anvertraute. „Duende“ zeigt zwar noch sehr deutlich den Kylianschen Einfluss, aber auch schon seine große Geschicklichkeit sich Fremdes anzuverwandeln.

Beide Fotos bilden die Klammer für einen Zeitraum von 22 Jahren. Susanne Linke hat sich dieses Jahr noch einmal daran gemacht ihr 1985 entstandenes Stück „Schritte verfolgen“ (in Zusammenarbeit mit V.A. Wölfl) auf die Bühne zu bringen.

Allerdings hat sie diesen Parforceritt nicht mehr allein durchlitten, sondern hat sich drei weitere Tänzerinnen dazugeholt, die die anderen Teile der autobiographischen Arbeit unter sich aufteilen. Wie die beiden Fotos belegen, hat Susa die dazwischen liegenden Jahre (fast) ohne große Einbußen weggesteckt.

Tanz Forum Köln, 1983: „Übungen für Tänzer“, ein kleiner genialischer Befreiungsschlag damals. Das Tanzforum mit seinem Choreographen Jochen Ulrich stand zu dieser Zeit ziemlich unter Druck und so kreierte Jochen damals dieses Stück mit einem So-gut-wie-Nichts an finanziellem Aufwand und einem Um-soviel-Mehr an choreographischem Esprit.

Jetzt, höre ich, hat er es noch einmal für die Darmstädter Truppe aufleben lassen - ein wenig aufgepeppt mit Projektionen. Ich, ganz Nostalgiker, glaube nicht, dass ich mir meinen Eindruck von damals relativieren lassen möchte.

Nein, nein, das ist nicht Aurora in Gelenkverdrehungsagonie. Es ist ein Varieté-Tanzpaar das ich mal im Hansatheater fotografierte. Ich glaube es hatte sich den funkelnden Namen „Duo Brillante“ gegeben.

Kennen Sie das Hansatheater? Diese hanseatische Institution (Slogan: „Nie im Fernsehen, nur hier“) musste leider auch dem Bulldozer der Zeitentwicklung Tribut zollen und wurde am 31. Dezember 2001 liquidiert. Irgendwann, an anderer Stelle, werde ich mal mehr über dieses Unikum unter den Varietétheatern berichten.

Maryse Delente nennt man in ihrem Heimatland Frankreich „die Deutsche“. Da ist was dran. Sie hat wenig am Hut mit den Mätzchen des Tanztheaters gallischer Provenienz und liebt es eher gehaltvoll.

Leider habe ich zu wenige ihrer Ballette fotografieren können, obwohl ich, während ihres Regnums, ein paar Mal in Roubaix zu Besuch war. Mit ihrem sehr persönlichen Stil wäre sie eine Zierde für manches Repertoire. Das Foto zeigt eine Szene aus ihrem „Don Quichote“.

Geneigter User, mit der Nummer 200 meiner "weeklies" möchte ich mich von diesem Projekt verabschieden. Ich hatte Ihnen damals angekündigt, dass es eine Reise werden wird, bei der der Weg das Ziel sein wird. Wir sind angekommen. Es war eine schöne Zeit, die ich mit Ihnen verbringen durfte - auch wenn ich Sie nicht persönlich kennengelernt habe, weder weiß wie Sie aussehen, noch wie zahlreich Sie sind.

So ein Foto-Archiv ist wie ein gelebtes Leben: begrenzt, und eh' ich mich der Gefahr aussetze mich zu wiederholen, finde ich es gescheiter über andere Dinge nachzudenken, die für die tanznetz.de-User von Interesse sein könnten. In Zukunft werde ich Ihnen in loser Folge geschlossene Fotostrecken anbieten, die verschiedene Aspekte meiner Arbeit komprimiert beleuchten werden. Die „weigelt-weeklies“ werden jedoch in dieser, nun abgeschlossenen, Form bestehen bleiben und somit auch den neuen tanznetz.de-Freunden Gelegenheit geben unsere fast vierjährige, gemeinsame Reise nachzuvollziehen.

Bleiben Sie mir, bleiben Sie dem Tanz gewogen,

Ihr Gert Weigelt