Tumult der Stühle

Ein Blog über das "under-construction-Festival" in Wuppertal

"NOW FICTION" - Virtual Reality Filme und Installationen von Fabien Prioville

Wuppertal, 09/05/2022

Studierende des BA Tanz und MA Tanzwissenschaft der Hochschule für Musik und Tanz Köln bloggen am Wochenende über das „under construction-Festival“, das im zukünftigen Pina Bausch Zentrum stattfindet. In einem 48-Stunden-Marathon versammelt es Performances, Musik, Animation, Rollerskating, Yoga, Clubbing, Konzerte, Aktionen wie Bäume pflanzen und Gespräche von und mit lokalen und internationalen Künstler*innen und Aktivist*innen.

Von Pauline Michel


Ich sitze in der Garderobe. Nicht in der Garderobe der Tänzer*innen, sondern in jenem schmalen Gang zwischen Theke und zahllosen Garderobenaufhängern, an welchen sich das Publikum im ehemaligen Wuppertaler Schauspielhaus vor vielen Jahre ihre Mäntel aufhängen ließ. Heute, während des „under-construction-Festival“, ist der Gang, der sich vor mir eröffnet, bis zum Garderobenende mit Klappstühlen vollgestellt. Ein Vorhang verschließt die Stelle, an der die Jacken an die Mitarbeiter*innen des Abenddienstes weitergereicht wurden. Der Vorhang weht und bewegt sich leicht und ich denke, dass es in der Wüste vielleicht ähnlich aussieht. 


Ganz hinten im Gang beginnen sich die Stühle zu bewegen. Es lässt sich noch nicht genau erkennen, aber die Geräusche, wie ihre Beine und Lehnen aneinanderstoßen, dringen zu mir vor. Ich versuche, besser sehen zu können, aber es geht nicht. So langsam entsteht immer mehr Unruhe unter den Stühlen, als wären sie von Unmut ergriffen, ihr Rumoren wird immer größer. Dabei rückt etwas auf mich zu und ergreift allmählich auch die Stühle, die nicht so weit von mir entfernt stehen. Etwas beginnt sich hinten aus den Stühlen herauszuschälen: Es sind zwei Arme, denke ich, und einer davon hält eine Perücke in der Hand. Sie bewegen sich langsam auf mich zu, während hinter ihnen noch mehr nach oben gestreckte Arme emporstoßen. Je weiter sie vorrücken, sind die ihnen zugehörigen Tänzer*innenkörper durch die Stuhlbeine zu erkennen. Mit nackten Oberkörpern und ausgestreckten Beinen bewegen sie sich durch die Stuhlansammlung. Statt der Perücke erkenne ich nun eine Karotte in der Hand des Tänzers. Er ist nun direkt vor mir und einen Moment später an meiner Seite und dann aus dem Blickfeld verschwunden. 


Am Ende eröffnet sich vor mir ein freier Pfad. Die Stühle sind zur Seite geschoben und stehen jetzt still, während es langsam immer heller wird, bis das Bild letztlich weiß vor meinen Augen flimmert. 

Der Tanzfilm ist Teil von „NOW FICTION“, einer VR-Produktion der fabien prioville dance company in Koproduktion mit under construction und dem Tanztheater Wuppertal Pina Bausch.
 

"under construction"

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