Brunnenhof Residenz München

Sommerliches Open air

Romantik pur mit dem Bayerischen Junior Ballett München

Der Brunnenhof im Innenhof der Münchner Residenz ist Inspirationsquelle und Jungbrunnen und schafft eine sommerlich-romantische Atmosphäre.

München, 11/07/2022

Auf die Frage hin, warum ich diesen Ballettabend besuche – ein Musikerwitz –, ob „Abonnement oder Vergnügen?“, konnte ich schon sehr bald antworten: Ich hatte kein Abo, aber umso mehr Vergnügen. Das beginnt schon mit der Auswahl des Ortes für das vielversprechende Programm dieses Abends. Die Kulisse passend zur klug ausgewogenen Programmdramaturgie konnte nicht treffender gewählt werden. Der Brunnenhof im Innenhof der Münchner Residenz ist Inspirationsquelle und Jungbrunnen und schafft eine sommerlich-romantische Atmosphäre.

Eröffnet wird der Ballettabend unter freiem Himmel mit Balanchines neoklassizistischem „Allegro Brillante“ nach dem 1. Satz aus Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 3. Luftig-leicht in zarten pastellfarbenen Trikots schweben die Mitglieder des Bayerischen Junior Ballett in verschiedenen Formationen über die Bühne. Es ist eine Choreografie, die mit zahlreichen Pirouetten und Sprüngen, Pas de deux und anspruchsvollen Hebungen in atemberaubender Geschwindigkeit gespickt ist. Als Solistenpaar können Maxine Morales und Lorien Ramo Ruiz brillieren – diese beiden Namen sollte man sich merken. Wer nach einem in Szene gesetzten Ballettlexikon sucht, wird hier fündig. Von Balanchine ist das Zitat überliefert, in dem es heißt, dass „[das Stück] alles enthält, was ich über das klassische Ballett in 13 Minuten weiß“.

Ein kleiner Schritt vom akademischen Tanz bis zur Satire: Auch in der zweiten Choreografie des Abends ist Schnelligkeit gefordert, aber nicht nur die. Neben tänzerischer Präzision sind auch schauspielerische Qualitäten gefragt, die Zofia Wara-Wasowska und Jacopo Ladimarco in Eric Gauthiers „Ballett 102“ souverän bewältigen und das Publikum zum Schmunzeln bringen. In zunehmender Geschwindigkeit vollführt das Tanzpaar die 102 klassischen Positionen, die in englischer Sprache monoton aus dem Lautsprecher ertönen und damit so etwas wie Bahnhofsatmosphäre ausstrahlen – ganz im Gegensatz zur spritzig-humorvollen Darbietung auf der Bühne. Was nach ‚onehundred‘ erklang ist die für die Tänzer verdiente Ansage an das Publikum: der Applaus – ein weiterer gelungener Kunstgriff Eric Gauthiers.

Passend zur Jahreszeit und zu Franz Schuberts 225. Geburtstag feiert man den Jubilar mit „Liebesbotschaften“ zu Schubert-Liedern, die als Ballettzyklus betrachtet werden können. Aufgeführt werden einzelne Lieder, aber auch Werke aus Liederzyklen wie „Schwanengesang“.

Eröffnet werden die zum ersten Mal in München aufgeführten „Liebesbotschaften“ mit zwei Choreografien von Ivan Liškas, „Ständchen“ (D 889), eindrucksvoll getanzt von Noah Hak und das melancholisch angehauchte Lied „So lass mich scheinen“ (D877), überzeugend nahegebracht von Chiara Bacci und Lara Bircak. Auch die anderen Mitglieder des Bayerischen Junior Ballett bringen in dieser Liedersammlung die Formensprache Schuberts, die musikalische und inhaltliche Botschaft individuell zum Ausdruck, sei es im „Schwanengesang“ mit „Liebesbotschaft“ (D 957) (Ana Mamiç, Florence Joffre) oder „In der Ferne“ (D 957) (Maxine Morales, Luca Massara). Es ist ein breites Spektrum, was Schubert und die Choreografen wie Liška, Graf und Mohammed den Tänzerinnen und Tänzern vorlegen. Das Ergebnis dieser choreografischen Qualität ist beeindruckend: Soren Sakades ist in der Lage, Sehnsucht, Liebe aber auch den Verlust wie zum Beispiel in „Die Stadt“ (D 957) überzeugend dem Publikum nahezubringen. Samuel Legaspi und Lorien Ramo Ruiz sind ein perfektes Duo, wenn es darum geht, die unbändige Lebensfreude von „Rastlose Liebe“ (D138) auf die Bühne zu bringen. Marina Mata Gomez, Lorien Ramo Ruiz und Tyler Robinson gelingt es, das Lied „Sprache der Liebe“ (D 410) mit seinen wiederkehrenden Momenten tänzerisch vor dem Auge neu entstehen und lebendig werden zu lassen. Mit Tyler Robinsons Interpretation von Maged Mohammeds „An die Leier“ (D 737) – einer unbeschwerten Ode an die Liebe – endete der Schubert-Zyklus.

Eine weitere Choreografie von Maged Mohamed bildet den krönenden Abschluss. Gemeint ist Mohameds „Appalachian Spring“. Hier wird den unterschiedlichen Charakteren des Bayerischen Junior Ballett Rechnung getragen, und es erstrahlt als Gemeinschaft in diesem anspruchsvollen Werk. Aaron Copland schrieb die Musik mit Folkmelodien zu diesem Ballett, das von Martha Graham in Auftrag gegeben und 1944 uraufgeführt wurde und daher zunächst den Titel „Ballett für Martha“ trug.

Nicht nur die jüngsten Ballettschüler*innen im Publikum erlebten hoffnungsvolle Talente und Choreografien, die ihre Vielseitigkeit fordern, in romantischer Open Air Stimmung. Ein einziges Vergnügen!

 

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