„Fall(in)

„Fall(in)<-G“ von und mit Joseph Simon, Michelle Cheung, Julie Pécard, Jonas Frey

Nie wieder hinfallen

„Fall(in)<-G“, Chroeografie-Teamwork im Mannheimer EinTanzhaus

Längst ist das Fallen im zeitgenössischen Tanz bühnentauglich geworden. Nun haben sich auch vier VertreterInnen der rührigen freien Tanzszene in Mannheim des Themas angenommen - Michelle Cheung, Jonas Frey, Julie Pécard und Joseph Simon.

Mannheim, 06/05/2019

Fallen ist die Kehrseite des Tanzes – wenn es misslingt, der Schwerkraft ein Schnippchen zu schlagen. Längst ist das Fallen im zeitgenössischen Tanz bühnentauglich geworden; zum Beispiel in der mit dem Faustpreis ausgezeichneten Mainzer Produktion „Fall Seven Times“ (Maria Campos / Guy Nader), die auch schon im Pfalzbau gastierte, oder im Stück „Freier Fall“ des israelischen Choreografen Sharon Fridman, das mehrfach im Rhein-Neckar-Raum zu sehen war. Nun haben sich auch vier VertreterInnen der rührigen freien Tanzszene in Mannheim dieses Themas angenommen. Michelle Cheung, Jonas Frey, Julie Pécard und Joseph Simon tanzen nicht nur, sondern choreografieren auch gemeinsam. Und so ist mit „Fall(in)<-G“ ein 60-Minuten-Stück entstanden, das vom Fallen handelt – und zugleich davon, wie man gemeinsam ein Tanzprojekt stemmt, das besser nicht abstürzt.

Die Besetzung dieses Abends ist spannend und zeugt davon, wie das EinTanzhaus als Brennpunkt der freien Tanzszene unter Leitung von Eric Trottier in Mannheim funktioniert. Die beiden Damen, Michelle Cheung und Julie Pécard, sind ehemalige Mitglieder des Ensembles von Kevin O’Day – der sich auch gleich vor Ort davon überzeugte, was seine früheren Schützlinge heute treiben. Zusammengetan haben sie sich mit Jonas Frey und Joseph Simon, die beide aus dem urbanen Tanz kommen und schon gemeinsame Bühnenprojekte gestemmt haben. Im Spannungsfeld zwischen zeitgenössischem und urbanem Tanz muss man erstmal auf einen Bewegungsnenner kommen – und so schwanken die Vier zunächst ganz sachte im Kreis, bis sich allmähliche größere Bewegungen und spiralförmige Beschleunigung entwickeln. Beim Rennen und Flüchten passiert es, dass der eine oder die andere aus der Kurve getragen wird und tatsächlich fällt. Ab er es sind keine bösen Stürze – eher Ausrutscher, bei denen die Bewegung nach dem Aufstehen einfach weitergeführt wird.

Nein, gescheitert wird hier nicht; der Rest des Abends handelt überwiegen davon, wie man erst gar nicht fällt. Zum Beispiel, wenn die Tänzerinnen und Tänzer in blitzschnellen Sprints sich kreuzende Linien über die Bühne ziehen: Da braucht es vertrauensvollen Augenkontakt und perfektes Timing. Spannend wird es, wenn nach solistischen Einlagen Bewegungs-Teamwork zur Sturzvermeidung geprobt wird: Da lassen sich vor allem die beiden Damen vertrauensvoll auf die Unterstützung der beiden Herren ein. Die sind, mit ihrer Erfahrung in Tanzformen, die den Körperschwerpunkt sowieso dicht am Boden halten, eindeutig im Vorteil. Und so wundert es auch nicht, dass am Ende alle Vier wieder im Kreis stehen, aber dieses Mal die Bewegungen als weiche Wellen perfekt durch die Körper rollen lassen – die anpassungsfähigste Form der Balance.

Gut, wenn man mit Steffen Dix und Peter Hinz zwei lokale Vollblutmusiker zur Seite hat, die von elektronischen Akzenten über minimalistische Schleifen bis zu rockiger Wucht alle Register ziehen können. Die Auftragskomposition hilft dem Abend über kleine Längen hinweg. Ansonsten ist sehenswert, was die vier gestandenen TänzerInnen auf die Bühne gestemmt haben – und das Publikum, das im Stuhlgeviert direkt um den Tanzboden platziert ist, sitzt beinahe mittendrin.
 

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