„everyone“ von John Moran

„everyone“ von John Moran 

Programmierte Automaten

Ein kleines John-Moran-Festival in Dresden

Pantomimische Synchronisation und schöner Sound bei der Tanzperformance „everyone“ von John Moran im Europäischen Zentrum der Künste in Hellerau.

Dresden, 18/01/2019

Jeder Mensch geht seinen Weg, von der Wiege bis zur Bahre, immer vom Beginn an auf das Ende zu, ein Totentanz, unausweichlich, wie ein programmierter Automat. Und als wären sie Automaten, aus unbekannter Ferne gesteuert, bewegen sich die Dresdner Tänzerinnen Jule Oeft, Kristin Mente und Yamlie Navarro nach den Vorgaben des Allroundkünstlers John Moran, dessen Karriere in New York begann, für den der Komponist Philip Glass als Mentor gilt und dessen Neufassung seiner Oper „The Manson Family“ vor zwei Jahren in Hellerau zu erleben war.

Jetzt, wieder im Europäischen Zentrum der Künste, in einer Kooperation mit dem Schauspiel Leipzig, in der Atmosphäre eines intimen Kammerspiels, dabei thematisch doch ein kleines Welttheater, „everyone“ von John Moran, verantwortlich für Komposition, Programmierung, Choreografie und künstlerische Leitung. Die ausführenden Künstlerinnen und Künstler kommen aus Dresden. Zu den Bewegungsvarianten der entindividualisiert-kostümierten Tänzerinnen musizieren live Constanze Friedel (Violine) und Marieluise Herrmann (Hackbrett) im Zusammenspiel mit raffinierten Soundcollagen, die zum einen fast wie Nachempfindungen bekannter Romantik anmuten, sich dann aber durch die Welt bewegen, fernöstlich oder orientalisch. Dazu kommen Stimmen und Geräusche des Alltags oder bekannter Lebensäußerungen, Babygeschrei, Kinder beim Spiel, pubertäre Widerstandsbekundungen oder auch automatisierte Assoziationen des Lebens am Fließband der Unabänderlichkeiten. Wiederkehrende Fetzen versteht man, wie „Guten Morgen“ oder „Ich bin ein Baby“, andere nicht so sehr, und andere wiederum werden dermaßen geschickt zugespielt, dass man glauben könnte, sie kämen direkt aus dem Publikum. Den raffinierten Sound-Mix verantwortet Nikolaus Woernle, grandios!

Die Choreografie im Lichtdesign von Josia Werth orientiert sich am Kompositionsstil der Fuge, Durchführung des Themas - also von der Wiege bis zur Bahre - um dann zunächst in einem Solo, darauf im kurzen Duo, wieder ins Trio überzugehen und zum Beginn zurückzuführen. So gibt es Raum für minimale Varianten und daraus sich ergebende Variationen im optischen Einklang mit der Musik. Stärkste Eindrücke hinterlassen die Formen der Gesichts- und Bewegungssynchronisationen der Protagonistinnen in einer Art von Ganzkörperpantomime zu den genannten Zuspielern ihrer Äußerungen oder der sie bestimmenden Geräusche.

Nach 50 Minuten ist diese Performance, der es mitunter etwas an Dynamik und dramaturgischer Raffinesse mangelt, zu Ende. Das Dresdner Premierenpublikum applaudiert gerne. Am Samstag gibt es ab 16.00 Uhr Filme von John Moran zu sehen, am Sonntag auch die Solochoreografie „Etudes: Amsterdam“ und jeweils um 19.00 Uhr „everyone“. Also ein kleines Festival mit John Moran in Hellerau.
 

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