Waldmann in Leipzig

Berufung ans CCT

Die international renommierte Tanzregisseurin wurde für das Wintersemester 2018/19 zur Bertolt-Brecht-Gastprofessorin der Stadt Leipzig am Centre of Competence for Theatre der Universität Leipzig berufen.

Leipzig, 16/11/2018

Aus der Pressemeldung des Centre of Competence for Theatre der Universität Leipzig:

"Die Gastprofessur wird halbjährlich an herausragende Praktiker*innen der darstellenden Künste und ihrer medialen Reflektion vergeben, welche eine nachweisliche Bereicherung des wissenschaftlichen Diskurses und/oder der wechselseitigen Reflektion von Theorie und Praxis des Theaters in allen seinen Spielformen zu erbringen versprechen.

Die Gastprofessur wird im Wintersemester 2018/19 von Frau Helena Waldmann besetzt, einer der bedeutendsten freien Tanzregisseurinnen des europäischen Gegenwartstheaters. Helena Waldmann ist selbst studierte Theaterwissenschaftlerin (Gießen) und wird mit den Erfahrungen ihrer dreißigjährigen internationalen Bühnenkarriere den Leipziger Studierenden transkulturelle und transdisziplinäre Perspektiven aufzeigen. Ihren Produktionen gehen in der Regel umfangreiche Recherchen im Sinne künstlerischer Forschung voraus – auch in Leipzig wird sie eine solche Recherche gemeinsam mit den Studierenden durchführen. Unter dem Titel Anatomisches Theater werden die Themen reale und imaginäre körperliche Gewalt, Organhandel, Transplantation und die Macht der Medizin in einem szenischen Projekt bearbeitet."

Das Konzept für die Gastprofessur legt besonderen Wert auf Praxisnähe, und so hat Helena Waldmann ihre Lehrtätigkeit mit einem aktuellen Projekt verbunden. Unter dem Titel Anatomisches Theater werden sich die Studierenden auf künstlerische Recherche zu einem Thema begeben, das Waldmann momentan stark beschäftigt. Die gemeinsamen Ergebnisse fließen ein in ihre neue Produktion, die am 8. Juni 2019 an den Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen uraufgeführt wird.

Mit "Der Eindringling – ein anatomisches Theater" lädt Waldmann ein zu einem Blick unter die Haut, ins Innere des Körpers, zugleich ins Innere des Systems Staat. Was eindringt, politisch wie medizinisch gesehen, nennen wir Fremdkörper (Bakterien, Viren, Parasiten, ein transplantiertes Organ) – oder Migranten, Flüchtlinge. Schließlich kann sich kein Körper vollständig von der Außenwelt abkapseln. Mehr noch: Die Medizin weiß, dass nur derjenige Organismus überlebt, der bereit ist, sich zu verändern. Der Eindringling tritt den Beweis an, dass Körper ebenso wie politische Konstrukte nur durch Öffnungen (Mund, Nase, Augen, Ohren, Poren etc.) zum Leben und Überleben fähig sind – selbst wenn über eben diese Kanäle auch Gefahr drohen mag. Denn nur Offenheit, Freiheit und Freizügigkeit können uns davor bewahren, uns einer perfiden Illusion von Sicherheit und Geschlossenheit hinzugeben, die in Wahrheit nur lebendig Totes erzeugt.

Wie immer vermittelt Helena Waldmann diese Botschaft durch die Choreographie – und wie immer nutzt sie dafür die sehr speziellen Fähigkeiten ihrer Performer. Nach dem Kathak-Tanz ("Made in Bangladesh") und Akrobatik ("Gute Pässe Schlechte Pässe") lässt sie sich diesmal von der chinesischen Kampfkunst Kung Fu inspirieren. Hier sind Angriff und Abwehr eins. Die Kraft des jeweiligen Gegners wird durch wendige Schritt- und Schlagtechniken neutralisiert und gegen den Angreifer gewendet. Im Januar / Februar 2019 wird Helena Waldmann vor Ort von Tänzern und Choreographen am Institute for Dance und Performing Arts, West Kowloon Cultural District Authority, Hong Kong, lernen.

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