Traumstaub oder wie aus der Idee eine Bewegung entsteht

Butoh-Tanztheater in der Karlskaserne Ludwigsburg

Ludwigsburg, 18/04/2008

Angeregt und nachdenklich ist die Stimmung im Publikum nach der Aufführung „Magma“ auf der kleinen Bühne im Kunstzentrum Karlskaserne. Beide Stücke, „Kein Spiel“ des Frauentrios „zeitlos“ und „MA – Meteor Amalgam“ von Tejo Janssen, beschäftigen sich mit existenziellen Fragen und sind keine leichte Kost. Veranstalter ist die Tanz- und Theaterwerkstatt Ludwigsburg, die seit sechzehn Jahren kontinuierlich Butoh-Workshops anbietet und immer wieder Gastspiele und eigene Produktionen im Programm hat.

Den drei Tänzerinnen Heike David, Susanne Buck-Zehr und Roswitha Münchbach, seit zwölf Jahren dem japanischen Tanz auf der Spur, geht es um das menschliche Miteinander in seiner pervertierten Form. Prägnante Metaphern prägen die Tanzsprache des Trios. Unbeherrschte Affekte, Lieblosigkeit, Habgier, Fress- und Verschwendungssucht werden eindrücklich dargestellt und führen vor Augen, dass unser Verhältnis zur Natur und ihren Ressourcen aus dem Lot geraten ist. Pars pro toto haben sie für Lebensmittel stellvertretend Körner gewählt. Stopfen sich die einen damit voll und zertreten sie mit Füßen, hungern die anderen.

Der niederländische Tänzer Tejo Janssen dagegen setzt sich mit Schicksalsfragen der eigenen Vergangenheit auseinander. Butohtänzer der ersten Stunde hat er Butoh in Japan bei den Tanzpionieren Kazuo Ohno und Tatsumi Hijikata studiert. Ihnen und dem düsteren Dramatiker Antonin Artaud (Theater der Grausamkeit) widmet Janssen das poetische Stück, dem er ein persönliches Nah-Tod-Erlebnis zugrunde legt. „Noch in der Hülle einer Mumie spüre ich wie Gedanken, Bilder und Ideen zu Bewegung und Traumstaub werden können“ schreibt Janssen. Es amalgamieren melancholisch-expressiver Butohtanz, metallische Musikcollage und raffinierte Bühnenobjekte (Kostüme und Props: Angelica Flaig) zu einem kleinen Gesamtkunstwerk, das unter die Haut geht.

„Wenn ich auch nicht viel über Butoh wusste, spüre ich jetzt, dass mir die Ruhe und Langsamkeit gut tut“, so lässt sich der Kommentar vieler Zuschauer nach der Vorstellung zusammenfassen. Wie unterschiedlich beide Stücke thematisch auch sind, verbindet sie doch die Non-Konformität und Langsamkeit der Bewegungen, die innere Kräfte gegenüber Routine und Alltagshektik wecken.

Kommentare

Noch keine Beiträge