Immenses Können der heutigen Tänzer

Zweite Münchner Aids-TanzGala

München, 01/12/2008

So kann Tanz sich sehen lassen, so macht Tanz heiter. Und Moderator Christoph „Ursli“ Martis bis in die Ränge hinauf strahlender Charme sorgte ohnehin dafür, dass diese 2. Münchner Aids-TanzGala keine Betroffenheits-Veranstaltung wurde. Der Gala-Initiator, Tanzchef Hans Henning Paar, kann stolz sein: Dank ausverkauftem Gärtnerplatztheater wird der Münchner Aids-Hilfe e. V. wohl wieder wie 2007 ein Erlös von 20.000 Euro zukommen.

Der Tanz, das Stiefkind der Kultur, da staunt man doch nicht wenig, vermag Aufmerksamkeit zu wecken, vermag zu helfen und dabei, wie schön!, sich selbst als Kunst zu beweisen. Entlang der elf Nummern wurde eine Palette von Entwicklungen und Stilen aufgefächert, die auch alle Choreografen und Tänzer stolz machen kann. Itziar Mendizabal und Jean-Sébastian Colau vom Leipziger Ballett präsentierten europäische Glasklar-Neoklassik mit Uwe Scholzens Mozart-Pas-de-deux „Jeunehomme“ (tänzerisch und musikalisch reicht die Darbietung allerdings nicht heran an die Kanadierin Evelyn Hart, für die Scholz den Pas de deux 1991 in München kreierte). Ein „Tristan“-Pas de deux von Krzysztof Pastor für zwei Ballett-Solisten der Königlichen Oper Stockholm zeigte die Neoklassik in ihrer hochdramatischen Ausprägung.

Die Neoklassik in ihrer komödiantischen Form war mit Crankos „Zähmung“ von den Staatsballett-Koryphäen Lisa-Maree Cullum und Alen Bottaini zu sehen und ein hauchfeines Beziehungs-Kammerspiel von Bertrand d'At, dem Leiter des Ballet de L'Opéra Nacional du Rhin. Sein „A sigh of love“ erinnert an den großen Antony Tudor, der jeder Geste eine eigene Sensibilität gegeben hat. Postmodern gebrochen - sprich gekonnt auf den Spuren des genialen William Forsythe - dann vom Ungarischen Nationalballett Levente Bajári selbst in seinem „Point“ mit Partnerin Krsztina Pazár. Ebenfalls forsythisch das Duett „The Gentle Chapters“ von David Dawson, dem Chefchoreografen des Dresdener SemperOper Balletts. Exquisit darin die Japanerin Yumiko Takeshina und Rapahel Coumes-Marquet.

Eher als alle Titel, alle Namen zu nennen, soll betont werden, dass es Paar gelungen ist, die Gäste, sein Ensemble, das Staatsballett, Konstanze Vernons Stipendiaten der Münchner Heinz-Bosl-Stiftung und die Studenten von Münchens Modern-Dance-Pionierin Jessica Iwanson zu einer großen Tanzfamilie zusammenzuführen, über jegliches Konkurrenzdenken hinweg. Man durfte an diesem Abend durchaus tänzerische und stilistische Präferenzen haben, aber das immense Können der heutigen Tänzer, die Vielfalt der oft herabgelächelten „Bewegungskunst“ sind nicht zu leugnen. Die ernste Hochachtung davor war aus Christoph Martis Moderation herauszuspüren, auch wenn er mit Zarah Leanders „Heut Nacht lad' ich mir die Liebe ein“ und Grethe Weisers „Vamp“ und seinem Schelmenhumor lustvoll den Entertainer herauskehrte. Nach Paars schnee-wirbelndem fröhlichem „Nussknacker“-Rausschmeißer bleibt die Hoffnung, dass solch ein Abend nicht nur die Prävention unterstützt, sondern vor allem auch in jedem einzelnen ein Bewusstsein weckt für die Verantwortung gegenüber der eigenen Gesundheit und der des Partners.

Kommentare

Noch keine Beiträge