Striptease unterm Stroboskop

„Wie ist dein Name?“ fragen Wilhelm Groener im Ballhaus Ost

Berlin, 11/10/2007

Dem Phänomen des Abseitigen, abstrakt Bedrohlichen, Irrationalen suchen sich die Bildende Künstlerin Mariola Groener und der Tänzerchoreograf Günther Wilhelm, seit 2001 unter dem Label Wilhelm Groener firmierend, nach eigener Aussage zu nähern. „Wie ist dein Name?“ fragen sie etwas verwunderlich in ihrer neuen Performance; zum Frageraum wird das Ballhaus Ost an der Pappelallee. Bisweilen verhalte sich der Mensch so, als sei er von einer anderen Persönlichkeit, einem Geist, einer Gottheit, einer Kraft beherrscht, notiert Groener verheißungsvoll in Schönschrift auf einer Folie, projiziert diesen und weitere Texte zum Thema auf eine Großleinwand. Wilhelm illustriert den Inhalt, schwankt, erschrickt vorm eigenen Schatten, wird motorisch roboterhafter Golem, grinst beschränkt. Als sie ein Glas mit roter Flüssigkeit auf die Folie stülpt und Schlieren erzeugt, leuchtet er sich mit einer Glühbirne an, dass sich sein Gesicht korrespondierend ins Hässliche eines Nosferatu konturiert. Dann würgt er sich wie der leibhaftige Beelzebub bis zum Blutstau und stürzt zu Boden.

Sie schreibt indes blind weiter, mit verdrehten Augen und wie in Trance, betätigt sich dann am Synthesizer, während er unterm schwarzen Tuch wie ein Untoter umhergleitet. Der Geisterbeschwörung im Dreivierteltakt des Donauwalzers folgt Wilhelms Striptease unterm Stroboskop: Mit Langhaarperücke vor Gesicht und Genital zelebriert er den sattsam bekannten Effekt, wie sich im Flackerlicht Bewegung als eine Abfolge scheinbar statischer Phasen darstellt. Als Lärm, Chaos und Blinkfrequenz sich steigern, er sich wie ein wildes Wesen wälzt, schwingt sie als Tanzhexe ein schwarzes Tuch durch die Lüfte. Viel folgt dem nicht mehr. Erschöpft schickt er liegend Atemwellen durch seinen Körper, ehe ein gut gemachtes Video zu einem Gang durch einen Gang einlädt. Verfallene, zerstörte Räume tauchen auf, demoliert von Zeit und Mensch; ein Baum reckt sein sperriges Geäst. Danach stellen sich beide Akteure vor die Leinwand, setzen sich dem Licht einer Glühbirne aus, blicken zurück auf das filmleere Weiß.

Das ist der abrupte Schluss einer leerlaufenden Produktion, die sich 45 Minuten lang zwischen Kaspertheater, Kindergeburtstag und launiger Gruselshow nicht entscheiden kann und sich in dramaturgisch zusammenhanglosen Bildern gefällt. Jenem Phänomen des Abseitigen hat sie weder relevante Aussagen noch gar Neudeutungen hinzugefügt. Und der selbst gestellten Frage nach dem Namen bleibt sie erst recht eine irgendwie geartete Antwort schuldig.


Bis 14.10., jeweils 20 Uhr, Ballhaus Ost, Pappelallee 15, Prenzlauer Berg, Kartentelefon 47 99 74 74

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