Triumph für Jean-Christophe Maillots Ballett

„Romeo und Julia“

St. Pölten, 19/03/2007

Jean-Christophe Maillots Inszenierung des Prokofjew-Balletts ist zehn Jahre alt. Die „Romeo und Julia“-Neufassung des illustren Chefchoreografen aus Monte Carlo stellte damals den Beginn seiner Auseinandersetzung mit den großen Themen der Ballettliteratur dar. „Cendrillon“ und „La Belle“ folgten neben weiterem Shakespeare und spannenden Eigenkreationen.

Beim zweitägigen Gastspiel des formidablen, zeitgenössischen Ballett-Ensembles im Festspielhaus St. Pölten erwies sich Maillots „Romeo und Julia“-Choreografie (mit Prokofjew vom Band, leider) als immer noch gültig. Nicht die Streitereien zwischen den Capulets und Montagues sind der Angelpunkt der von filmischen Mitteln wie Zeitlupe aber auch Rasanz durchwobenen Regie, sondern ein Schicksal, das maßgeblich von der Figur des Pater Lorenzo (Gaetan Morlotti) bestimmt wird. In Maillots Interpretation hat der Geistliche auch die Vater-Rolle der Julia inne. Die Hauptdarstellerin ist geprägt von der heutigen Ästhetik der langgliedrigen Maillot-Muse Bernice Coppieters. Diese den Fängen des „Vaters“ am Ende nur durch den Selbstmord entkommende Frau holt sich ihren Romeo ins Bett. Francesco Nappa, eigentlich als Tybalt besetzt, debütierte überraschend statt des verletzten Chris Roelandt, dem ständigen, idealeren Partner der Coppieters.

In der äußerst beweglichen und abstrakt anmutenden Bühnen-Gestaltung von Ernest Pignon-Ernest und den Miyake-ähnlichen Kostümen von Jérôme Kaplan setzt Maillot vielgestaltigen Tanz auf Ballett-Basis ein. Der Körper ist ganz Ausdruck und benötigt keine Requisiten, der Spitzenschuh wirkt so natürlich als wäre er Teil des Fußes. Eine überzeugende Variante, ein eindrucksvoller Abend.


Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

 

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