Getragen von der Offenheit des Publikums

Festivalleiter Hans Krottenthaler über die 10. Regensburger Tanztage

Regensburg, 28/10/2007

Am 28. Oktober 2007 starten die „10. Regensburger Tanztage.“ Das mehrwöchige Festival für zeitgenössischen Tanz hat sich in der Donaustadt zum kulturellen Highlight entwickelt: Die Besucherquote entspricht seit Jahren weit über 90 Prozent. Namhafte Tänzerpersönlichkeiten und internationale Compagnien sowohl aus der freien Szene als auch aus der geförderten Theaterlandschaft treten gerne dort auf. Über das Geheimnis des Erfolgs der „Regensburger Tanztage“, ihre Hintergründe und Hoffnungen sprach Alexandra Karabelas mit Festival-Gründer Hans Krottenthaler.

Frage: Hans Krottenthaler, die „Regensburger Tanztage“ haben sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre aus dem Nichts zum Publikumsmagneten in der Oberpfalz entwickelt. Was ist das Geheimnis ihres Erfolgs?

Hans Krottenthaler: Die Regensburger Tanztage sind von klein auf gewachsen. Sie waren kein Festival, das dem Zuschauer als fertiges Veranstaltungsprodukt vorgesetzt wurde. Ausgangspunkt war, dass es hier in Regensburg eine kleine freie Tanzszene mit Kontakten nach München gab. Das Erlebnis einer faszinierenden Tanzvorstellung mit der Kompanie von Rui Horta gab dann den Ausschlag. Zeitgenössischen Tanz als höchst aktuelle Kunstform mit in das Veranstaltungsprogramm im Kulturzentrum Alte Mälzerei aufzunehmen, fand ich unglaublich reizvoll. So kam es 1998 zu den ersten Regensburger Tanztagen. Mit fünf Veranstaltungen im Theater der Alten Mälzerei und kleineren Compagnien aus München, Nürnberg und Regensburg. Alle Vorstellungen waren ausverkauft. Das hat uns Mut gemacht, weiterzumachen.

Ohne Netz und doppelten Boden und trotz stets knapper finanzieller Ressourcen entstand dann Jahr für Jahr Ausgabe um Ausgabe. Kontinuierlich wurden neue Schwerpunkte und Themen entwickelt. Neue Spielstätten, wie das Theater der Universität und das Velodrom kamen hinzu. Kooperationspartner wie das Theater Regensburg, das Kunstforum Ostdeutsche Galerie oder die Regensburger Kurzfilmwoche, um nur einige zu nennen, haben zu einer Vernetzung innerhalb der Stadt und zum Erfolg der Tanztage beigetragen.

Letztendlich getragen aber wurde die Entwicklung des Festivals von der Begeisterung des Publikums, von seiner Offenheit und seinem Interesse für den Tanz. Festival und Publikum sind auf diese schöne Art und Weise gemeinsam gewachsen.

Frage: Wie wurde das Festival seitens der öffentlichen Hand aufgenommen?

Hans Krottenthaler: Im ersten Jahr lief die Finanzierung des Festivals ausschließlich über das Kulturzentrum Alte Mälzerei. Seit dem Jahr 1999 werden die Regensburger Tanztage durch den Bayerischen Landesverband für zeitgenössischen Tanz aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Forschung, Wissenschaft und Kunst gefördert. Dazu kamen mit den Jahren verschiedene Sponsoren, ohne deren Unterstützung diese Entwicklung der Tanztage nicht möglich gewesen wäre. Eine finanzielle Absicherung über einen längeren Zeitraum gibt es aber nach wie vor nicht. Das macht die oft notwendigen langfristigen Planungen mit internationalen Tanzcompagnien natürlich nicht einfach.

Frage: An den Festival-Spielplänen fällt zum einen der osteuropäische Akzent auf, zum anderen, dass regionale Künstler neben Tänzerpersönlichkeiten wie Rui Horta, Susanne Linke, Ismael Ivo oder dem Ensemble Pas à deux auftreten. Welche Anliegen stecken dahinter?

Hans Krottenthaler: Der Blick nach Osten gewann in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Ich finde ihn insofern sehr, sehr spannend, weil sich die Tanzszenen dort zum Teil erst entwickeln und eine unglaubliche Aufbruchstimmung spürbar ist. In Rumänien beispielsweise, wurde vor zehn Jahren erstmals (!) eine zeitgenössische Tanzcompagnie gegründet. Inzwischen sorgt diese Tanzszene mit ihren ganz eigenen, unkonventionellen und oft auch sehr witzigen Produktionen auch auf international renommierten Festivals für Furore. Mit Mihai Mihalcea ist eine der führenden Persönlichkeiten dieser Entwicklung bei den diesjährigen Tanztagen zu erleben.

Mit einem Projekt aus der Slowakei kommt es auch in diesem Jahr in Kooperation mit der Reihe „hear east-jazz and more“ im Kunstforum zu einer Veranstaltung, die die spannende Verbindung von Tanz und Live-Musik in den Mittelpunkt stellt.

Was die regionale Tanzszene anbelangt: Die Tanztage verstehen sich nicht nur als Forum für arrivierte Choreografen und international gefeierte Produktionen, sondern auch als Bühne für den Nachwuchs, für Experimente und Aufbrüche. Die regionale Tanzszene spielt dabei eine wichtige Rolle und ist für mich nach wie vor ein wichtiger Bestandteil des Programms.

An zwei Veranstaltungstagen haben auch in diesem Jahr die wichtigsten Vertreter und jungen Talente aus der Tanzregion die Möglichkeit im Kontext eines internationalen Programms ihre neuesten Arbeiten vorzustellen. Die hiesige freie Tanzszene hat sich mit den Tanztagen in den zurückliegenden Jahren enorm entwickelt. Engagement und Potential werden auch bei ihrem eigenen „Schleudertraum“-Festival deutlich.

Frage: Am 9. Dezember wird mit dem Nederlands Dans Theater aus Den Haag eine der wichtigsten internationalen Compagnien bei den Regensburger Tanztagen zu Gast sein. Was bedeutet das für die „Regensburger Tanztage“?

Hans Krottenthaler: Die Regensburger Tanztage verstehen sich als Festival der regionalen, nationalen und internationalen Tanzszene. Mit international bekannten Größen und außergewöhnlichen Produktionen auf hohem Niveau lässt sich natürlich eine entsprechend große Resonanz beim Publikum und den Medien erzielen. Gastspiele mit Rui Horta, Ismael Ivo oder Susanne Linke haben Besucher aus dem gesamten ostbayerischen Raum angezogen und die Tanztage weit über Regensburg hinaus bekannt gemacht. Das Theater- und Ballettpublikum hat die Tanztage für sich entdeckt.
Solche Produktionen schaffen Vergleichsmöglichkeiten und neue Perspektiven für die Entwicklung eines Festivals.

Frage: Was wünschen Sie sich zum 10. Geburtstag der Regensburger Tanztage?

Hans Krottenthaler: Zunächst einmal wünsche ich mir natürlich wieder viele begeisternde Vorstellungen mit einem ebenso begeisterten Publikum. Längerfristig wäre eine finanzielle Absicherung der Tanztage wünschenswert. Wunderbar wäre, wenn sich die Stadt Regensburg dafür entscheiden könnte, die Tanztage kontinuierlich über einen längeren Zeitraum zu fördern. Ein Wunsch wäre natürlich auch, wenn noch ein größerer Sponsor einsteigen würde, der gewährleistet, dass die Tanztage auch in den nächsten fünf Jahren stattfinden können. Als viel zitiertes kulturelles Alleinstellungsmerkmal sind die Regensburger Tanztage zweifellos ein Gewinn für die Stadt.

Frage: Inwieweit kann die Tanzstadt Regensburg vom Tanzplan der Bundesregierung profitieren?

Da Regensburg nicht zu den ausgewählten Tanzstädten gehört, sich aber in nächster Nähe zur Tanzstadt München befindet, kann es nur indirekt oder mittelfristig in Form von Kooperationen mit den laufenden Münchner Projekten profitieren. Aber auch das sehe ich als Chance für Regensburg. Link: www.regensburger-tanztage.de

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