Sommerpause mit Flamenco

Bernarda Alba ist eine verbitterte Witwe. Ihre fünf Töchter hält sie wie Leibeigene, die alte Mutter sperrt sie weg: „Bernarda Albas Haus“ gleicht einem Gefängnis. Das Stück Weltliteratur von Federico García Lorca wurde schon mehrfach für die Bühne bearbeitet, doch als Tanzdrama vom „Ballet Teatro Español de Rafael Aguilar“ ist es nun zum ersten Mal in Hamburg zu sehen.

„Bolero Flamenco“ heißt das Programm, mit dem die spanische Truppe die Staatsoper in diesem Jahr während der Sommerpause bespielt. Das düstere Lorca-Drama eröffnet den dreigeteilten Abend. Choreograf Aguilar nannte sein 1964 uraufgeführtes, auf eine halbe Stunde komprimiertes Werk „El Rango“ (deutsch: Rang, Status), da Bernarda Alba für den Erhalt des sozialen Status sogar bereit ist, ihre Töchter zu opfern.

Als Mittelteil und Herzstück des Abends folgt Aguilars sinnliche Flamenco-Choreografie zu Maurice Ravels berühmtem Bolero; vor dreißig Jahren zum 50. Todestag des Komponisten kreiert, hat das 20-minütige Stück bis heute nichts von seiner Faszination verloren: Allein unter Frauen tanzt ein Mann sein ekstatisches Solo.

Die „Suite Flamenca“ bündelt schließlich im einstündigen Finale eine Folge traditioneller Tänze wie Alegrías und Fandangos. Wie im Zeitraffer fegt hier die Geschichte des Flamenco zu Live-Musik über die Bühne, von den Ursprüngen über jüdische und arabische Einflüsse bis zu heutigen Tanztheaterelementen.

Nur fünf Werke (und jede Menge Skizzen) hinterließ der spanische Choreograf Rafael Aguilar, als er 1995 starb; seine Compagnie bewahrt bis heute sein Erbe und feiert mit diesem vergleichsweise kleinen Repertoire weltweit Erfolge. Unklar bleibt, ob sich keine choreografischen Nachwuchstalente im Bereich Flamenco finden lassen oder diese beim „Ballet Teatro Español de Rafael Aguilar“ erst gar nicht gesucht werden, denn: Mann und Werk erfahren höchste Verehrung.

Staatsoper Hamburg, 14.-26.08.2007