Klaus Geitel zum achtzigsten Geburtstag

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Stuttgart, 14/08/2004

Durch und durch Berliner, ist Klaus Geitel, der heute seinen achtzigsten Geburtstag feiert (wie übrigens ein paar Monate später Zizi Jeanmaire), zu Hause in den großen Opernhäusern und Konzertsälen rund um den Erdball. Immer gerade im Aufbruch begriffen zu irgendwelchen Premieren, Festivals, Gastspielen oder Funkstudios, wenn nicht gar zu einer Eigenveranstaltung mit solchen Koryphäen des Gesangs, heißen sie nun Dame Gwyneth Jones oder Jochen Kowalski, beziehungsweise mit dem Pianisten Irwin Gage, für eins jener Programme, die er à la „Piano Melba“ oder „Lieder ohne Stimme“, mit elegantem Witz moderiert, und zu denen seine Fans in Scharen strömen: ein Weltbürger der Musik.

Kennen gelernt habe ich ihn als meinen Nachfolger bei der „Welt“ in Berlin, an die ihn wohl sein Freund Hans Werner Henze empfohlen hatte (über den er dann ja später auch die erste Monografie geschrieben hat) – das dürfte also Ende der fünfziger Jahre gewesen sein. Ihr (und der inzwischen attachierten „Berliner Morgenpost“) hat er seither die Treue gehalten, ein Mann der unbedingten Loyalität – die ihm sein damaliger Chef Axel Springer und dessen Nachfolger ihrerseits bis auf den heutigen Tag bewahrt haben. Denn bei unserer letzten Begegnung in Berlin berichtete er mir, dass man seinen Vertrag gerade um fünf Jahre verlängert habe.

Wen haben wir in all diesen Dezennien nicht kommen und gehen sehen – allein in Berlin die Kollegen Georg Zivier (in der „Neuen Zeitung“), Werner Oehlmann (im „Tagesspiegel“), Beda Prilipp (im „Telegraf“), Walter Kaul (im „Kurier“) und in einer Zeitung, deren Namen ich vergessen habe, einen gewissen Friedrich Herzfeld, Vater einer Tochter, die damals als blutjunge Tänzerin an der Städtischen Oper wohl schon Konstanze, aber noch nicht Vernon hieß. Und dann sind wir uns überall in der Welt wiederbegegnet – und er war der erste Kollege, der mich ins Pariser Maxim eingeladen hat. Was für Zeiten!

Den Weltbürger hat er wohl weniger bei seinem Studium an den Universitäten in Halle und Berlin, sondern an der Pariser Sorbonne gelernt. Und die Pariser Lebensart – eben eine wirkliche „Art“ – hat ihn für sein Leben geprägt, seinen Geschmack und seine connaisseurhafte Vorliebe für die raffinierten Dinge, die das Leben zu bieten hat – zum Beispiel die Restaurants mit den Sterneköchen, aber beispielsweise auch für die schöne Literatur (höchst ungewöhnlich in den Kreisen der Musik- und Tanzkritiker). Kein Treffen, bei dem er nicht mit Engelszungen für ein Buch geworben hätte, das er gerade las. Kein Besuch bei ihm in seiner Wohnung in Friedenau, bei dem man nicht auf den Tischen ganze Stapel von Neuerscheinungen vorgefunden hätte.

Ich muss gestehen, dass ich eine große Bewunderung für ihn habe, und ihn immer mit größtem Vergnügen lese – selbst wenn ich in eher seltenen Fällen anderer Meinung bin. Und dass ich ihn um die Leichtigkeit seines Schreibens beneide, um den Charme seines Stils, und dass er es immer wieder versteht, mich zum Schmunzeln zu bringen. Eine meiner lustigsten Erinnerungen ist mit einer Essenseinladung zu seiner Geburtstagsfeier heute vor 32 Jahren in München verbunden. Das war am Vorabend der Olympischen Spiele, nach einer Vorstellung des New York City Ballet (mit „Sinfonie in C“, „Monumentum pro Gesualdo“/“Movements“ und „Suite Nr. 3“), wo zu sehr später Stunde schon die „Abendzeitung“ des nächsten Tages die Runde machte, mit der Schlagzeile, dass eine große Anzahl der olympischen Flaggen geklaut worden sei. Geitel, damals noch zusammen mit seinem Bruder Besitzer der zweitgrößten deutschen Fahnenfabrik in Berlin: „Das bedeutet, dass wir in Berlin Sonderschichten einlegen müssen – von jetzt an nur noch Champagner!“ Meinen Glückwunsch in die Livländische Straße nach Berlin!

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