Jirí Kylián choreografiert „Watermark“ für Arte

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Stuttgart, 10/02/2002

Surprise, surprise! Kaum ein anderer unserer profilierten zeitgenössischen Ballettchoreografen hat einen so starken Einfluss auf seine jüngeren und gleichaltrigen Kollegen ausgeübt wie der demnächst fünfundfünfzigjährige Jiří Kylián - zumindest in Europa (während die Amerikaner sich für ihn noch nie sonderlich erwärmen konnten, ebenso wenig übrigens wie für van Manen). Da überraschte denn doch, ihn in seiner „als erste tänzerische Arbeit eigens für das Medium Film entworfenen“ Hommage an das Wasser dem Einfluss eines anderen Choreografen unterworfen zu sehen: des Taiwanesen Lin Hwai-min, in dessen Arbeiten Sand und Wasser ein so konstitutives choreografisches Element sind. „Watermark“, für das neben ihm Margaret Williams als Choreografin verantwortlich zeichnet (wer ist die Dame?).

Die von ARTE gelieferten Informationen sind auch auf der betreffenden Internet-Seite äußerst dürftig – auch über die vier Tänzer vom NDT 3 erfährt man nichts, dabei sind doch immerhin so verdiente Kämpen wie Sabine Kupferberg und Gérard Lemaitre mit von der Partie – die Namen der beiden anderen konnte ich in dem so rasant abgespulten Nachspann nicht mitschreiben). Tatsächlich war in der Ankündigung nicht von einem Ballett die Rede, sondern von einer Tanzinszenierung. In der Tat hat Kylián (belassen wir‘s bei seinem Namen) weniger für die Tänzer als für das Wasser choreografiert, das in multivariierter Form das knapp halbstündige Stück dominiert, vom ersten Bild eines sich im Wasser spiegelnden Narziss an (dann immer wieder quasi als Leitmotiv repetiert) – bis zu seiner Verwandlung in Rotwein.

Das ist zwar alles außerordentlich ästhetisch und mit exquisitem Geschmack arrangiert und nimmt durch seine raffinierte Kameraführung und seine Schnitte für sich ein (weniger durch das Säuseln der Dauerberieselung mit der Musik von Steve Beresford), ich hätte mir aber doch etwas mehr an Tanz gewünscht – eben wie bei Lin Hwai-min. Das bisschen bewässerter Tango und der munter im Glas herumschwimmende Goldfisch, die prustenden, gurgelnden und sich küssenden Tänzer nebst dem mit seinem Drachen in der Brandung herumstaksenden Einzelgänger: das schien mir denn doch zu nichtssagend und gemeinplätzig, addierte sich – für mich – nicht zu der vorangekündigten Verbindung von Wasser und Mensch, „die harmonischer, poetischer und zugleich komischer nicht sein könnte“. Wirklich nicht?

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